Die Entwicklung des afrikanischen Versicherungsmarktes
In den Industrieländern kann man sich beinahe gegen jedes Risiko versichern lassen und staatliche Renten- und Krankenversicherungen sind weit verbreitet. In Entwicklungs- und Schwellenländern sieht das noch häufig anders aus und die Versicherungsdurchdringung ist auf einem niedrigeren Niveau. Bei der Betrachtung des Kontinents Afrika fällt besonders die große Varianz zwischen den Ländern auf, die sich auf die immensen Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen, Staaten und Gesellschaften zurückführen lassen. Der zweitgrößte Kontinent der Welt umfasst 55 Länder, 2.000 Sprachen und fast genauso viele eigenständige Volksgruppen. So vielfältig Afrika ist, so unterschiedlich ist auch die wirtschaftliche Situation der einzelnen Länder. Der Kontinent verzeichnet zwar einen Reichtum an Rohstoffen, Ackerflächen und jungen Arbeitskräften, allerdings findet die Wertschöpfung oftmals anderorts statt. In einigen afrikanischen Ländern verhalfen wirtschaftliche Reformen, verbesserte Regierungsführungen und hohe Einnahmen aus dem Verkauf von Rohstoffen zu höheren wirtschaftlichen Wachstumsraten, was sich auch auf dem Versicherungsmarkt und der jeweiligen Versicherungsdurchdringung bemerkbar macht.
Die Wirtschaftskraft Afrikas in Zahlen
In der Publikation „World Economic Outlook” stellt der Internationale Währungsfonds (IWF) die Veränderungen des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) für rund 190 Länder dar.[1] Im Jahr 2018 befanden sich unter den ersten zehn Ländern mit der höchsten Zuwachsrate auch sechs afrikanische Staaten. Länder wie Äthiopien, die Elfenbeinküste, Senegal und Ruanda konnten nach Schätzungen des IWFs ein Wirtschaftswachstum von rund sieben Prozent und mehr erreichen. Aufgrund dieser Werte wird Afrika vereinzelt als großer Wachstumsmarkt angesehen. Wenn das BIP der wirtschaftsstärksten afrikanischen Länder allerdings in ein Verhältnis mit anderen nicht-afrikanischen Ländern gesetzt wird, relativiert sich die hohe Wachstumsrate wieder. Im weltweiten Vergleich ist die Wirtschaftsleistung Afrikas gering – der Kontinent macht lediglich drei Prozent der globalen Wirtschaftsleistung aus.[2]
Der Versicherungsmarkt Afrika – viel Luft nach oben
Der größte Versicherungsmarkt nach Prämieneinnahmen im Jahr 2018 ist Südafrika mit rund 42,62 Mrd. Euro.[3] Mit großem Abstand folgen Marokko mit 4,04 Mrd. Euro, Kenia mit 1,88 Mrd. Euro und Ägypten mit 1,39 Mrd. Euro.[4] Nigeria verzeichnete zwar 2018 das größte BIP aller afrikanischen Länder, befindet sich aber nach den Prämieneinnahmen nur an fünfter Stelle. Bisher beträgt der Anteil Afrikas am weltweiten Versicherungsmarkt gerade einmal 1,14 Prozent und die Versicherungsdurchdringung im Jahr 2018 liegt bei den meisten afrikanischen Ländern bei etwa 2 Prozent (mit Ausnahme von Südafrika mit 12,89 Prozent).[5] Aber auch in dem mit Abstand am besten entwickelten Markt Südafrika, bei dessen Bevölkerung aufgrund der starken Mittelschicht großes Potenzial für die Lebensversicherer besteht, behindern strukturelle Probleme mögliche Wachstumschancen.
Die großen Player erkennen im afrikanischen Versicherungsmarkt durch dessen weitgehende Unberührtheit hohes Wachstumspotenzial und haben in den vergangenen Jahren ihr Engagement kontinuierlich ausgebaut. Die Allianz, Europas größter Versicherer, ist 2018 bei der Africa Re eingestiegen, dem in Nigeria beheimateten größten Rückversicherer des Kontinents.[6] Die Swiss Re hatte im selben Jahr ihr Rückversicherungsgeschäft in Afrika ausgebaut und sich eine Lizenz für das Sach- und Haftpflichtgeschäft zugelegt. Auch die Axa und Prudential investieren in den afrikanischen Versicherungsmarkt.
Afrika – technologieaffin und jung
Markteinstieg mit Risiken
In Südafrika stagnierten 2018 die Zahlen aufgrund der schwachen makroökonomischen Entwicklung und der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit, von der vor allem das Segment mit mittlerem Einkommen betroffen ist. In vielen Märkten setzten die geringeren Absatzzahlen die Profitabilität der Branche insgesamt unter Druck.
Noch macht der Versicherungsmarkt in Afrika nur einen sehr kleinen Anteil des weltweiten Geschäfts aus. Einige afrikanische Länder sind mit ihren regulatorischen Voraussetzungen noch weit unter dem europäischen Standard. Allerdings setzen die Versicherer auf das Prinzip Hoffnung und gehen davon aus, dass der afrikanische Markt langfristiges Wachstumspotenzial bietet.
In unserer Septemberausgabe des Podcasts Versicherung 360 werden wir uns dem afrikanischen Versicherungsmarkt widmen. Im Expertengespräch mit Achim Klennert, CEO Hannover Re Group Africa, und Mathias Bock, Future Scientist bei den Versicherungsforen Leipzig, erfahren wir, warum man den afrikanischen Versicherungsmarkt trotz geringen Wachstums auf dem Schirm haben sollte.