Wie Versicherungen dank IoT die digitale Transformation gelingt

Das Internet of Things hilft Versicherern dabei, sich durch die ganze Wertschöpfungskette hinweg für die digitale Zukunft zu rüsten. Die Möglichkeiten reichen von Prozessoptimierung bis hin zur Erschließung neuer Geschäftsfelder. Der Schritt will allerdings durchdacht sein: Bevor in die Technologie investiert wird, sollte am besten in Zusammenarbeit mit Kunden erst das Geschäftsmodell verifiziert werden.

Typ:
Blogartikel
Rubrik:
Analytik & IT
Themen:
Smart Home Digitalisierung Produktmanagement
Wie Versicherungen dank IoT die digitale Transformation gelingt

Das Versicherungsgeschäft ist seit jeher datengetrieben – und wird es in der digitalisierten Zukunft noch mehr sein. Gemäß einer Studie des Beratungsunternehmens IDC sollen im Jahr 2025 80 Millionen Geräte untereinander vernetzt sein; jeder Mensch wird im Schnitt alle 18 Sekunden eine Interaktion mit einem davon haben. Den riesigen Datenschatz, der dadurch entsteht, können Versicherungen dazu nutzen, um sich in sämtlichen Geschäftsbereichen – von der Risikoeinschätzung bis zur Schadensabwicklung – zu optimieren. Oder sich gar teilweise neu zu erfinden, indem neue Produkte entwickelt und Geschäftsfelder erschlossen werden.

Realisieren lässt sich diese Transformation mit IoT: Das Internet of Things definiert sich durch die Verbindung von alltäglichen Geräten, vom Smartphone über den Kühlschrank bis hin zu Brandmeldern, die mit zunehmendem Grad der Vernetzung zu einem ganzen, datengetriebenen Ökosystem zusammenwachsen können. Auch wenn es bis dahin ein weiter Weg ist und die technischen Anforderungen des Internet of Things nicht unterschätzt werden sollten, ist der Einstieg in dieses vielversprechende Feld oft leichter, als ihn sich gerade kleine und mittelständische Versicherer oft ausmalen.

Bereits mit dem Einsatz verhältnismäßig einfacher IoT-Anwendungen lassen sich bestehende Geschäftsprozesse effizienter gestalten. Ein Beispiel dafür sind Telematik-Boxen in Fahrzeugen, welche der Versicherung Fahrdaten wie Tempo oder Ereignisse wie schnelles Abbremsen melden. Dies hat zweierlei Effekte: Die Klärung der «Schuldfrage» kann verkürzt werden, zudem verhalten sich Autofahrer mit einem solchen Gerät im Fahrzeug vorsichtiger. Ebenfalls präventiv wirken kann IoT bei Wasserschäden – ein großes Ärgernis für Hausbesitzer und ein großer Schadensposten für Versicherer. Einige Versicherer motivieren deshalb bereits heute ihre Kunden zum Einsatz von Sensoren, welche Wasserlecks frühzeitig erkennen.

Neukunden dank Skalierbarkeit

Eine Hilfe kann das IoT auch für Underwriting-Abteilungen sein: Datenbasierte Anwendungen unterstützen sie dabei, große Risikoposten genauer zu kalkulieren. Internationale Versicherer nutzen etwa Tools, die anhand von Wetterstationen und Seismografen die Wahrscheinlichkeit von Naturkatastrophen besser einschätzen können als je zuvor. Konsequente Sensorüberwachung kann sogar dazu führen, dass für bisher kaum versicherbare Risiken auf einmal Policen angeboten werden können. Der präventive Einsatz von Infrarotkameras in Galvanik-Anlagen kann etwa die häufigen Brände so weit minimieren, dass sie für eine Versicherung tragbar werden.

Doch auch schon mit simplen und gut skalierbaren Anwendungen können Neukunden gewonnen werden. Die Nutzung von öffentlich verfügbaren und nicht manipulierbaren Wetterdaten kann die Risikokalkulation und den Schadensprozess so weit automatisieren, dass ein Fußballverein sein Fest genauso gegen Regen versichern kann wie ein Landwirt seine Felder gegen Dürreperioden. Diese bisher ungekannte Effizienz im Schadensmanagement führt nicht nur zur Expansion bestehender, sondern auch zum Markteintritt neuer Versicherer. Das israelische Start-up Parametrix etwa bietet vollautomatisierte Versicherungen für den Cloud-Service von Unternehmen an. Fällt die IT-Infrastruktur aus, löst der Versicherer dank Echtzeit-Monitoring unverzüglich die für die Downtime berechnete Schadenssumme aus.

Erst das Geschäftsmodell, dann die Technologie

Die Sorge darüber, in der rasant fortschreitenden Digitalisierung nicht ins Hintertreffen zu geraten, sollte Versicherer jedoch nicht dazu verleiten, sich vorschnell und wahllos mit zahlreichen IoT-Anwendungen auszustatten. Tatsächlich ist dies so einfach wie nie zuvor. Mussten in der Vergangenheit Hardware und Software für spezifische Anwendungen oft neu entwickelt werden, bietet der Markt heute eine breite Produktpalette an Sensoren und Datenverarbeitungsprogrammen zur Verfügung. Spezialisierte IoT-Dienstleister bieten nicht nur die Implementierung von der Datenerhebung bis hin zur Integration in Geschäftsprozesse, sondern auch den Systembetrieb an. 

Zuvor müssen sich Versicherer jedoch darüber klar werden, welchen Business Case sie mit IoT realisieren wollen. Im Zentrum der Überlegungen stehen dabei die eigene Prozessoptimierung und natürlich der Kundennutzen. Deshalb ist es ratsam, die agilen Entwicklungsprozesse, welche viele Versicherer bereits anwenden, auch auf den Einstieg ins Internet of Things zu übertragen. Erste Anwendungen sollten im kleinen Rahmen und im engen Austausch mit ausgewählten Kunden realisiert werden. Ist der „Proof of Value“ ersichtlich, kann die Anwendung auf weitere Geschäftsbereiche und eine breitere Kundschaft ausgedehnt werden. So wächst der Versicherer organisch in die Welt des IoT hinein, in der er sich in einen digitalen Dienstleister verwandeln kann.

 

Bild: #1051617224 | gettyimages.de

Stefan Mühlenbruch, Zühlke
Stefan Mühlenbruch
Business Solution Manager
Zühlke Engineering GmbH
Stefan Mühlenbruch ist Business Solution Manager für den Bereich Versicherungen bei Zühlke – einem internationalen Innovations- und Technologiedienstleister. Nach zehn Jahren im Talanx-Konzern, einem Versicherungs- und Innovationsstudium, treibt er in seiner jetzigen Rolle gemeinsam mit Kunden, Partnern und Start-ups die wertstiftende Transformation der Branche voran.