Über die Zukunft der Kunden-Vermittler-Beziehung

Die Kunden-Vermittler-Beziehung wandelt sich rasant – gefragt sind heute digitale Kompetenz, persönliche Nähe und die Fähigkeit, beides klug zu verbinden.

Typ:
Blogartikel
Rubrik:
Strategie & Innovation
Themen:
Kundenmanagement
Über die Zukunft der Kunden-Vermittler-Beziehung

Digitale Tools, veränderte Erwartungen, neue Kanäle – was bedeutet all das für die Praxis von Vermittlerinnen und Vermittler? Stefan Schnichels kennt die Herausforderungen aus der Beratung und zeigt im Interview, wie Versicherungsvermittlung auch in Zukunft relevant, persönlich und erfolgreich bleibt.

Was sind aus Ihrer Sicht die größten Veränderungen in der Kunden-Vermittler-Beziehung in den letzten Jahren?

In den letzten Jahren haben wir einen durchaus tiefgreifenden Wandel in der Beziehung zwischen Kunden und Vermittlern erlebt, der im Wesentlichen durch die sich stetig fortschreitende Digitalisierung geprägt ist. Die Art und Weise, wie Kunden Informationen suchen sowie auch deren Erwartungshaltung in puncto Interaktion mit Vermittlern, hat sich dabei grundlegend verändert. Kunden erwarten heutzutage eine schnelle und unkomplizierte Kommunikation und bevorzugen hierbei zumeist den Einsatz von digitalen Kommunikationsmedien.

Nicht zu vergessen ist hierbei, dass die „modernen“ Kundenerwartungen in technologie-lastigen Sektoren und Dienstleistungen geformt werden. Da der Kunde aber nicht in unterschiedlichen Sektoren oder Dienstleistungen denkt, ist es auch in tendenziell traditionelleren Sektoren wie unserer Versicherungsbranche essenziell, sich diesen „modernen“ Erwartungen anzupassen. Konkret sehe ich dabei Veränderungen in der Kunden-Vermittler-Beziehung in fünf Dimensionen:

  1. Geschwindigkeit in der Kundeninteraktion: Kunden erwarten heute schnellere Reaktionszeiten und kürzere Response-Zyklen seitens der Vermittler. Dies stellt insbesondere neue Anforderungen an die Erreichbarkeit und Effizienz in der Kommunikation.
  2. Flexibilität der Kanäle: Kunden nutzen mittlerweile eine Vielzahl von Kommunikationskanälen – sowohl online als auch offline – und entscheiden dabei selbst, über welchen Kanal sie mit ihrem Vermittler interagieren möchten. Idealerweise ist der moderne Vermittler in der Lage, alle relevanten Kanäle zu bedienen und bietet eine hybride Beratungsform an, die sowohl digitale als auch persönliche Kontaktpunkte umfasst – ganz so, wie es sich der Kunde wünscht.
  3. Online-Präsenz: Vermittler sollten in der Lage sein, einwandfreie Videoberatungen anzubieten und auch einen professionellen sowie authentischen Internet- und Social-Media-Auftritt zu pflegen. Auch wenn nicht jeder Kunde diese Kanäle nutzt, gehört eine digitale Basis-Präsenz heute zum Standard.
  4. Individualisierung: Kunden erwarten eine personalisierte Ansprache und maßgeschneiderte Lösungen – eine große Herausforderung in einer Branche, deren Produkte oft standardisiert sind. Digitale Hilfsmittel und Data-Analytics-Technologien bieten jedoch großes Potenzial, um eine individuellere Beratung zu ermöglichen.
  5. Verfügbarkeit von Informationen: Kunden möchten jederzeit schnell und punktgenau auf die für sie relevanten Informationen zugreifen können oder diese von ihrem Vermittler entsprechend erhalten – idealerweise über den von ihnen bevorzugten Kanal.

Diese fünf Dimensionen zeigen klar auf, dass sich die Anforderungen an Vermittler deutlich verändert haben: Sie müssen schneller, flexibler und auch digital-präsenter aufgestellt sein. Zudem spielen Individualisierung sowie die Verfügbarkeit von kundenrelevanten Informationen eine entscheidende Rolle, um den kontinuierlich steigenden Erwartungen ihrer Kunden gerecht zu werden.

Während digitale Kanäle immer wichtiger werden, betonen Sie auch die Bedeutung klassischer vertrieblicher Grundlagen wie Vertrauen und persönliche Beratung. Wie können Vermittler diese Balance in der Praxis erfolgreich gestalten?


