So setzt die Barmenia auf künstliche Intelligenz

Die Versicherungsbranche setzt seit vielen Jahren auf die Automatisierung von Prozessen. Mit der zunehmenden Digitalisierung wird zudem der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) relevanter. Mit Gerhard Hausmann, Projektleiter und Architekt für Systeme der künstlichen Intelligenz bei der Barmenia Krankenversicherung AG, haben wir über den Einsatz von KI und maschinellen Lernens gesprochen. Das Transkript des Interviews finden Sie unterhalb des Videos.

Typ:
Blogartikel
Rubrik:
Analytik & IT
Themen:
Dunkelverarbeitung IT
So setzt die Barmenia auf künstliche Intelligenz

Warum und mit welchem Ziel setzt die Barmenia KI ein?

Wir verfolgen mit dem Einsatz von KI zwei Dinge: Das eine ist Effizienz. Wir möchten die Verwaltungskosten im Bereich der Krankenversicherung möglichst gering halten. Einfache Dinge muss heute wirklich kein Mensch mehr entscheiden. Das können Maschinen machen und das versuchen wir natürlich effizient einzusetzen, zum Beispiel in Form der Dunkelverarbeitung von Leistungsanträgen. Der zweite Punkt ist die Überprüfung dessen, was wir wirklich auszahlen müssen. Wir leben in einer alternden Gesellschaft und die medizinische Versorgung wird teurer. Das heißt, wir müssen immer genauer schauen, welche Forderungen gerechtfertigt sind und welche nicht. Auch hier setzten wir künstliche Intelligenz ein, um bessere Entscheidungen treffen zu können.

Wie hat sich die Barmenia den Themen KI und Deep Learning angenähert?

Wir haben im Jahr 2000 gemeinsam mit anderen Krankenversicherern und Instituten der Uni Kaiserslautern ein Projekt gestartet. Damals ist ein System entstanden, das eingehende Dokumente, die gescannt wurden, digitalisiert hat. Das heißt, es wurde unterschieden, um welche Art von Dokument es sich handelt: Zahnarztrechnung, Arztrechnung oder eine Klassenidentifikation. Zum anderen konnte dieses System auch einen Teil der Daten teilautomatisch aus den Dokumenten gewinnen. Das war unser erstes Projekt. Ein paar Jahre später nutzten wir die Möglichkeit, relativ kostengünstig, Daten zu digitalisieren und strukturierte Daten zu gewinnen. Ab dem Punkt haben wir selber angefangen, sogenannte regelbasierte Systeme zu entwickeln, die viel Logik aus dem Versicherungsbereich enthalten und unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Entscheidungen unterstützen.

Wo stehen Sie jetzt?

Wir arbeiten inzwischen auch mit Deep-Learning-Systemen. Die kann man nutzen, um Informationen zu verarbeiten, die in Form von Texten vorliegen. Das sind beispielsweise auch Klassifikationen, wo entschieden wird, ob der Leistungsantrag dunkel oder hell verarbeitet wird. Wir bauen das Thema künstliche Intelligenz also in der Anwendung auf.

Wenn man KI einsetzt, muss man ja auch immer die Transparenz bezüglich der Entscheidung, die die KI trifft, gewährleisten. Wie ermöglichen Sie das?

Um ein Beispiel zu nennen: Im Kernbereich der Dunkelverarbeitung setzen wir regelbasierte Systeme ein. Das sind einfache „Wenn-Dann-Regeln“, die Wissen aus dem Versicherungsbereich enthalten. Das können Informationen aus den Tarifen der Verträge sein. Bei einem regelbasierten System kann man Folgendes machen: Wenn eine Entscheidung getroffen wird, dann hält man das im Hintergrund fest. Wenn eine Rückfrage kommt, wie bestimmte Entscheidungen zustande gekommen sind, können wir auf diese Logs zurückgreifen und genau nachvollziehen, was wie passiert ist. Das ist insbesondere im Hinblick auf die Datenschutzgrundverordnung wichtig, der zufolge KI-Systeme eine gewisse Transparenz benötigen.

Wie prüfen Sie die getroffenen Entscheidungen der KI auf Richtigkeit– auch im laufenden Prozess?

Wir beginnen damit schon bei der Entwicklung. KI-Projekte sind immer interdisziplinär. Das heißt, Mathematiker und auch Informatiker arbeiten in solchen Projekten mit Fachleuten aus der Versicherungswirtschaft zusammen. Das können auch Ärztinnen und Ärzte sein, die in solche Projekte eingebunden sind. Hier testen wir teilautomatisiert. Zudem kann man auch Testfälle an Fachanwender geben, die die Entscheidungen beurteilen. Bei Produkten machen wir Folgendes: Wenn wir Leistungsanträge dunkel verarbeiten, streuen wir einen gewissen Anteil zufällig in die helle Verarbeitung aus und prüfen, ob alles richtig abgelaufen ist. Das gibt ein sehr gutes Feedback, ob die Systeme richtig entscheiden oder ob noch Fehler vorliegen.

Jetzt noch ganz kurz einen Ausblick. Sie werden ja sicherlich noch weiter im Bereich KI die Entwicklung vorantreiben. Was steht denn als nächstes bei Ihnen im Haus an?

Qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden immer knapper. Das heißt, da wo wir Prozesse haben, in denen wirklich qualifizierte Tätigkeiten erforderlich sind, wollen wir beispielsweise mit Machine Learning schon im Posteingang entscheiden, ob eine Expertenprüfung notwendig ist. Wir versuchen also die Effizienz auch mit Techniken des maschinellen Lernens in den nächsten Jahren noch mal weiter zu steigen.

Dankeschön

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