Nicht alles, was ein Hype ist, wirkt auch disruptiv und nachhaltig

Typ:
Blogartikel
Rubrik:
Analytik & IT
Themen:
Digitalisierung Innovation
Nicht alles, was ein Hype ist, wirkt auch disruptiv und nachhaltig
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Drei Tage re:publica liegen hinter uns. Es war nicht unsere erste re:publica und wird auch nicht unsere letzte sein, denn wie immer war der Besuch sehr inspirierend. Bei der Digitalkonferenz unter dem Motto „tl;dr“ — Internet-Slang für too long; didn’t read — wurden in diesem Jahr wieder unheimlich viele Themen auf die Agenda gehoben, die auch für unsere Arbeit in der Versicherungsbranche mehr denn je relevant sind.

New Work, künstliche Intelligenz, Sprachassistenten, Klimaschutz, Nachhaltigkeit, Online-Medien, Raumfahrt, Technologietrends, Demokratie, Mobilität und noch viele weitere Themen wurden während der drei Tage diskutiert. Wir haben leider nicht alle Slots besuchen können, aber unser Bestes gegeben, möglichst viel mitzunehmen. Im Beitrag fassen wir einige spannende Fakten zusammen, die wir als durchaus mehrwertige Impulse wahrgenommen haben.

Bilder, Video und jetzt auch noch Audio? 

Wir Menschen sind nicht nur visuelle Wesen. Dass wir uns auch durchaus mit Audiomedien locken lassen, beweist gerade der neue, alte Trend der Podcasts. In Diskussionsrunden und Workshops wurde der Trend analysiert. Immer mehr Menschen konsumieren Online-Audios. Hierbei bewegen sie sich auf Plattformen wie Soundcloud, Spotify oder iTunes. Dabei werden jedoch nicht nur Radio oder Musikstreams konsumiert, sondern auch immer mehr Podcasts. Am beliebtesten sind dabei Nachrichten zu Politik und Zeitgeschehen, Musik, Wissenschaft und Technik sowie Kunst und Kultur. Dass der Trend nicht so schnell abebben wird, dafür spricht die rasante Verbreitung von Sprachassistenten. Zu diesem Ergebnis kam eine Diskussionsrunde am zweiten Tag der re:publica unter der Überschrift „Sprachassistenten und Podcast-Boom“. Zu Beginn der Diskussion wurden einige Zahlen aus aktuellen Studien vorgestellt: Somit wird über Sprachassistenten zu ca. 85 % Musik und Radio gehört. Podcasts eher weniger, was aber vor allem noch technischen Barrieren geschuldet ist. Sind diese überwunden, kann davon ausgegangen werden, dass auch hier zunehmend Podcasts ihr Publikum finden werden.

Neue Technologien – Nachhaltigkeit und Disruptionen

Nicht alles, was technologisch umsetzbar ist und von uns als Fortschritt wahrgenommen wird, muss auch nachhaltig sein. Zu dieser spannenden Erkenntnis führten uns Dieter Janecek von den Grünen und Uwe Schneidewind, Geschäftsführer des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt und Energie gGmbH. Als Beispiel hierfür nannte Janecek in seinen Vortrag das smarte Parken, also die intelligente Parkplatzsuche via App. Diese fördert vor allem den Individualverkehr, von dem wir uns insbesondere in den Innenstädten eigentlich entfernen wollen. Was für den einzelnen fortschrittlich erscheint, wirkt sich in dem Fall auf die Gesamtheit als Rückschritt aus. Das Digitalisierung per se auch Nachhaltigkeit fördert, ist also ein Trugschluss, dem man sich bewusst sein sollte. Digitalisierung unter nachhaltigen Gesichtspunkten ist also die Kür, die es zu bewältigen gilt.

Ein weiterer spannender Vortrag zum Thema neue Technologien und Digitalisierung erwartete uns von Luca Caracciolo, Chefredakteur des t3n Magazins. In seinem Vortrag „Disruption or Hype? – Das Zukunftspotenzial neuer Technologien besser verstehen lernen“ erklärte er, warum Experten so oft mit ihren Einschätzungen bzgl. der Wirkung neuer Technologien falsch liegen. Er tastete sich über philosophische Ansätze an ein Vorgehen heran, das es erlaubt, Technologien objektiver zu bewerten und somit zu einer besseren Einschätzung der Zukunftschancen zu gelangen. Das Konzept ist einfach, lässt sich jedoch durchaus erweitern und ist unserer Ansicht nach ein guter erster Schritt. Caracciolo sagt, dass für eine Technologie drei Dinge relevant sind, die über Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Diese sind:

  1. Technologie: Wie weit ist die Technologie/der technologische Fortschritt?
  2. Vertrauen: Vertrauen die Nutzer der Technologie (Bsp. smart Speaker und die Angst, abgehört zu werden)?
  3. Erzählung: Lässt sich eine gute Story erzählen (Bsp. iPhone) und wo liegt der Nutzen?

