Risikovoranfragen in der Berufsunfähigkeitsversicherung
Die Bearbeitung von Risikovoranfragen in der Berufsunfähigkeitsversicherung ist oft zeitaufwendig und ressourcenintensiv. Die Versicherungsforen Leipzig und Senacor haben eine Initiative entwickelt, die den Prozess durch strukturierte und digitale Lösungen optimiert. Ziel ist eine schnellere Bearbeitung und eine effizientere Nutzung von Kapazitäten.

Die Versicherungsbranche steht vor der Herausforderung, Risikovoranfragen in der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) effizienter und ressourcenschonender zu gestalten. Risikovoranfragen sind ein essenzieller Bestandteil des BU-Geschäfts, häufig verlaufen sie jedoch ineffizient. Der hohe Ressourcenaufwand aber auch unvollständige und unstrukturierte Daten erschweren die Bearbeitung erheblich. Dies verzögert den Prozess nicht nur, sondern beeinflusst auch die Abschlussquote negativ.
Laut einer Branchenbefragung der Versicherungsforen Leipzig sind rund 16 Prozent der vorhandenen Kapazitäten in der Risikoprüfung allein mit Risikovoranfragen ausgelastet. Die Berufsunfähigkeitsversicherung macht davon wiederum 84 Prozent aus. Um diesen Prozess zu beschleunigen, haben die Versicherungsforen Leipzig in Zusammenarbeit mit dem IT-Dienstleister Senacor eine gemeinsame Initiative entwickelt, die den Bearbeitungsprozess von Risikovoranfragen entscheidend verbessert. Mit einem effizienteren Prozess in der Risikovoranfrage ist auch von einem Wachstum bei den Vertragsabschlüssen zu rechnen.
Die Versicherungsforen Leipzig bringen dafür ein etabliertes Netzwerk mit über 42.000 Kontakten und 270 Partnerunternehmen in der Branche in die Zusammenarbeit ein. Hinzu kommen ca. 250 abgeschlossenen Projekte und eine tiefgreifende Branchenkenntnis. Alles zusammen bildet eine ideale Basis, um gemeinsame Lösungen für komplexe Problemstellungen zu erarbeiten. Diese Expertise kommt auch bei der aktuellen Initiative zum Tragen.
Senacor, eines der Top 20 IT-Beratungsunternehmen in Deutschland, steuert seine umfangreiche Expertise in IT-Transformationen zum Projekt bei. Mithilfe eines interdisziplinären Teams aus Entwicklern, Plattformdesignern und Branchenexperten entwickelt das Unternehmen passgenaue IT-Lösungen.
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Vom MVP zur Branchenlösung. Die fünf Projektphasen
Die digitale Lösung wird dabei in fünf verschiedenen modularen Komponenten angeboten. Die Teilnehmenden können sich somit je nach gewünschtem Lösungsumfang eines auswählen.
- MVP-Entwicklung:
In der ersten Phase wird ein Minimal Viable Product (MVP) entwickelt, um die Grundlage für eine umfassende Branchenlösung zu schaffen. Hierfür wird eine Analyse der Anforderungen von Vermittlerseite hinsichtlich der Nutzung entsprechender Tools durchgeführt. Basierend auf diesen Erkenntnissen wird ein gemeinsames technisches Konzept entwickelt, das sowohl die organisatorischen Gegebenheiten der Versicherer als auch die notwendige Flexibilität berücksichtigt. Ein zentraler Bestandteil dieser Phase ist die Definition eines gemeinsamen Datenmodells und die Gestaltung von Schnittstellen, die die Grundlage für eine spätere Branchenlösung bilden. Um die Praxistauglichkeit zu illustrieren, werden Mock-Ups erstellt, die die Vorteile einer solchen Lösung aufzeigen – darunter Kostensenkungen für Versicherer, eine geringere Fehleranfälligkeit und schnellere Antwortzeiten bei der Angebotserstellung. Insgesamt sind für diese Phase circa drei Monate eingeplant. - Branchenlösung:
