Green Bonds als erfolgsversprechende Investitionsmöglichkeit in Zeiten steigender Zinsen

Im Beitrag beleuchten wir, wie Versicherungsunternehmen mit Green Bonds ihre Kapitalanlagen nachhaltiger ausrichten können.

Typ:
Blogartikel
Rubrik:
Finanzen & Risiko
Themen:
Kapitalanlage Nachhaltigkeit
Green Bonds als erfolgsversprechende Investitionsmöglichkeit in Zeiten steigender Zinsen

Ziel des EU Green Deals ist es, die Wirtschaft innerhalb Europas nachhaltiger auszurichten. Nicht zuletzt nimmt die Finanzindustrie eine Sonderrolle ein, da sie entsprechendes Kapital für die notwendige Transformation bereitstellen kann. Eine Möglichkeit wie auch Versicherungsunternehmen ihre Kapitalanlage nachhaltiger ausrichten können, stellen Investitionen in sogenannte Green Bonds dar.

Was sind Green Bonds?

Unter Green Bonds werden festverzinsliche Wertpapiere verstanden, bei denen die Emissionserlöse zum Schutz der Umwelt und des Klimas verwendet werden. Die eingesammelten Gelder können zum Beispiel in Projekte aus den Bereichen Klimaneutralität, Elektromobilität, Windkraft- und Solaranlagen oder energieeffiziente Gebäude investiert werden. Neben Staaten gehören heute vermehrt Finanzinstitute oder Industrieunternehmen zu den Emittenten solcher Wertpapiere. Darüber hinaus stellen neben Green Bonds zum Beispiel auch Social Bonds, Sustainability Bonds oder Sustainability-Linked Bonds eine Möglichkeit dar, wie institutionelle Anleger ihre Kapitalanlage nachhaltiger gestalten können. Während bei ersteren die Emissionserlöse zur Förderung sozialer Projekte verwendet werden, adressieren Sustainability Bonds sowohl ökologische als auch soziale Themen. Bei Sustainability-Linked Bonds werden die eingesammelten Erlöse ebenfalls zur Umsetzung von Nachhaltigkeitsprojekten verwendet, wobei die Höhe von Zinsen und Rückzahlungsbeträgen vom Erreichen bestimmter Nachhaltigkeitsziele abhängig sind.

Aktuelle Herausforderungen bei der Emission und Bewertung von Green Bonds bestehen vor allem darin, dass es keine verpflichtenden einheitlichen globalen Standards gibt, welche Ziele mit der Ausgabe einer solchen Anleihe erreicht werden sollen und wie der Zielfortschritt nachgehalten bzw. publiziert wird. Erste freiwillige Initiativen, wie die Green Bonds Principles der International Capital Markets Association oder der Climate Bonds Standard, schaffen hier Abhilfe.

Entwicklung des Marktes für Green Bonds

Die Ausgabe des Climate Awareness Bonds der Europäischen Investitionsbank im Jahr 2007 mit einem Volumen in Höhe von 600 Millionen Euro wird als erste emittierte grüne Anleihe des Marktes angesehen. Mit der Einführung des eingangs erwähnten Standards für Green Bonds durch die International Capital Markets Association im Jahr 2014 und durch einen zunehmenden gesellschaftlichen sowie politischen Fokus auf die nachhaltige Transformation der Wirtschaft seit 2015 (z. B. Pariser Klimaschutzabkommen) ist ein starkes Wachstum des Neuemissionsvolumens grüner Anleihen erkennbar.

Trotz des enormen Wachstums der jährlichen Neuemissionsvolumina handelt es sich bei Green Bonds heute noch um ein Nischenprodukt auf dem Rentenmarkt. Für den EU-Markt machen Green Bonds über alle Emittententypen hinweg einen Anteil von zwei Prozent am Gesamtmarkt aus. Hinsichtlich grüner Unternehmensanleihen besteht ein Marktanteil von ca. vier Prozent. Im Zeitraum zwischen 2009 und 2021 lässt sich das größte Wachstum des Neuemissionsvolumens grüner Anleihen von 2020 auf 2021 mit einem Zuwachs von ca. 200 Milliarden Euro feststellen. Dies ist ein Indiz für die steigende Attraktivität von Green Bonds, sowohl aus Emittenten- als auch aus Investorensicht.

Das Greenium

Greenium bezeichnet die Renditedifferenz zwischen einer grünen Anleihe und einer herkömmlichen Anleihe. Für einen sinnvollen Vergleich von Renditen zwischen den beiden Anleihearten müssen die restlichen ökonomischen Eigenschaften, wie Laufzeit, Zinssatz, Währung, Emissionsvolumen etc., identisch sein. Man spricht dann von einem Renditeabschlag bzw. einer Minderrendite der grünen Anleihe im Vergleich zum konventionellen Wertpapier, wenn es sich um einen positiven Greenium-Wert handelt.

Eine Untersuchung des GDV aus dem Jahr 2022 zeigt, dass Investitionen in grüne Anleihen nicht mit erheblichen Renditenachteilen einhergehen müssen. Liegen Greenia beim Vergleich zweier Anleihen vor, so gehen diese häufig mit fortschreitender Marktreife zurück und haben eine überschaubare Höhe, die nicht zu substanziellen Renditenachteilen bei einer erfolgten Investition führen. Außerdem kann ein Greenium für eine hohe Qualität des Emittenten sprechen, da mit einem geringeren Ausfallrisiko eine verminderte Rendite verbunden ist.

