Der Kampf um Talente: Fachkräftemangel in der Assekuranz

Der War for Talents steht für den Kampf der Unternehmen um die besten Nachwuchstalente und Fachkräfte. Denn in Deutschland herrscht nach wie vor Fachkräftemangel, insbesondere bedingt durch die demografische Entwicklung. Diese wird durch drei zentrale Faktoren beeinflusst: die Zu- oder Auswanderung, die Geburtenrate und die Sterblichkeit. Mit dem Kampf um Talente geht oft eine gezielte Unternehmensstrategie mit einem auf eine junge Zielgruppe ausgerichteten Employer Branding einher, um Arbeitskräfte zu gewinnen und zu binden. Dabei muss sich die Außendarstellung von Unternehmen auf die Wünsche und Vorstellungen junger Generationen einstellen.

Typ:
Blogartikel
Rubrik:
Betrieb & Organisation
Themen:
Arbeitswelten/NewWork Personalentwicklung
Der Kampf um Talente: Fachkräftemangel in der Assekuranz

40,2 Prozent aller Betriebe in Deutschland hatten im ersten Halbjahr 2022 Fachkräftebedarf, 61,3 Prozent erwarten Personalprobleme in den nächsten zwei Jahren. Das zeigt ein Forschungsbericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, der Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit. Ein Höchststand. Deutschlandweit sind 42,2 Prozent aller angebotenen Fachkräftestellen nicht besetzt. Der größte Bedarf an Fachkräften herrscht im Gesundheits- und Sozialwesen (53 Prozent), im Bereich Erziehung und Unterricht (52 Prozent) und im Baugewerbe (48 Prozent). Laut dem Forschungsbericht war der Fachkräftemangel besonders niedrig in der Land- und Fortwirtschaft (22 Prozent) sowie in der Branche der Finanz- und Versicherungsdienstleistungen (27 Prozent).

Der Fachkräftemangel und die Versicherungsbranche

Trotzdem beschäftigt auch die Versicherungsbranche der Fachkräftemangel, wie ein Whitepaper der adesso insurance solutions und der Versicherungsforen Leipzig zeigt. Für das Whitepaper „Fachkräftemangel in der Versicherungsbranche: Die Suche nach Fachkräften als Wandlungstreiber” wurden 49 Führungskräfte aus dem Netzwerk der Versicherungsforen Leipzig nach ihrer Einschätzung gefragt. Für 64 Prozent ist der Fachkräftemangel ein (sehr) relevantes Thema in der Branche. 77 Prozent der befragten Expertinnen und Experten sehen die Situation bereits jetzt als (sehr) herausfordernd, 92 Prozent
rechnen mit einer dramatischen Entwicklung in den nächsten fünf bis zehn Jahren. Gesucht werden insbesondere IT- und Vertriebs-Talente.

Der Fachkräftemangel hat darüber hinaus das Potential, die Versicherungsbranche und deren Außendarstellung grundlegend zu beeinflussen. 61 Prozent der Befragten glauben, dass der Fachkräftemangel Veränderungen im Geschäftsmodell erfordert. So sind sich zwei Drittel der Befragten einig, dass die Digitalisierung und die zunehmende Nutzung und Verbreitung künstlicher Intelligenzen wesentliche Hebel zur Bekämpfung des Fachkräftemangels sind. Insbesondere durch die Auslagerung repetitiver Aufgaben an eine KI können (menschliche) Ressourcen eingespart werden, die für intellektuelle und kreative Aufgaben weiterhin notwendig sind.

Insbesondere in der Versicherungsbranche spielen interne Treiber für den Fachkräftemangel eine wichtige Rolle. Nicht nur der demografische Wandel, die Digitalisierung der Arbeitswelt und der Wertewandel der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer tragen zur aktuellen Situation bei. So sind der Mangel an Attraktivität (63 Prozent), an Purpose (53 Prozent) sowie an Innovationskraft (51 Prozent) und eine hierarchische Führungskultur (43 Prozent) interne Faktoren, deren Wandel durchaus in der Hand der (Versicherungs-)Unternehmen liegt.