Aufbauend auf den Ergebnissen der ersten Phase wird innerhalb von sechs Monaten eine Anwendung entwickelt, die unstrukturierte Daten wie PDFs oder E-Mails einliest, in ein maschinenlesbares Format übersetzt und final in ein gemeinsames Datenmodell umwandelt. Dabei besteht die Herausforderung, unterschiedliche Formate zu erkennen und zu unterstützen, um eine reibungslose Datenverarbeitung zu gewährleisten. Die Anwendung ermöglicht außerdem eine Anbindung an die Systeme der Versicherer über REST-API und bietet eine Übersicht über alle Risikovoranfragen und deren Status. - Individuelle Anbindung:
In dieser Phase erfolgt die Integration der Branchenlösung in die bestehende IT-Landschaft der teilnehmenden Versicherer. Dies ermöglicht eine flexible Anpassung an spezifische Anforderungen und optimiert nachgelagerte Prozesse. Dabei wird je nach Versicherer entschieden, wie hoch der Aufwand ist und wie lange diese Phase dauert. - Anwendung für Vermittler:
In Phase 4 wird geprüft, wie die Branchenlösung um Funktionen für Vermittler und Makler erweitert werden kann. Geplant ist ein Dashboard, das eine Übersicht über alle zugeordneten Risikovoranfragen bietet. Dies reduziert Fehler durch direkte Datenerfassung und ermöglicht schnellere Angebotserstellung, da die Daten bei der Eingabe auf Vollständigkeit geprüft werden. In dieser circa 3-monatigen Phase bestehen die Herausforderungen vor allem im Change-Management, um Vermittler von der Nutzung des Tools zu überzeugen, sowie in der Entwicklung eines Berechtigungskonzepts für die Vermittler. - Anwendung für Endkunden:
Die letzte Phase zielt darauf ab, Endkunden direkt in den Prozess einzubinden. Über eine benutzerfreundliche Webanwendung können Kunden ihre Daten selbstständig eingeben, wodurch die Bearbeitungszeit weiter verkürzt wird. Eine zentrale Aufgabe dabei ist die Akzeptanz des Tools bei Endkunden zu gewinnen, insbesondere im Hinblick auf die Frage, wie die Tool-Nutzung gefördert werden kann und welche Auswirkungen die damit abnehmende Einbindung von Vermittlern haben wird. Gleichzeitig muss das Tool speziell auf die Bedürfnisse der Endkunden ausgerichtet sein. Zudem muss ein passendes Berechtigungskonzept entwickelt werden, um den sicheren Zugriff und die korrekte Datenverarbeitung zu gewährleisten. In dieser abschließenden Phase wird ebenfalls mit einer Dauer von circa drei Monaten gerechnet.
Ein Blick in das Tool
Die Branchenlösung im Detail
Die Lösung ermöglicht das Einlesen von Daten aus verschiedenen Formaten, die mithilfe von KI strukturiert und auf Vollständigkeit geprüft werden. Im Kontext der Risikovoranfragen werden die relevanten Daten eingespielt und durch die Branchenlösung aufbereitet, geprüft und in einem standardisierten Format über eine REST API an die Systeme des Versicherers übermittelt. Der Versicherer verarbeitet die Daten anschließend und erstellt darauf basierend ein Angebot. Die Branchenlösung ruft regelmäßig alle fertigen Angebote ab und stellt diese sowohl übersichtlich in Dashboards als auch in zusammenfassender Form dar.
Vorteile der neuen digitalen Lösung für Risikovoranfragen
Die geplante digitale Lösung für Risikovoranfragen bietet zahlreiche Vorteile für Versicherer und Vermittler:
- Geringere Bearbeitungszeiten: Durch standardisierte Datenübermittlung und Automatisierung reduziert sich die Zeit, die für die Bearbeitung einer Anfrage benötigt wird, erheblich.
- Höhere Conversion Rate: Ein schnellerer, transparenterer Prozess schafft Vertrauen und erhöht die Wahrscheinlichkeit eines Vertragsabschlusses.
- Ressourcenschonung: Versicherungsunternehmen und Vermittler können ihre Ressourcen gezielt einsetzen und Kapazitäten für andere wertschöpfende Aufgaben schaffen.
- Mehr BU-Neuabschlüsse: Durch die gesteigerte Effizienz und höhere Abschlussraten wird die Anzahl der abgeschlossenen BU-Verträge erhöht.
- Höhere Vermittlerzufriedenheit: Ein transparentes, leicht bedienbares System, das unnötige Wartezeiten vermeidet, verbessert die Zusammenarbeit mit den Vermittlern und stärkt das Vertrauen in die digitale Kommunikation.