Start-ups und Kooperationen – Vorteile, Learnings und Hürden
Als Start-up ist es nicht leicht, sich gänzlich ohne Markenbekanntheit und validiertes Geschäftsmodell auf einem wettbewerbsintensiven Markt zu behaupten. Vor allem, wenn es um die ersten Kunden und Partner sowie um das Einsammeln von Kapital geht. Auch die Weiterentwicklung des eigenen Produkts und der Aufbau von Branchen-Know-how benötigen Zeit. In dieser dynamischen Phase kann ein Zusammenschluss mit etablierten Experten für junge Unternehmensgründer durchaus vorteilhaft sein. Insbesondere, wenn diese den Zugang zu Nutzer- und Nutzungsdaten gewähren, die Reichweite des Start-ups erhöhen, die Marke einen positiven Einfluss auf die Bekanntheit hat oder Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Inzwischen treten Versicherer häufig auch als Risikoträger auf und ermöglichen neuen Akteuren die Entwicklung eigener Produkte und damit den Ausbau des Geschäftsmodells.
Auch für die etablierten Player kann die Kooperation mit einem Start-up Vorteile bringen: Start-ups denken progressiv, aus der Sicht der Kunden und haben den Mut und die Unvoreingenommenheit, Prozesse, Produkte und Services gänzlich neu zu denken. Eine Partnerschaft mit einem innovativen Unternehmen kann einen positiven Einfluss auf die Marke traditioneller Player haben und dessen Kultur verjüngen. Konzernen gelingt es mit Hilfe von Kooperationen, neue Technologien in ausgewählten Anwendungsfeldern schnell zu erschließen und sich damit den wandelnden Herausforderungen zu stellen.
Die Versicherungswelt kann von der Innovationskraft inspirierender Entrepreneure profitieren, indem sie Kooperationen als Brücken nutzt. Das Potential haben viele Akteure erkannt und es wird kooperiert – sei es branchenintern oder -übergreifend, in Form einer festen Partnerschaft oder einer gemeinsamen Ressourcennutzung. Wir haben zwei Unternehmen interviewt, die aktuell mit Kooperationspartnern arbeiten und am 14. September im Rahmen des Partnerkongresses der Versicherungsforen Leipzig um den Rockstar Award pitchen.
Schon jetzt möchte ich Ihnen Liimex vorstellen: Liimex ist ein digitaler Versicherungsmakler für Gewerbekunden. In Kooperationen mit Versicherungsexperten möchte das Start-up mehr Transparenz in das Thema Versicherungen bringen. Unternehmen können mit Hilfe der innovativen Software von Liimex ihren Versicherungsbedarf regelmäßig überprüfen und optimieren lassen. Die Gründer dieses Start-ups sind Christian van der Bosch, Benno von Buchwaldt und Jens-Christian Finnerup. Als Rückendeckung haben sie eine Kooperation mit dem Industriemakler Gossler, Gobert & Wolters an Land gezogen.
Das zweite Start-up ist Kasko, ein InsurTech aus London. Kasko, als Omni-Channel-Produktplattform, integriert digitale Versicherungsprodukte und Services in neue und bestehende Vertriebskanäle. Innerhalb von drei Wochen entwickelten sie mit der Balois und dem Start-up Snapsure eine Web-App, mit der Kunden in wenigen Minuten eine Uhrenversicherung mit dem Handy abschließen können. Der Kunde fotografiert seine Uhr und das Bild wird automatisiert ausgewertet. Direkt auf dem Smartphone erfolgt die Wertermittlung und Absicherung. Die Anwendung wird zukünftig als White-Label-Lösung auch durch Uhrenhersteller vermarktet. Gegründet wurde das Start-up 2015 von Nikolaus Sühr und Matthew Wardle.
Seit einigen Jahren bringen Knip, Clark und Co. als digitale Versicherungsordner Transparenz in die Versicherungsverträge von Privatkunden. Nun gibt es mit Liimex endlich auch ein Pendant für den deutlich komplexeren Gewerbebereich. Neben der digitalen Aufbereitung der Verträge eurer Kunden nutzt ihr die Informationen ebenfalls, um euren Nutzern Vergleichsangebote zu unterbreiten. Wie ermittelt ihr den tatsächlichen Bedarf des Kunden?
