ESG in der Kapitalanlage – neue Herausforderung, neue Impulse

Im Interview mit Benjamin Hübel sprechen wir über den neuen Arbeitskreis und aktuelle Herausforderungen von ESG in der Kapitalanlage.

Typ:
Blogartikel
Rubrik:
Finanzen & Risiko
Themen:
ESG Nachhaltigkeit Kapitalanlage
ESG in der Kapitalanlage – neue Herausforderung, neue Impulse

Das Thema Nachhaltigkeit boomt, auch in der Versicherungsbranche. Diese steht vor der Herausforderung, nicht nur Vertrieb und Produktgestaltung nachhaltig auszurichten, auch die Kapitalanlage birgt Potenziale. Die Versicherungsforen haben aus diesem Grund einen weiteren Arbeitskreis ins Leben gerufen. Im Rahmen der neuen User Group „ESG-Implementierung in der Kapitalanlage“ werden aktuelle Entwicklungen aus dem Sustainable-Finance-Bereich, sich daraus ergebende Chancen und der Umgang mit Herausforderungen diskutiert. Zu den Schwerpunktthemen zählen beispielsweise aktuelle und künftige regulatorische Vorgaben, Shareholder Engagement und Active Ownership, Umgang mit ESG-Risiken in der Kapitalanlage und alternative Anlageklassen.  
 
Das neue Veranstaltungsformat findet unter fachlicher Leitung von Dr. Benjamin Hübel, Portfolio Manager Fixed Income bei der HUK-COBURG Asset Management GmbH statt. Mit ihm haben wir über das neue Format und aktuelle Herausforderungen von ESG in der Kapitalanlage gesprochen.  

Nachhaltigkeit in der Kapitalanlage ist ein vergleichsweise junges Thema. Welche Bedeutung hat es aus deiner Sicht (heute und in Zukunft)?

Kurzfristig steht die Compliance mit den zahlreichen regulatorischen Pflichten und Vorschriften leider im Vordergrund. Mittelfristig können die positiven Wertbeiträge die regulatorischen Kosten aber überkompensieren. Dies wird jedoch nur gelingen, wenn heute schon die richtigen Strukturen, Daten und Methodiken geschaffen werden.

Die Dekarbonisierung des Portfolios stellt viele Versicherer vor große Herausforderungen. Wo liegen Probleme und welche Dekarbonisierungsstrategien gibt es für die Kapitalanlage von Versicherern?

Positiv ist, dass sich zunehmend einheitliche Standards für die Offenlegung von CO2-Daten und für die Berechnung des CO2-Fußabdrucks von Anlageportfolios entwickeln. Viele Investoren haben sich auch schon Ziele zur Reduktion des CO2-Fußabdrucks gegeben. Herausfordernd ist dabei, dass die Datenverfügbarkeit noch weiter verbessert werden muss. Das gilt insbesondere für die wichtigsten CO2-Daten zu „Scope 3“. Auch die Qualität von geschätzten CO2-Daten kann eine Herausforderung sein. Darüber hinaus wird eine quantitative Zerlegung der Fußabdruckveränderungen benötigt, um beispielsweise die Effekte aktiver Umschichtungen in den Portfolios von passiven Veränderungen in den investierten Unternehmen zu trennen. Außerdem gibt es das Dilemma, dass große Reduzierungen insbesondere durch Investitionen in CO2-intensive Unternehmen mit hohem Transition-Potenzial erreicht werden. Dies kann jedoch kurzfristig den Fußabdruck des Portfolios ansteigen lassen. 

Welche Vorteile bringt dir die User Group ESG-Implementierung in der Kapitalanlage, welchen Nutzen ziehst du daraus?

Das Ziel der User Group besteht darin, Ansätze zu entwickeln, wie Nachhaltigkeit mit einem positiven Wertbeitrag (finanziell und nicht-finanziell) in die Kapitalanlageprozesse integriert werden kann. Das funktioniert gerade bei einem so jungen Thema in einem branchenweiten Austausch am besten. Themen wie die optimale Struktur einer ESG-Governance zur Vermeidung von Greenwashing oder die kosteneffiziente Einhaltung neuer regulatorischer Reportingpflichten sind dabei genauso relevant wie die optimale Integration von Nachhaltigkeit in die Anlagestrategien und Investmentprozesse. 

Es gibt ja bereits einige andere Austauschformate zum Thema Nachhaltigkeit in der Kapitalanlage. Was ist das Besondere an der User Group ESG? 

Wir fokussieren in der User Group auf die ursprüngliche Idee des ESG-Konzepts, d. h. auf die Frage, wie ESG gleichermaßen zur finanziellen und nicht-finanziellen Wertschöpfung beitragen kann – sowohl in den jeweiligen Mitgliedsunternehmen aber auch bei der Bewertung von Investitionsobjekten. Dabei geht es um Wertschöpfung durch langfristige Strategien, die auf immaterielle Werte wie z. B. Managementqualität, Unternehmenskultur oder Innovationsfähigkeit abzielen. 

Nach dem erfolgreichen Initialisierungstreffen im vergangenen November findet im Mai nun das 1. Arbeitstreffen der User Group ESG-Implementierung in der Kapitalanlage statt. Welche Themen werden denn bei diesem Arbeitstreffen behandelt?

Ich freue mich auf diverse spannende Vorträge und Diskussionsrunden zu den Themen Impact Investing, Biodiversität, Dekarbonisierungsstrategien und EU-Taxonomie. 

Benjamin Hübel