Wie zukunftsfähig ist Telematik in der Kraftfahrtversicherung – das sagen die Expertinnen und Experten

Im Beitrag geben wir einen Einblick in Umfrageergebnisse zur Zukunft der Telematik in der Kfz-Versicherung.

Typ:
Blogartikel
Rubrik:
Schaden & Leistung
Themen:
Telematik
Wie zukunftsfähig ist Telematik in der Kraftfahrtversicherung – das sagen die Expertinnen und Experten

Auf der Fachkonferenz „Telematik in der Kraftfahrtversicherung“ im Mai 2024 wurde durch eine Umfrage unter den Teilnehmenden ein umfassendes Stimmungsbild zur Zukunft und den Herausforderungen der Telematik in der Kraftfahrtversicherung erstellt. An der Umfrage haben 28 Expertinnen und Experten aus der Versicherungsbranche teilgenommen. Die Ergebnisse zeigen nicht nur die gegenwärtigen Einstellungen der Expertinnen und Experten, sondern auch die Fortschritte und Hürden, die Telematik seit der Vorgängerumfrage aus dem Jahr 2015 erlebt hat.

So wird Telematik die Kfz-Versicherung optimieren

Die Mehrheit der Expertinnen und Experten glaubt, dass Telematik die traditionelle Tarifstruktur ersetzen könnte. Während derzeitige Telematik-Tarife hauptsächlich auf Rabatten basieren, könnte in Zukunft das Fahrverhalten maßgeblich über die Prämienhöhe entscheiden. Diese Individualisierung bietet den Versicherten maßgeschneiderte Prämien, die das Risiko genauer abbilden. Darüber hinaus wird erwartet, dass Telematik mittelfristig riskantes Fahrverhalten bestraft und nicht nur belohnt, was einen zusätzlichen Anreiz für sicheres Fahren schafft.

Ein weiterer großer Vorteil ist die Verbesserung der Schadenprozesse. Mit einer hohen Zustimmung der Teilnehmenden wurde festgestellt, dass Telematik und Connected-Car-Daten erheblich zur Optimierung der Schadenbearbeitung beitragen können. Dies umfasst schnellere Schadenmeldungen und eine effizientere Steuerung der Reparaturprozesse, was sowohl für Versicherer als auch für Kunden von Vorteil ist. 23 der 28 Umfrageteilnehmenden erhoffen sich eine gezielte Steuerung in gewünschte Werkstattnetze.

Die Zukunft der Telematik liegt in Fahrzeugdaten

Am 11. Januar 2024 ist der Data Act in Kraft getreten und wird ab dem 12. September 2025 EU-weit direkt anwendbares Recht werden. Dem Data Act zufolge liegt die Datenhoheit beim Verbraucher. Unklar ist jedoch bislang, wie der Datenzugriff erfolgen wird. Original Equipment Manufacturers (OEMs) spielen somit aktuell und auch in Zukunft eine entscheidende Rolle bei der Nutzung von Telematikdaten. Die Fahrzeugdaten sind entscheidend für die Entwicklung präziser und umfassender Telematik-Tarife, das glauben 15 der 28 Teilnehmenden bei der Umfrage im Mai 2024. Neun glauben an einen Smartphone-Only-Ansatz.

Infografik Telematik Kfz

Das sind die größten Hürden für Telematik

Trotz der zahlreichen Vorteile gibt es noch erhebliche Hürden, die es zu überwinden gilt. Die Umfrage identifizierte folgende Hauptbarrieren:

Kundenakzeptanz: Viele Kunden sind nach wie vor skeptisch gegenüber der Datenfreigabe und der Nutzung von Telematik-Tarifen.

Technologische Herausforderungen: Die Integration und Verarbeitung der Telematikdaten ist technisch anspruchsvoll und erfordert erhebliche Investitionen.

Datenschutz: Die Sicherheit und der Schutz der gesammelten Daten bleiben ein zentrales Anliegen.

Interne Widerstände: Einige Versicherer zeigen wenig Innovationsfreude und halten an traditionellen Modellen fest.

Marktverfügbarkeit: Aktuell bieten nur wenige Versicherer Telematik-Tarife an, was die Marktdurchdringung erschwert. Mit dem Copiloten der ÖSA in 2010 gab es den ersten Telematik-Ansatz. 2014 folgte das erste Telematik-Pilotprojekt mit einer fest verbauten Box durch die Sparkassen Direktversicherung. Ein Jahr später waren es schon eine Handvoll mehr Versicherer, die das Thema auf die Agenda hoben. Mit der HUK und der Allianz kamen in den letzten Jahren zwei wichtige Vertreter hinzu, da deren Marktanteile in der Kfz-Versicherung als ein wichtiger Impuls für die Weiterentwicklung und Etablierung des Telematik-Tarifes gesehen werden kann.

Telematik Entwicklung Anbieter

Vergleich: Umfrage Telematik 2015 und 2024

Ein Vergleich der Umfrageergebnisse von 2015 und 2024 zeigt deutliche Fortschritte, aber auch wiederkehrende Herausforderungen. Während vor neun Jahren nur die Hälfte der Teilnehmenden die vorhandene Technik für ausreichend hielt, um Telematik-Tarife anzubieten, sind es heute drei Viertel. Auch die Erwartungen an die Zukunft sind gestiegen: Vor neun Jahren glaubten nur 75 Prozent der Befragten, dass Telematik in zehn Jahren ein fester Bestandteil der Tarifgestaltung sein wird, während heute 100 Prozent dieser Überzeugung sind.

Dennoch zeigt sich, dass viele der damaligen Hoffnungen noch nicht vollständig realisiert wurden. Die Akzeptanz bei den Kundinnen und Kunden und die praktische Umsetzung in breiterem Maßstab bleiben weiterhin kritische Punkte.

Fazit

Die Zukunft der Telematik in der Kfz-Versicherung sieht vielversprechend aus, doch es gibt noch zahlreiche Herausforderungen zu bewältigen. OEMs und die Gesetzgebung spielen eine zentrale Rolle bei der Datenverfügbarkeit, während die Versicherer weiterhin an der Optimierung und Integration der Technologie arbeiten müssen. Die Umfrageergebnisse von 2024 zeigen, dass das Potenzial erkannt und geschätzt wird, aber auch, dass noch viele Schritte notwendig sind, um Telematik zu einem integralen Bestandteil der Kfz-Versicherung zu machen. Der Weg ist klar: Telematik hat das Potenzial, die Kfz-Versicherung grundlegend zu verändern. Ist die Branche auch weiterhin bereit, mit Geduld den langfristigen Prozess der Tarifetablierung zu begleiten?

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