Greenia verschiedener Green Bonds unterscheiden sich auch nach den spezifischen Eigenschaften der jeweiligen Anleihe. So sind zum Beispiel Greenia im Primärmarkt bei Erstemittenten höher als bei wiederkehrenden Emittenten. Außerdem ist die Höhe der Greenia abhängig von der Art des Emittenten. Zum Beispiel ist der Renditeabschlag grüner Anleihen, die von öffentlichen Emittenten begeben werden, meist nur minimal oder gar nicht vorhanden. Letztlich ist die Höhe des Greeniums abhängig davon, wie strikt die gesetzten Nachhaltigkeitskriterien des Emittenten sind. Bei besonders strengen Nachhaltigkeitsanforderungen der emittierten Anleihen ist das Greenium tendenziell höher als bei grünen Anleihen, die nicht zertifiziert sind. Letztere weisen häufig so gut wie keine Greenia auf.

Investitionen in grüne Anleihen sind somit für Versicherungsunternehmen relevant und bieten eine gute Möglichkeit ihre Portfolios nachhaltiger auszurichten ohne dabei zwingend auf Rendite zu verzichten. Der GDV betont allerdings, dass Aussagen zu Höhe und Abhängigkeiten des Greeniums heute noch wenig repräsentativ sind, da der Markt für Green Bonds noch relativ jung ist.

Vorteile von Investitionen in Green Bonds für Versicherungsunternehmen

Insbesondere die in der jüngsten Zeit gestiegenen Zinsen machen Investitionen in festverzinsliche Wertpapiere für Versicherungsunternehmen wieder attraktiv. Dies gilt entsprechend für Green Bonds, da auch hier die Renditen angestiegen sind. Versicherer können somit mithilfe von Umschichtungen ihrer Investitionen die sehr großen Rentenbestände nachhaltiger gestalten, indem vermehrt in grüne Anleihen statt in konventionelle Rentenpapiere investiert wird. Um dabei möglichst viel Einfluss auf den Emittenten auszuüben, bieten sich darüber hinaus Investitionen in die bereits anfangs erwähnten Susainability-Linked Bonds an. Hier ist die Verzinsung der Anleihe an die Erfüllung konkreter Nachhaltigkeitsziele gebunden: Im Falle einer Zielverfehlung besteht die Chance für Investoren darin, einen zusätzlichen Zins oder einen höheren Rückzahlungsbetrag am Ende der Laufzeit zu erhalten. Allerdings sind die Finanzierungsinstrumente untereinander kaum vergleichbar, die ausgewählten KPIs zum Teil nicht materiell und das Ambitionsniveau der Zielvereinbarungen meist relativ gering. Es handelt sich hierbei ebenfalls um einen Nischenmarkt, da die Emissionsvolumen weit unterhalb der Volumina von Green Bonds liegen.

Neben der aktuell hohen Verzinsung neuemittierter Green Bonds stimmen die langfristige Ausrichtung dieser Anleihen und das ebenfalls langfristig ausgerichtete Geschäft von Versicherungsunternehmen gut überein. Wie eingangs bereits beschrieben werden Emissionserlöse aus der Vergabe grüner Anleihen zum Beispiel für den Aufbau langfristiger Infrastruktur – wie Solar- oder Windparks – verwendet.

Des Weiteren können Versicherungsunternehmen, die in Green Bonds investieren, zukünftig im Falle von Zinsrückgängen von Kursgewinnen profitieren. Die aktuelle Marktstimmung über zukünftige Zinsen und die damit verbundene Zinsstrukturkurve weisen langfristig auf sinkende Zinsen hin: Aufgrund der langen durchschnittlichen Laufzeiten grüner Anleihen reagieren diese deshalb besonders sensibel auf Zinsrückgänge, die den Kurs aufgrund der erhöhten Nachfrage ansteigen lassen. Andererseits bestehen Herausforderungen bei der Finanzierung des Garantiezinsen im Falle sinkender Zinsen.

Analog zur Bankenwirtschaft kann zukünftig auch der Gesetzgeber Investitionen in Nachhaltigkeitsanleihen von Versicherungsunternehmen fördern, indem er die Eigenkapitalanforderungen hierfür anpasst. So könnte ein „Green Supporting Factor“ zu Eigenkapitalentlastungen bei nachhaltigen Investitionen führen oder ein „Brown Penalizing Factor“ für höhere Eigenkapitalanforderungen nicht-nachhaltiger Investments sorgen. Aktuell wird ein derartiges Vorgehen allerdings von vielen Versicherern als skeptisch betrachtet, da solche regulatorischen Vorgaben nicht zwingend risikoadäquat sind.

Neue User Group „ESG-Implementierung in der Kapitalanlage“

Weitere spannende und aktuelle Themen bezüglich Sustainable Finance und nachhaltiger Kapitalanlage in der Versicherungsbranche werden innerhalb unserer neuen User Group „ESG-Implementierung in der Kapitalanlage“ behandelt. Diskutiert werden hier zum Beispiel aktuelle Entwicklungen, künftige regulatorische Vorgaben sowie Chancen und Herausforderungen bei der Umsetzung einer nachhaltigen Kapitalanlage von Versicherungsunternehmen.

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