Neues Führungsverständnis: Dunkle Triade der Persönlichkeit und Führung

Aus der US-amerikanischen Serie „House of Cards“ fasziniert die Figur von Francis Underwood (Politiker) weltweit Millionen von Zuschauern durch seinen kühlen Verstand und rücksichtlose Strategien, die er bei seinen boshaften Machtkämpfen geschickt einsetzt. Das äußerst gepflegte Erscheinen und sichere Auftreten sowie seine Kommunikationsstärke sind weitere Markenzeichen dieser Figur. Als mediale Freizeitbeschäftigung ist es spannend, einen Blick in seine Gedanken- und Gefühlswelt hineinzuwerfen. Wie ist es aber im realen Leben, unter der Führung solcher Persönlichkeiten zu arbeiten?  Dankbarerweise kennen wir in der Arbeitswelt viele guten Führungspersonen, die ihre Mitarbeiter inspirieren und ihnen gegenüber mit Fairness, Offenheit und Wertschätzung auftreten. Im Gegensatz dazu stehen vermeintliche Helden, die in der Führungsposition nur eigene Bedürfnisse nach Macht, Kontrolle und Bewunderung ausleben. Ihnen geht es dabei nicht um die moralische Verantwortungsübernahme für die Gesellschaft, Organisation und Menschen.  

Typ:
Blogartikel
Rubrik:
Strategie & Innovation
Themen:
Neues Führungsverständnis: Dunkle Triade der Persönlichkeit und Führung

Dunkle Triade – Narzissmus, Machiavellismus und (subklinische) Psychopathie 

Der Knotenpunkt von negativen Persönlichkeitsakzentuierungen wird in der Psychologie als „dunkle Triade“ bezeichnet. Es umfasst Narzissmus, Machiavellismus und subklinische Psychopathie.  

Jeder Persönlichkeitszug lässt sich zwar aufgrund seiner eigenen Besonderheiten separat beschreiben. Dennoch hängen sie in der Tat miteinander stark zusammen und weisen einige gemeinsame Merkmale auf. Beispielsweise sind sie alle sozial weniger verträglich und legen häufig rücksichtloses und manipulatives sowie regelverletzendes Verhalten an den Tag.  Im Gegensatz dazu wirken sie aufgrund ihrer offenen, charmanten Art und gepflegten Erscheinens auf ihre Mitmenschen zunächst faszinierend. 

Zwei Gesichter der Narzissten 

Mit dem Begriff Narzissmus sind die meisten Menschen vertraut und verstehen darunter übertriebene Selbstverherrlichung, Selbstbezogenheit und Eitelkeit einer Person. Menschen mit narzisstischen Ausprägungen streben häufig nach hohem sozialem Status und grenzenloser Aufmerksamkeit anderer.

Laut psychologischen Forschungsergebnissen haben die Narzissten aber zwei Gesichter: Sie haben einerseits starke Bedürfnisse nach Bewunderung. Deswegen achten sie sehr auf ihr äußerliches Erscheinen und bemühen sich, einen äußerst guten Eindruck bei anderen Menschen zu hinterlassen. So wirken sie im ersten Augenblick meistens charismatisch und selbstbewusst. Andererseits gibt es die sogenannte narzisstische Rivalität, die mit abwertenden und aggressiven Verhaltensweisen einhergeht.

Während der Geltungs- und Bewunderungsdrang die Betroffenen zum positiven Umgang mit den Anderen motiviert, kann eine harmlose Kritik die volle Wucht des narzisstischen Zorns auslösen. Der Grund dahinter ist, dass die Narzissten ein hypersensibles Selbstbild haben und dies mit aller Kraft verteidigen.

Maliziöse Zwei

Im Vergleich zu Narzissten sind Menschen mit machiavellistischen und psychopathischen Ausprägungen noch boshafter und gefährlicher. Da die Narzissten sich wenigstens um positive Eindrücke bemühen und für die Meinungen anderer (in Bezug auf sich) interessieren, halten Machiavellisten und Psychopathen wenig von den Meinungen und Bedürfnissen anderer. Ihnen sind die Anderen egal, außer wenn sie für bestimmte Zwecke nützlich sind.

Man könnte in bestimmten Situationen im Leben die Machiavellisten bezüglich ihrer kühlen und berechnenden Art beneiden. Allerdings sind sie in der Tat einfach rücksichtslose Taktiker, die nur mehr Macht und Erfolg im Sinn haben. Bis sie ihre Ziele erreichen, ist ihnen jedes Mittel recht. Dafür sind sie auch bereit, unethische Strategien anzuwenden und nutzen nicht selten die Gutherzigkeit anderer aus. Beispielsweise täuschen sie den Anderen ein „ehrliches“ Interesse, Loyalität und Warmherzigkeit so lange vor, bis sie den Machiavellisten auf dem Weg zur Macht geholfen haben.

Hingegen streben die Psychopathen nach Aufregungen und Nervenkitzel. So werden sie häufig als impulsiv und risikofreudig sowie aggressiv beschrieben. Zudem sind Gleichgültigkeit und das Fehlen von Empathie die Kernmerkmale von Psychopathen. Sie sind skrupellose Meister der Manipulation und Rücksichtslosigkeit. Sie sind durchsetzungsfähig und reuelos, selbst wenn sie durch ihre Taten einen großen Schaden anrichten. 

Hoch hinauf auf der Karriereleiter 

Wie bereits erwähnt, sind bestimmte Aspekte einer Führungsrolle wie Macht, Kontrolle und sozialer Status für dunkle Persönlichkeiten äußerst attraktiv. Deswegen streben viele von ihnen regelrecht danach und erreichen diese auch.