Was sind also die Bedürfnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer?

Studien zeigen: Jüngere Generationen legen mehr Wert auf sinnstiftende Tätigkeiten, auf flexible Arbeitszeiten mit Homeoffice-Möglichkeiten und eine gute Work-Life-Balance. Darüber hinaus prägen die eigene mentale Gesundheit, die Angst vor der Klimakatastrophe und ein reflektierter und progressiver Umgang mit Umgang mit den Themen Diversität und Gleichstellung die jungen Generationen – auch darüber sollten sich Arbeitgeber bewusst sein.

Deloitte hat Ende 2022 eine Umfrage mit fast 15.000 Personen der Generation Z (geboren zwischen 1996 und 2012) und fast 9.000 Millennials (geboren zwischen 1980 und 1995) durchgeführt. Der „2023 Gen Z and Millennial Survey” hat Menschen in 44 Ländern nach ihren Arbeitspräferenzen befragt. Das Ergebnis zeigt: Während sich 62 Prozent der Millennials über ihre Arbeit definieren, sind es bei der Gen Z nur noch 49 Prozent. Die freie Gestaltung von Arbeitszeit und -ort hat besondere Relevanz für jüngere Generationen. 81 Prozent der Gen-Z-Befragten würden ihre Arbeitszeiten gerne flexibler gestalten oder Stunden verringern. Etwa ein Drittel beider Generationen wünschen sich die Möglichkeit einer Vier-Tage-Woche, um eine bessere Work-Life-Balance zu erreichen. 77 Prozent der Gen Z und 75 Prozent der Millennials würden einen Jobwechsel in Erwägung ziehen, würde ihr Arbeitgeber Homeoffice-Möglichkeiten streichen.

Wie wichtig sind Ihnen generell folgende Aspekte bezogen auf Ihre Arbeit?

War for Talents

Was sich in der Versicherungsbranche schon tut

Fast 96 Prozent der Befragten, die für das Whitepaper der Versicherungsforen Leipzig und der adesso insurance solutions befragt wurden, sagen ihr Unternehmen sorge für verbesserte Arbeitsbedingungen, um seine Attraktivität für Fachkräfte zu steigern. 76 Prozent der Befragten gaben an, ihr Unternehmen unterstütze Maßnahmen zur Gesundheitsförderung; 53 Prozent gaben an, ihr Unternehmen lege vermehrt Wert auf eine positive Arbeitskultur, beispielsweise in Form von Teambuilding-Maßnahmen und mehr Anerkennung der Arbeit. Über 16 Prozent gaben sogar an, ihr Unternehmen hole Mitarbeitende aus der Rente zurück oder versuche, Mitarbeitende länger als den regulären Renteneintritt zu halten. Gleichzeitig schätzen 76 Prozent der Befragten die aktuellen Maßnahmen ihrer Arbeitgeber als nur teilweise effektiv ein, 8 Prozent als (sehr) effektiv und 16 Prozent als wenig oder gar nicht effektiv. Die Versicherungsbranche hat das Potential, für Fachkräfte attraktiver zu werden, wenn interne Rahmenbedingungen richtig gesetzt und durchdachte Employer-Branding-Strategien umgesetzt werden. Wir beobachten, wie sich der Trend weiterentwickelt.

Zum Whitepaper


Quellen:

  • IAB Forschungsbericht 15|2023: Auswirkungen des Angriffskrieges auf die Ukraine auf die Betriebe inDeutschland und weitere Ergebnisse des IAB-Betriebspanels 2022. Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung.
  • Whitepaper (01) – Fachkräftemangel in der Versicherungswirtschaft: Die Suche nach Fachkräften als Wandlungstreiber. Versicherungsforen Leipzig, adesso insurance solutions, 2023.
  • 2023 Gen Z and Millennial Survey. Deloitte.