Rückgedeckte Unterstützungskasse & steuerliche Zweifelsfragen: Im Interview mit Dr. Claudia Veh

Im Interview mit Dr. Claudia Veh zur rückgedeckten Unterstützungskasse im Rahmen der bAV.

Typ:
Blogartikel
Rubrik:
Produktmanagement
Themen:
BAV Alternative Investments
Rückgedeckte Unterstützungskasse & steuerliche Zweifelsfragen: Im Interview mit Dr. Claudia Veh

Seit 15 Jahren gibt es die User Group „Betriebliche Altersversorgung“. 15 Jahre, 30 Treffen – in diesem Jahr hat der Austauschkreis nicht nur sein Jubiläum gefeiert, sondern unter der fachlichen Leitung von Dr. Manuela Wolf erneut den Austausch gesucht. Digitalisierungsprozesse im Bestand, mehrsprachige Arbeitnehmerportale und die rückgedeckte Unterstützungskasse sind nur einige der Themen, die während des zweitägigen Austausches der Expertinnen und Experten diskutiert wurden. Letzteres Thema wurde von Dr. Claudia Veh, Direktorin bei der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, beleuchtet. Zum Durchführungsweg Unterstützungskasse gibt es regelmäßig BMF-Schreiben und Gerichtsurteile, die Klarheit in Bezug auf das Steuerrecht schaffen sollen. Dennoch bleibt ein gewisser Interpretationsspielraum, der zu steuerlichen Zweifelsfragen bei den Versicherern führt.  

Frau Dr. Veh stand nicht nur den Teilnehmenden der User Group Rede und Antwort. Sie hat sich die Zeit genommen und zentrale Fragen zum Thema für unsere Leserinnen und Leser des Fachblogs beantwortet.  

Frau Dr. Veh, wie schätzen Sie die Bedeutung des Durchführungswegs Unterstützungskasse ein? 

Gemessen an den Deckungsmitteln der bAV in Deutschland insgesamt scheint der Durchführungsweg Unterstützungskasse mit rund sechs Prozent der Deckungsmittel eine eher untergeordnete Bedeutung zu haben. Doch es gibt etliche Unternehmen, für die die Unterstützungskasse ein sehr geeigneter und passender Durchführungsweg ist. Das betrifft zum einen die Unternehmen/ Konzerne, die unternehmens- /konzerneigene Unterstützungskassen haben. Also Unterstützungskassen, über die ausschließlich die Arbeitnehmenden des Konzerns beziehungsweise des Unternehmens versorgt werden. Denn diese Unternehmen können die Unterstützungskasse dann genau so gestalten, wie es für ihre Zwecke am besten passt. Das gilt zum Beispiel für die Ausgestaltung der Leistungspläne und die Frage der Finanzierung der Unterstützungskasse. 

Daneben gibt es etliche Unternehmen, die den § 3 Nr. 63 EStG nutzen, aber diesen ganz bewusst und explizit für Entgeltumwandlung und den verpflichtenden Arbeitgeberzuschuss gemäß § 1a Abs. 1a BetrAVG reservieren. Daneben wünschen sie hiervon entkoppelt ein separates Modell für die arbeitgeberfinanzierte bAV. Und hier ist die Unterstützungskasse sehr geeignet, weil man in diesem Durchführungsweg die bAV praktisch für die gesamte Belegschaft über sämtliche Hierarchieebenen hinweg darstellen kann. Das beinhaltet auch Versorgungen, für die das Dotierungsvolumen des § 3 Nr. 63 EStG nicht ausreichen würde. Natürlich wäre das auch in der Direktzusage möglich, aber viele Unternehmen wünschen explizit, dass die bAV keinen Bilanzausweis nach deutscher Rechnungslegung mit sich bringt – und damit sind wir bei der Unterstützungskasse.  

Sehen Sie Verbesserungspotential im Durchführungsweg Unterstützungskasse und wenn ja, wo? 

Ja, das sehe ich. Zum einen sollten die Leistungshöchstgrenzen in § 2 bzw. § 3  KStDV angehoben werden, denn diese sind seit 1993 konstant und damit veraltet. Es ist meines Erachtens widersinnig, wenn man Unternehmen, die generöse bAV-Zusagen erteilen wollen, quasi dazu zwingt, die Leistungen aus körperschaftsteuerlichen Gründen der Unterstützungskasse von oben zu deckeln. 

Weiter wäre es hilfreich, wenn es für den Fall eines vorzeitigen Dienstaustritts eines Arbeitnehmenden eine Lösung analog der versicherungsförmigen Lösung bei Direktversicherung und Pensionskasse gäbe; das macht natürlich nur Sinn bei einer kongruent versicherungsrückgedeckten Unterstützungskasse. Das würde den Arbeitgeber davon entlasten, die unverfallbaren Anwartschaften über Jahre oder Jahrzehnte fortzuführen; daneben kann es auch für den Arbeitnehmenden von Vorteil sein, einen Versicherungsvertrag mit gegebenenfalls attraktiven Rechnungsgrundlagen privat weiterführen zu können. 

Letztlich fände ich es generell sinnvoll, wenn die Finanzverwaltung den Durchführungsweg Unterstützungskasse einmal darauf hin analysiert, ob es irgendwo Regelungs- oder Erklärungsbedarf infolge aktueller Entwicklungen in der bAV gibt. So sind zum Beispiel aktuell Kapitalzusagen mit Ratenoptionen sehr beliebt. Hier stellt sich die Frage, wie das genau in der Unterstützungskasse funktioniert. Wenn zum Beispiel eine Rückendeckungsversicherung fällig wird und die Ablaufleistung an die Unterstützungskasse ausgezahlt wird, diese aber das Kapital nun in beispielsweise drei oder fünf Jahresraten auszahlt: Könnte man dann während der Ratenzahlungsphase (vereinfachungsweise) weiterhin von einer rückgedeckten Unterstützungskasse ausgehen oder „switcht“ man damit zur pauschalierten Unterstützungskasse mit der für sie relevanten Regelung für die Ermittlung des zulässigen Kassenvermögens entsprechend Anlage 1 zum § 4d EStG? 

Warum sollten Ihrer Meinung nach bAV-Spezialisten der Versicherer in dieser User Group bAV dabei sein? 

Früher, als ich noch bei einem Lebensversicherungsunternehmen in der bAV tätig war, habe ich zeitweise selbst als Teilnehmerin an der User Group teilgenommen. Ich fand die Treffen immer sehr fruchtbar und gewinnbringend, da sie einen hohen Praxisbezug haben. Letztlich werden aktuelle Themen wie Entwicklungen am Markt bzw. im rechtlichen Umfeld in die Praxis transferiert. Sehr positiv fand ich auch immer, dass die Teilnehmenden die Agenda bestimmen. Das heißt, man hat die Möglichkeit ein Thema, das einen in der Praxis umtreibt bzw. zu dem man Klärungsbedarf hat, auf die Agenda zu setzen. Hier zeigt sich oft, dass die anderen Teilnehmenden vor den gleichen oder ähnlichen Fragestellungen stehen. Und zu guter Letzt ist es auch immer ein sehr netter Kreis, der hier zusammenkommt. Betonen möchte ich noch, dass sämtlicher Austausch stets unter strikter Einhaltung des Kartellrechts stattfindet.