Aufgrund ihres charismatischen Auftretens und ihrer Kommunikationsstärke können sie Andere leichter überzeugen und eigene Potentiale besser verkaufen. Zum anderen sind sie dafür auch bereit, ihre soziale Umgebung zu manipulieren und fragwürdige Strategien anzuwenden, falls es (in ihren Augen) notwendig erscheint.

In der Führungsposition bleibt vom anfänglichen Charme wenig übrig. So verwandeln sie sich meistens zu selbstverherrlichenden, manipulativen und arroganten Chefs. Häufig umgeben sie sich dabei nur mit ihrer treuen Gefolgschaft und fühlen sich durch deren positiven Rückmeldungen in ihrem Tun bestätigt. Unter ihren Intrigen, Machtspielchen und ihrer Selbstbezogenheit leiden hingegen sowohl ihre Mitarbeiter als auch die Arbeitsatmosphäre im gesamten Unternehmen.

Folgen für Unternehmen

Zwar können einige Charakterzüge und Strategien solcher Menschen kurz- und mittelfristig für Unternehmen vorteilhaft sein. Langfristig können sie aber negative Folgen mit sich bringen. Beispielsweise machen sich die negativen Folgen in sinkendem Wohlbefinden der Mitarbeiter bemerkbar. Darüber hinaus können der Ruf und Leistungen eines Unternehmens leiden. Beispielsweise tendieren die Narzissten laut Dr. Sandra Schiemann und Prof. Dr. Eva Jonas dazu, eigene Leistungen zu überschätzen und Entscheidungen aus Eindrucksmotivation zu treffen. Sie fühlen sich rasch angegriffen und verteidigen sich selbst mit aller Kraft, sodass Zusammenarbeit und Kommunikation im Unternehmen dadurch erschwert werden.

Die Machiavellisten richten durch ihre Rücksichtlosigkeit, ihren Machthunger und Egoismus ebenfalls großen Schaden an. Beispielsweise gefährden sie das Unternehmensimage, indem sie unethische Handlungsstrategien anwenden. Zudem können die Mitarbeiter durch Täuschungen und weitere deviante Verhaltensweisen belästigt werden.

Ebenso schädigend sind Führungspersonen mit psychopathischen Wesenszügen. Ihre Impulsivität und Risikobereitschaft können für ein Unternehmen ein Segen und Fluch sein. So können sie in unsicheren Situationen mutig handeln und dadurch Profite erwirtschaften. In zwischenmenschlichen Beziehungen zu ihren Mitarbeitern können sie hingegen aggressive Verhaltensweisen wie Bloßstellen, Lügen und Mobbing zeigen.

Als gemeinsames Merkmal können alle drei Typen als Führungsperson zu hohe Leistungsziele setzen und die Belegschaft zum internen Konkurrenzkampf anstiften.  Infolgedessen entsteht eine unkollegiale Arbeitsatmosphäre, die zu hoher Fluktuations- und Ausfallrate von Arbeitnehmern führt. Dadurch entsteht zum einen ein wirtschaftliches Problem, welches mit (hohen) Kosten verbunden ist. Zum anderen gefährdet es die Gesundheit und das Wohlbefinden der Arbeitnehmer. Aufgrund der Ausweglosigkeit und fehlenden Mitsprache fühlen sich die Mitarbeiter häufig hilflos und leiden unter emotionaler Erschöpfung und Leistungsabfall.

Unternehmenskultur als Schutzfaktor

Bei der Personalauswahl sollte eine Organisation deswegen die Kandidaten für Führungspositionen noch genauer und strenger unter die Lupe nehmen.  Paradoxerweise werden sie in der Praxis kaum beziehungsweise wenig detailliert begutachtet, je höher die angestrebte Position ist, sagt Prof. Dr. Uwe Kanning von der Hochschule Osnabrück. Schließlich würde man sich im Zweifel lieber für einen zu selbstbewussten und dominanten Typ entscheiden als für einen ruhigen und harmonieorientierten. Es ist deswegen wichtig, dass die Organisation von vorneherein klare Regeln für unerwünschte Verhaltensweisen definiert und die möglichen Konsequenzen beim Verstoß klar kommuniziert.

Laut Psychologen halten sich Menschen mit dunklen Persönlichkeitszügen selbst für grandiose Führungspersonen und schreiben den Anderen die Ursachen für Probleme zu. Sie sehen in der Regel keinen Bedarf für Selbstreflexion und verweigern die Auseinandersetzung mit sich selbst. Sowohl für das Wohlergehen aller Arbeitnehmer als auch für die Organisation ist es deswegen umso wichtiger, eine positive, verantwortungsvolle Unternehmenskultur zu etablieren und Werte wie Fairness, Transparenz, Wertschätzung und Offenheit sowie ethisches Handeln zu leben. Es soll eine vertrauensvolle Atmosphäre in der Organisation herrschen, in der jeder Gehör findet.

Zudem sollen starre Strukturen und Hierarchien abgebaut werden, sodass die Macht nicht in den Händen von wenigen Personen auf der Führungsetage bleibt. Die Mitarbeiter sollen so mehr Freiraum und Recht haben, den eigenen Arbeitsalltag selbst zu gestalten und bei bestimmten Entscheidungen im Unternehmen mitzubestimmen.

Zusammengefasst schützt eine verantwortungsvolle, mitarbeiterorientierte und wertorientierte Unternehmenskultur mit flachen Hierarchien und flexiblen Strukturen die Mitarbeiter und Organisation vor Untaten mancher Führungspersonen mit gewissen dunklen Charakterzügen.