Die passende Balance zwischen digitalen Kanälen und traditionellen vertrieblichen Basics wie Vertrauen, Empathie und persönlicher Beratung zu finden, ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für den Vermittler heutzutage – und es wird auch in Zukunft so bleiben! Aller Digitalisierungstendenzen und des veränderten Kundenverhaltens zum Trotz: Die persönliche Beratung ist mindestens genauso wichtig wie sie es früher gewesen ist, wenn nicht sogar noch wichtiger.

So entwickelt sich die Kunden-Vermittler-Beziehung sukzessive weiter und wird durch die digitale Transformation auf ein neues Level gehoben – sie wird aber keineswegs ersetzt oder „weg-digitalisiert“. Und auch ein Blick in aktuelle Statistiken bekräftigt allen Grund zur Zuversicht aus Sicht des Vermittlers: So werden nach wie vor rund 90 Prozent der Versicherungsprodukte über physische Vertriebskanäle wie zum Beispiel Ausschließlichkeitsvertreter oder Makler verkauft, während nur 10 Prozent online abgeschlossen werden. Und was hierbei besonders interessant ist: Diese Verteilung hat sich in den letzten 10 bis 15 Jahren nur marginal verändert.

Besonders in Deutschland, wo es mit rund 180.000 Versicherungsvermittlern die höchste Dichte in Europa gibt, zeigt sich die anhaltende Bedeutung dieser Berufsgruppe – nicht zuletzt bedingt durch die hohe Komplexität vieler Versicherungsprodukte. Kunden stehen oft vor weitreichenden Entscheidungen mit überaus langfristigen Auswirkungen, wie etwa beim Abschluss einer privaten Krankenversicherung – eine kompetente Beratung ist hierbei schlichtweg unentbehrlich!

Letztlich geht es darum, die besten Elemente aus beiden Welten zu verbinden: Digitale Innovationen nutzen, um effizienter und noch kundenzentrischer arbeiten zu können – sich gleichzeitig aber der traditionellen vertrieblichen Basics wie Vertrauen, Empathie, Authentizität, Qualität und Professionalität in der Beratung als entscheidende Erfolgsfaktoren jederzeit bewusst zu sein.

Welche Kompetenzen werden in Zukunft für Vermittler besonders wichtig sein?

Um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden, sind drei zentrale Punkte entscheidend:

  1. Kontinuierliches Upskilling: Vermittler müssen sich laufend weiterbilden – nicht nur bezogen auf ihre Produkt- oder Tariflandschaft, sondern auch über rein fachliche Themen hinaus. Medienkompetenz, Soft Skills und Coaching-Fähigkeiten werden zunehmend gefragter, nicht zuletzt da sich die Rolle des Vermittlers immer mehr vom klassischen Verkäufer hin zu einem Sparringspartner für den Kunden entwickelt.
  2. Digitale Tools nutzen: Der Einsatz moderner Tools bietet enormes Potenzial zur Effizienzsteigerung. Vermittler müssen in der Lage sein, digitale Werkzeuge effektiv zu nutzen und aus gesammelten Daten wertvolle Erkenntnisse zur Stärkung der Kundenbindung zu gewinnen. Moderne CRM-Systeme, Data Analytics und KI-gestützte Tools für Recherche und Informationsaufbereitung können den Vermittleralltag enorm erleichtern und zugleich das Image modernisieren.
  3. Kundenerwartungen aktiv managen: Vermittler sollten lernen, die Kommunikation bewusst zu steuern. Nicht jede Anfrage muss sofort beantwortet werden – entscheidend ist, einen effizienten und gleichzeitig kundenorientierten Kommunikationsrhythmus zu finden. Die eigene Erreichbarkeit taktisch zu managen, kann dazu beitragen, eine langfristige Kundenbeziehung nachhaltig zu sichern.

Wie wird sich das Berufsbild des Versicherungsvermittlers in fünf Jahren verändert haben?

Letztlich wird sich das Berufsbild des Vermittlers nicht grundlegend verändern oder gar „aussterben“, sondern stetig und kontinuierlich weiterentwickeln. Der zentrale Treiber dieser Entwicklung ist – wie bereits erläutert – der stetige Wandel in den Kundenerwartungen. Aspekte wie Geschwindigkeit, Flexibilität, digitale Präsenz, Individualisierung und die punktgenaue Bereitstellung relevanter Informationen werden für Kunden hierbei noch wichtiger werden.

Die Vermittler müssen sicherstellen, dass der Gap zwischen den steigenden Kundenanforderungen und dem Vermittler-Angebot nicht zu groß wird. Wer jedoch digitale Kommunikationsmedien und Hilfsmittel sinnvoll und kundenindividuell einsetzt und sich zugleich der Wichtigkeit der persönlichen Beratung jederzeit bewusst bleibt, wird auch in Zukunft eine zentrale Rolle im Versicherungsvertrieb einnehmen.

Wir bedanken uns herzlich für das Gespräch.

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