Versicherer als Ökosystem-Orchestrator? Aber klar doch!
Im Handwerkerberreich ist der Slogan „Alles aus einer Hand“ recht geläufig und bedeutet, dass der Kunde Leistungen rund um sein Anliegen direkt von einem Handwerkerbetrieb bekommt, ohne unterschiedliche Gewerke zu beauftragen. Elektrik, neues Dach, Solarthermie, Sanitär – alles aus einer Hand eben. Für den Kunden spart das ungemein Zeit und dieses „alles aus einer Hand“ ließe sich sicher noch erweitern, um, sagen wir, Versicherungen, den Umzugsservice, den Vertragsabschluss mit dem passenden Energiedienstleister oder die Reinigung des neuen Eigenheims vorm Einzug. Der Kunde rückt immer mehr in den Fokus und um wettbewerbsfähig zu bleiben, muss man heutzutage mehr bieten und den Kunden begeistern können.
Die SIGNAL IDUNA Gruppe hat dies verstanden und mit der Initiative „Handwerk ist Zukunft“ ein Ökosystem für das Handwerkergewerbe geschaffen. Gemeinsam mit Kooperationspartnern finden die Betriebe hier nicht nur passende Versicherungslösungen, sondern digitale Lösungen für die Auftragsverwaltung, Mitarbeiterfindung oder Finanzierung.
An der Entwicklung und dem Aufbau des Ökosystems beteiligt war Stefan Schneider, der heute als Geschäftsführer Immobilien und Versicherungen bei der Privatbank Donner & Reuschel Aktiengesellschaft tätig ist. Mit ihm haben wir über Ökosysteme und die Rolle der Versicherer gesprochen.
Herr Schneider, bevor Sie Geschäftsführer bei Donner & Reuschel wurden, haben Sie bei der Signal Iduna Gruppe am Aufbau eines Ökosystems mitgewirkt. Dieses bietet den Kunden der SIGNAL IDUNA Gruppe, u. a. mit der Initiative „Handwerk ist Zukunft“ und Pylot als Plattform, Services fernab von Versicherungspolicen an. Warum das Ganze?
Die SIGNAL IDUNA Gruppe sieht sich in der strategischen Ausrichtung ganz klar als Lösungsanbieter. Man muss dem Kunden mehr bieten als den reinen Versicherungsschutz. Der Kunde benötigt passgenaue Lösungen, die es ihm ermöglichen, im Alltag mehr Lebensqualität zu erhalten, indem die wirklich relevanten Probleme angegangen werden. Dies schafft man, indem man die Zielgruppe befragt, genau zuhört und auf Basis dieser Erkenntnisse nah am Kunden die Lösungen entwickelt.
Um die neuen Services und Produkte sinnvoll verknüpfen und hervorbringen zu können, müssen zahlreiche Partner außerhalb des Kerngeschäfts der SIGNAL IDUNA Gruppe im Netzwerk zusammenarbeiten. Welche Herausforderungen ergeben sich dabei?
Die wichtigste Hürde besteht darin, die Services nah am Kundennutzen zu entwickeln. Dabei muss man sich sehr zentriert mit dem Kunden und seinen Anforderungen beschäftigen. Die Arbeit in agilen Teams, die gemeinsam an dieser Zielstellung arbeiten, ist dann relativ homogen, da das Ziel klar ist. Die Erfahrung zeigt, dass dies über verschiedene Organisationen hinweg in diesem Arbeitsumfeld und Kontext dann möglich ist.
Was bedeutet „Innovieren im Netzwerk“ für eine Organisation? Welche Voraussetzungen müssen geschaffen werden, um tatsächlich im Netzwerk agieren zu können?
Ich glaube, man kann hier keine Blaupause zeichnen. Wichtig ist: Machen und Vertrauen. Die Organisation muss mutig sein, die Dinge so, wie es die SIGNAL IDUNA Gruppe aktuell tut, anzugehen. Ich denke hier ist der Weg bzw. der Fortschritt das Ziel. Build, Measure, Learn und das Ganze immer wieder von vorne.
Wenn Sie an Ökosysteme denken, wo sehen Sie Versicherer und Banken dabei? Kommt diesen Unternehmen eine relevante Rolle in entstehenden Ökosystemen zu?
Selbstverständlich. Für ein Ökosystem, denke ich, sind aus der Nutzerperspektive zwei Dinge sehr wichtig: das Vertrauen in die Organisation und die Zukunftsfähigkeit. Eine Versicherung mit einer Geschichte von mehr als 100 Jahren oder, wie am Beispiel der Donner & Reuschel AG zu sehen, eine traditionelle Privatbank mit Geschichte, ohne Skandale und einer äußerst fortschrittlichen und nach vorne gerichteten Unternehmensstrategie – das sind entscheidende Voraussetzungen. Wir denken hier bei DONNER & REUSCHEL seit jeher kundenzentriert und ich denke im Unternehmenslogen „MEHR als eine Bank“ wird deutlich, dass Kunden hier mehr bekommen als die reine Bankdienstleistung. In unserem Ökosystem sind die Dienstleitungen und Angebote um den Kunden herum ausgerichtet.
Wie startet man in ein eigenes Ökosystem und wie findet man die richtigen Partner?
Starten muss man immer beim Kunden und seinen Bedürfnissen. Von diesem Kern aus müssen meiner Meinung nach Ökosysteme entstehen. Die Partner finden sich dann anhand der notwendigen Services und Leistungen, die der Kunde definiert, in meinen Augen von selbst. In den seltenen Fällen, in denen es keine relevanten Partner gibt, findet man Potential für neue (meist digitale) Geschäftsfelder.
Vielen Dank für das Interview!