Die richtige Analyse des Risikos eines Kunden ist tatsächlich einer der Knackpunkte, da jedes Unternehmen unterschiedliche Risiken hat. Viele Kunden wissen überhaupt nicht, was für Versicherungen sie eigentlich brauchen. Oftmals fehlen wichtige Versicherungen daher auch ganz.
Ein einfacher Fragebogen reicht also definitiv nicht aus: Wir haben daher eine sehr umfangreichere Software zur Bestimmung des Kundenbedarfs entwickelt, die auf einer Vielzahl von Faktoren beruht. So können unsere Neukunden binnen einer Minute den Versicherungsbedarf ihres Unternehmens herausfinden und auch gleich sehen, welche Versicherungen für ihr Geschäftsmodell am aller wichtigsten sind.
Der Gewerbekundenmarkt ist fest in Maklerhand. Wie könnt ihr euch hier positionieren? Welche Rolle spielt eure Kooperation mit dem Industriemakler und Assekuradeur Gossler, Gobert & Wolters?
„Fest in Maklerhand“ stimmt ja so eigentlich nicht ganz. Fast 50 Prozent des Marktes werden von Agenturen bedient. Hinter einer Agentur steht zumeist nur ein Versicherer. Diese Kunden sind also mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht optimal versichert, da kein unabhängiger Marktvergleich vorgenommen wurde.
Für all diese Kunden stellt Liimex auf jeden Fall einen erheblichen Mehrwert dar. Als Makler sind wir verpflichtet, unsere Kunden individuell zu beraten und das beste Angebot im Markt zu finden, ohne dabei an einen Versicherer gebunden zu sein. Um immer höchste Beratungsqualität garantieren zu können, haben wir eine Kooperation mit Gossler, Gobert & Wolters abgeschlossen, einem der führenden deutschen Industriemakler. Wir profitieren dabei natürlich sehr von der Erfahrung und Kompetenz von Gossler, Gobert & Wolters. In dieser Kooperation kommt auch unsere Unternehmensphilosophie zum Tragen: Wir glauben an das Miteinander von etablierten Spielern und innovativen Neugründungen und sind überzeugt, gemeinsam erfolgreicher zu sein, als alleine.
Euer Anspruch ist es, „Deutschlands führender digitaler Versicherungsmakler für Unternehmenskunden“ zu werden. Wieviel Zeit habt ihr euch dafür gegeben? Wie sehen eure Ambitionen für den europäischen Markt aus?
Da können wir uns kurz halten: Europa ist ein sehr spannender Markt und wir sind ein sehr ambitioniertes Team.
Ihr habt bereits erfolgreich in Kooperation mit der Baloise und der Barmenia Versicherung erste situative Versicherungsprodukte gelauncht. Bei beiden Kooperationen waren zusätzlich noch dritte Parteien involviert. Wie haben sich diese Kooperationen gestaltet?
Neben Barmenia und Baloise arbeiten wir mit zehn weiteren Versicherern und Vertriebspartnern zusammen. Darunter befinden sich auch internationale Unternehmen wie AXA Travel oder Legal & General.
Es ist richtig, dass wir mit situativen Produkten wie dem Probefahrtenschutz, den wir gemeinsam mit AutoScout 24 und der Barmenia entwickelten, angefangen haben. Seit unserem Launch im Februar 2016 haben wir aber auch klassische Versicherungen wie Hausrat, Haftpflicht und Kfz umgesetzt.
Die jeweiligen Kooperationen gestalten sich natürlich unterschiedlich, da wir es mit unterschiedlichen Ansprechpartnern und Entscheidungsfreiräumen zu tun haben.
Was waren eure Learnings aus der Zusammenarbeit mit so unterschiedlichen Partnern?
Langer Atem: Verkaufszyklen bei Versicherern sind lang. Hier dauert es mindestens sechs Monate vom Erstkontakt bis zur Umsetzung. Häufig sogar noch viel länger.
Champion finden: Es ist wichtig, einen Champion im Unternehmen zu finden, mit dem wir ein akutes Problem lösen können. Bei uns sind das häufig die Produktmanager, die dezentrale Budgets haben und einen echten Mehrwert für sich sehen, neue Produkte zu lancieren oder bestehende Produkte zu optimieren.
