Der Versicherungskäse des Jahres

Bianca Boss

Typ:
Blogartikel
Rubrik:
Produktmanagement
Themen:
Der Versicherungskäse des Jahres
 Image

Für unser Themendossier „Produkte“, welches Mitte Juni 2019 erscheint, haben wir mit Bianca Boss, der Pressesprecherin vom Bund der Versicherten, ein Interview zum „Versicherungskäse des Jahres“ geführt. Dieser wurde erst vor wenigen Tagen verliehen. Sieger in diesem Jahr ist die „Prosperity – WohlstandsVorsorge“, ein Produkt der Liechtenstein Life Assurance AG und des Insurtech Prosperity. Im Interview erfahren wir, was es mit dem Schmähpreis auf sich hat und wie die Unternehmen mit der Auszeichnung umgehen.

Was müssen Produkte haben bzw. nicht haben, um als Versicherungskäse durchzugehen? Wie wird bewertet? Gibt es beispielsweise bestimmte Kriterien, die jährlich abgeglichen werden oder kommt es eher auf die allgemeine Einschätzung der Jury/ der Kunden an?

Da hat die Jury, die aus entsprechend kompetenten Personen besteht, verschiedenste Kriterien ins Leben gerufen. Das sind z.B. mangelnde Transparenz oder lückenhafte und für uns nicht nachvollziehbare Leistungen, zu hohe Beiträge oder der zweifelhafte Nutzen eines Produktes.

Wir sagen immer, dass Versicherungen gegen existentielle Risiken abgeschlossen werden sollten; Versicherungsprodukte, die keine lebensnotwendigen Risiken absichern, prangern wir daher an und die stellen dann auch einen Anwärter für den Versicherungskäse dar.

Sie schreiben auf Ihrer Website, dass über das gesamte Jahr verteilt Versicherungsprodukte als Versicherungskäse „nominiert“ werden. Wer reicht diese Nominierungen ein – (Konkurrenz-) Unternehmen, Kunden, … ?

Mittlerweile ist es tatsächlich so, dass Personen von außen – Verbraucher, Bürgerinnen und Bürger – auf uns aufmerksam geworden sind und uns Vorschläge einreichen. Außerdem rufen wir auch in einer Pressemitteilung zu Nominierungen auf. Die Vorschläge kommen dann wirklich von Verbrauchern, von Journalisten und natürlich ist auch die Versicherungswirtschaft selbst eingeladen, ihren Wettbewerben auf die Finger zu schauen und uns Produkte vorzuschlagen.

Und zu wie vielen Nominierungen kommt es ungefähr?

Es sind immer so um die 20 Vorschläge unterschiedlichster Gattungen. Wir leiten dann alles, was wir gesammelt haben – Versicherungsbedingungen, die Produktinformationsblätter etc. – an die Jury weiter und dann schließt man sich in Form einer Konferenz kurz und diskutiert, welche drei Kandidaten „preiswürdig“ sind und welcher von den drei Kandidaten es letztendlich dann auch werden soll und den „Preis“ des Versicherungskäses erhält.

Gibt es denn einen bestimmten Bereich, in dem gehäuft Nominierungen auftreten?

Nein, es ist durchgehend gemischt, man findet in jedem Bereich etwas und wir wollen das natürlich auch bunt gestreut haben. Bis jetzt ist uns das ja auch geglückt und wir schauen einfach mal, was es dieses Jahr gibt.

Was können Versicherer im Vorfeld tun, um keinen Käse auf den Markt zu bringen?

Letztendlich darauf konzentrieren, was sie eigentlich machen sollten: nämlich ihr Kerngeschäft, Versicherungsschutz zur Absicherung existentieller Risiken anzubieten. Das heißt, die Risikolebens-, Privathaftpflicht-, Berufsunfähigkeits- und Gebäudeversicherung und nicht irgendwelche unnützen, zu teuren Versicherungen, die im Endeffekt keinen Mehrwert für den Verbraucher oder die Verbraucherin beinhalten, anzubieten.

Wie reagieren die Unternehmen auf die Auszeichnung?

Sagen wir mal so – letztendlich freuen sich die Gesellschaften natürlich nicht besonders, wenn sie nominiert werden. Die einzige, die überhaupt vor Ort auf die Nominierung des Versicherungskäses reagiert hat, ist die Allianz Versicherung, das war 2015. Die Nominierten aus den Folgejahren sind nicht vor Ort erschienen, doch wir hoffen natürlich, dass sich das zukünftig ändern wird, denn jeder der Nominierten und natürlich auch der Gewinner des Käses hat vor Ort noch einmal die Möglichkeit, etwas zum Produkt zu sagen.

Kam es denn auch zu Verbesserungen der Produkte?

Letztendlich ist das natürlich auch unsere Hoffnung und tatsächlich haben auch dort schon Gespräche mit einigen Nominierten und auch Gewinnern stattgefunden. Beispielsweise mit der IDEAL Lebensversicherung, die 2017 für ihr Produkt „Krebsairbag“ den Versicherungskäse erhalten hat. Mit dieser haben wir tatsächlich zusammengesessen und das Produkt überarbeitet.

Beim Versicherungskäse 2018, der „Schülerversicherung“ der Württembergischen Gemeindeversicherung und der Badischen Versicherung haben wir wirklich ein gutes Ziel erreicht, denn das Produkt wird es ab diesem Halbjahr nicht mehr geben. Die Medienpräsenz war so groß, auch aufgrund unseres Einsatzes, dass das Land Baden-Württemberg einen Rückzieher gemacht hat und dieses Produkt in dieser Form nicht mehr auflegen wird.

Ist die Medienpräsenz denn in den letzten Jahren gestiegen?

Auf jeden Fall. Die Medienpräsenz steigt kontinuierlich. Das merken wir auch an der Aufbereitung nach den Veranstaltungen und gerade das Versicherungsprodukt „Schülerversicherung“ letztes Jahr hat wirklich große Wellen geschlagen.

Natürlich hoffen wir auch, dass sich der Versicherungskäse weiter etabliert und auf die Produktentwicklung einwirkt.

Sie zeichneten im April bereits zum 5. Mal den Versicherungskäse aus. Rückblickend betrachtet: Was war Ihrer Meinung nach der größte Käse bisher?

Ich persönlich finde es erschreckend, dass in der Versicherungswirtschaft noch so viele wirklich unsinnige Versicherungsprodukte existieren, die das Wort „Versicherung“ gar nicht verdient haben, denn dabei geht es um existentielle Absicherung und es gibt ganz viele Versicherungsprodukte, die gerade das auszeichnet.

Das sollte sich der Verbraucher auch noch mal auf die Mütze schreiben, dass man sich nur gegen das absichern sollte, was schwerwiegende Folgen für einen haben könnte, wenn es eben nicht abgesichert wäre. Aber stattdessen werden das Handy und die Glasscheibe und das Reisegepäck versichert und wirklich wichtige Versicherungen fehlen.

Und das ist für mich im Endeffekt der schlimmste Käse und hat auch die weitreichsten Folgen für den Verbraucher.