Anhand dieser drei Perspektiven lässt sich nun eine Hypothese zu einer neuen Technologie prüfen, indem man jede Perspektive auf einer Skala von eins bis zehn bewertet. Am Ende addiert man die Punkte zusammen und je höher die Punktzahl ist, desto wahrscheinlicher wird die Hypothese eintreffen.

New Work – ein Arbeitsplatz für zwei

Zum Thema Arbeitswelt der Zukunft hatte die re:publica einiges zu bieten. Die Session von Lydia Leipert und Rebecca Zöller, beide Bayerischer Rundfunk, blieb uns dabei besonders in Gedächtnis. Die beiden teilen sich bereits seit einiger Zeit einen Job, um Arbeits- und Familienleben besser miteinander vereinen zu können und teilten sehr offen ihre Erfahrungen. Unerlässlich für die erfolgreiche Teilung eines Jobs sind demnach Absprachen, die auch auf kurzen Kommunikationswegen funktionieren, das Sprechen mit einer Stimme, um nicht gegeneinander ausgespielt werden zu können, und Selbstdisziplin, denn auch eine geteilte Stelle ist nur eine Vollzeitstelle und nicht zwei, was man im Arbeitsalltag mal schnell vergessen kann.

Neue Mobilitäts- und Stadtkonzepte

Neue Technologien verändern jedoch nicht nur unsere Art zu arbeiten, sondern schaffen auch neue Formen der Fortbewegung, des Wohnens und Zusammenlebens.

So stellte Christian Bauer von Volocopter eben jenen vor: Der Volocopter sieht aus wie eine Mischung aus Drohne und Hubschrauber und soll die Vision des Flugtaxis in Städten bald möglich machen. Per Akku betrieben kann das 290-kg-schwere Fluggerät aktuell einen Passagier und einen Piloten gut 30 km weit fliegen. Für die Zukunft steht die autonome Personenbeförderung, z. B. zu touristischen Zwecken oder auf stark frequentierten Strecken wie beispielsweise vom Flughafen in die Innenstadt, auf dem Programm. Dafür arbeitet das Unternehmen aktuell eng mit Behörden und Ministerien zusammen, um die entsprechenden Genehmigungen zu erhalten.

Das neue Mobilitätsformen nicht mehr zu Lasten unserer Umwelt entstehen dürfen, betonten Philipp Gneiting und Ralf Lamberti, beide Daimler AG, und zeigten, wie sich der Automobilkonzern dem Thema nähert. Seit 2016 scoutet und fördert das Unternehmen im Rahmen des Programms „STARTUP AUTOBAHN“ gemeinsam mit anderen Stuttgarter Unternehmen Start-ups im Mobilitätsbereich. In der nächsten Runde soll mit Start-ups kooperiert werden, die sich das Thema Nachhaltigkeit auf die Fahne geschrieben haben. Die Ideen reichen dabei von CO2-Filtern über neue Recyclingmethoden für Autos bis hin zu Sitzbezügen aus nachwachsenden Rohstoffen wie Ananasfasern, deren Nutzbarkeit für eine nachhaltigere Automobilproduktion nun getestet wird.

Doch nicht nur die Technologien selbst, auch die Technologieanbieter verändern unser Umfeld. Felix Hartenstein von inwista – Institut für Wirtschaft und Stadt warf die Frage auf, ob Tech-Konzerne wie Google und Amazon heute und in Zukunft gute Nachbarn für ihre Standorte sein werden. So verspricht die Ansiedlung zwar Arbeitsplätze und Investitionen in die Region, gleichzeitig zeigen bisherige Beobachtungen aber auch steigende Mietpreise und Lebenshaltungskosten, die nicht wenige Menschen aus den entsprechenden Gebieten vertreiben. An dieser Stelle sind die Konzerne gefordert, Verantwortung zu übernehmen und die Diversität unserer Städte zu bewahren.

Neben der Entdeckung und Diskussion neuer Technologien und ihrer Auswirkungen auf unser heutiges und zukünftiges Leben, ist die re:publica auch immer ein Ort der Weiterbildung für Medien-/Content-Schaffende. Besucht haben wir Vorträge und Workshops, in denen es um die Sensibilisierung für unnötige oder sogar fehlerhafte Floskeln in unserer Sprache ging, Storytelling mit zunächst trocken wirkenden Karten und Daten näher gebracht und die angemessene Reduktion wissenschaftlichen Contents thematisiert wurden. Wir haben uns einiges angeschaut und hoffen, zukünftig die Impulse für unsere Leser umsetzen zu können.

 

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