Flexibel sein: Da wir es mit sehr großen Partnern zu tun haben, muss man sich immer in deren Situation versetzen. Das bedeutet, dass man hinsichtlich des Vergütungsmodells am Anfang flexibel sein sollte, sodass deren Business Case aufgeht und wir zumindest unsere Kosten decken.
Welche Hürden seht ihr als Start-up in der Kooperation mit Konzernen?
Die erste Hürde liegt schon darin einen richtigen Ansprechpartner zu finden. Dabei kann viel schiefgehen, häufig liegt es aber auch einfach am falschen Zeitpunkt. Das Timing ist nur teilweise beeinflussbar und trotzdem extrem wichtig. Außerdem muss man sich darauf einstellen, dass die initialen Abstimmungsschlaufen sehr lang werden können.
Die Uhrenversicherung, die ihr gemeinsam mit der Baloise und Snapsure entwickelt habt, soll künftig auch als White-Label-Lösung durch Uhrenhersteller vermarktet werden. Wie ist diese Idee entstanden und wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zukünftig mit der Baloise und Snapsure?
Die Idee ist in einem gemeinsamen Gespräch mit der Baloise und Snapsure entstanden. Ziel des Telefonats war es, gemeinsam mögliche Use Cases für die Bilderkennungssoftware von Snapsure im Versicherungskontext zu identifizieren. In dem Gespräch wurde dann klar, dass für den Schweizer Markt ein Uhren-Case sehr interessant sein könnte. Die Idee kam von Philipp Marty, Produktverantwortlicher für Sach/Haftplficht Privatkunden bei der Baloise.
Noch im selben Gespräch wurde ein Budget festgelegt und der Startschuss gegeben, da wir das Produkt binnen drei Wochen lancieren mussten, um es auf der Investorentagung der Baloise vorstellen zu können. Zufälligerweise fand zum gleichen Zeitpunkt noch die Baselworld, die größte Uhren- und Schmuckmesse der Welt, statt. Hat also alles gut gepasst.
Nachdem das Produkt lanciert wurde, ist die Baloise gemeinsam mit uns auf Uhrenhersteller und -retailer zugegangen, um zu eruieren, ob die Uhrenversicherung einen interessanten Mehrwert darstellen könnte. Stand heute: Wir sind mit zwei Uhrenretailern live und erhalten laufend weitere Anfragen zum Thema. Hier zeigt sich, dass es unendlich hilft, einem Partner nicht nur eine Idee, sondern ein fertiges und flexibel anpassbares Produkt zu zeigen.
Wir werden nun zeitnah die Uhrenversicherung auch in Deutschland über die Basler anbieten. Zudem haben wir sechs weitere Produkte mit der Baloise umgesetzt und sind mit diversen weiteren Themen in der Umsetzung. Insbesondere in der Schweiz rollen wir gemeinsam den Markt ein wenig auf. Zusammenfassend lässt sich zu der Kooperation mit der Baloise sagen: Super Brand, super Produkte, schnelle Entscheidungswege, tiefes Vertrauen und schnelle und flexible Umsetzung sind eine echte „Killer-Kombo“. Hier wird in den kommenden Monaten noch viel passieren.
Mit Snapsure arbeiten wir auch weiterhin zusammen und schauen nach gemeinsamen Opportunitäten. Snapsure stellt die Photo-AI zur Verfügung und wir das Produktframework und die technische Abwicklung mit dem Kunden, Vertriebspartner und Versicherer. Ich bin mir sicher, dass wir noch viele „InsurTech-Kooperationen“ sehen werden, um Versicherern noch bessere Angebote zu unterbreiten, bei denen jeder Partner seine spezielle Expertise und Lösungsansätze einbringt.
Liegen bereits weitere spannende Projekte im Versicherungsbereich an?
In jedem Fall. Natürlich soll man den Tag nicht vor dem Abend loben. Aber wir werden in den kommenden Monaten sicherlich noch dutzende Produkte lancieren, unsere Deal-Pipeline ist zum Erbrechen voll. Macht gerade richtig Spaß!