Ein Jahr nach der Flut: Maklerin Kim Hahn aus Bad Münstereifel über die aktuelle Lage
Kim Hahn ist Versicherungsmaklerin in Bad Münstereifel, einem der Orte, wo 2021 das Jahrhunderthochwasser für immense Schäden sorgte. Wir haben nachgefragt, wie die aktuelle Lage ein Jahr danach ist.
Frau Hahn, wir haben zuletzt im November 2021 für das Kundenmagazin der Versicherungsforen Leipzig miteinander gesprochen. Da sprachen Sie davon, dass es noch viele kaputte Häuser und Straßen gibt. Wie sieht die aktuelle Lage bei Ihnen aus?
Kim Hahn: Es hat sich minimal verbessert. Wir haben immer noch das Problem, Handwerker zu bekommen. Die arbeiten schon rund um die Uhr. Dadurch entsteht natürlich ein Stau. Hier in Bad Münstereifel ist die Hälfte der Stadt saniert. Wir haben wieder ordentliche Gehwege, müssen nicht mehr durch Schutt und Geröll laufen – das ist sehr schön. Die Häuser, die einsturzgefährdet waren, sind mittlerweile alle abgerissen. An den meisten Lücken soll wieder aufgebaut werden. Aber man darf nicht vergessen: Das hier ist Kernstadt Bad Münstereifel. Sobald man raus in die Dörfer geht oder in Richtung Ahr blickt, sehen viele Stellen eigentlich nicht viel anders aus als im November.
Durch den Jahrestag gab es vor Kurzem wieder viel Aufmerksamkeit für die Region. Aber mittlerweile beherrschen mit Krieg in der Ukraine, Gaskrise, Inflation und der anhaltenden Coronapandemie andere Themen die Schlagzeilen. Bekommen Sie noch genug Unterstützung?
Es ist schon so, wenn die Medien weg sind, wird es sehr ruhig. Viele Leute kommen in die Stadt und denken sich, sie bekommen hier Schnitzel und Currywurst mit Pommes. Das ist leider noch nicht so, auch ein Jahr nach der Flut. Ein Jahr ist eine lange Zeit. Aber für mich fühlt es sich immer noch an wie gestern. Und ich würde mir wünschen, dass Gesellschaft und Politik daran denken, dass hier noch unheimlich viel aufzuarbeiten ist. Abgesehen von den äußeren Schäden, den Gebäuden und kaputten Straßen, dürfen wir nicht vergessen, was die Menschen durchgemacht haben. Es gibt viele, die psychisch immer noch massiv zu kämpfen haben. Die zusammenzucken, wenn es anfängt zu regnen; die Angst haben, wenn die Sirenen gehen. Sie stecken ihre Energie in den Aufbau. Aber die Angst, dass es morgen schon wieder so sein könnte, ist sehr groß.
Sie selbst hatten Glück: Ihr Privathaus war damals nicht betroffen und ihr Büro in der ersten Etage wurde ebenfalls von den Fluten verschont. Im Erdgeschoss allerdings, in dem ein Café war, stand das Wasser hoch. Bei unserem Gespräch im November konnte man die Presslufthammer hören. Wie sieht es da zurzeit aus?
Da hat sich tatsächlich seit November nichts getan. Wir haben bis letzte Woche auf einen Elektriker gewartet. Der ist jetzt endlich da und schreibt die Pläne. Und wenn das alles gut ist, dann können endlich Putz, Leitungen und Ähnliches verlegt werden. Was man auch nicht vergessen darf: Die meisten Versicherungen bezahlen einen Ausfall von zwölf Monaten. Jeder Monat danach muss aus der eigenen Tasche bezahlt werden. Und da ist natürlich die Frage, wie lange das überhaupt möglich ist. Und das geht nicht nur dem Café so, sondern auch anderen Unternehmen und Ladenbesitzern.
Wie geht es Ihren Versicherungskundinnen und -kunden: Sind alle Schäden geregelt?
Die „kleinen Schäden“, unter 100.000 Euro, sind alle erledigt. Wir haben keinen einzigen Fall, der vor Gericht gegangen ist, Gott sei Dank. Das finde ich ganz wichtig, dass man da gute Lösungen findet, von Versichererseite aus als auch von Kundenseite. Wir haben jetzt die ersten Kunden, die uns Selfies von ihrer Terrasse schicken, wo sie wieder sitzen können und bis auf kleine Baustellen wieder gut in ihrem Haus leben können. Wir haben ungefähr noch 20 Schäden, die offen sind. Dort geht es um den Wiederaufbau oder sehr große Schäden und das dauert. Ich denke, dass bis auf zwei Schäden alle anderen bis zum 31. Dezember geregelt sind.
Ist die Nachfrage nach Elementarversicherungen immer noch so hoch?
Die Nachfrage ist weiterhin exorbitant. Vor allem die Menschen, die alles verloren haben, sind auf der Suche nach einer Versicherung. Es gibt aber nicht viele Versicherer, die immer noch „nullen“, also den Vorschaden nicht einberechnen. Wir haben drei Versicherer, die da im Moment mit sich reden lassen. Das finde ich schade bei so vielen Wohngebäudeversicherern, die es auf dem Markt gibt. Aber man darf auch nicht unterschätzen, wie viel Geld die Versicherungsbranche teilweise in den Wiederaufbau investieren musste.
Sie haben im November gesagt: „Ich träume davon, irgendwann aus meinem Büro wieder in meine Stadt zu gehen. Die Cafés sind gefüllt, die Geschäfte haben geöffnet und wir können hier einfach nur eine schöne und gute Zeit in dieser Stadt haben.“ Wie nah sind Sie diesem Traum gekommen?
Ich träume immer noch (lacht). Oben in der Stadt sind schon ein paar kleine Geschäfte auf. Bei uns hier unten noch nicht. Ich hoffe, dass sich das bis zum Jahresende ändert. Insofern verändere ich meinen Traum ein wenig: Vielleicht gibt es dann einen schönen kleinen Weihnachtsmarkt mit heißen Maronen oder einer schönen Bratwurst – das wäre toll.