simplyLOCAL: Wie eine traditionelle Bank ein regionales Ökosystem schafft
Im Interview mit Jan Hausmann lernen wir das Ökosystem simplyLOCAL kennen.
simplyLOCAL, das Bonusprogramm in deiner Region: Gemeinsam mit dem in Bad Gandersheim ansässigen Unternehmen simply-X GmbH hat die Volksbank eG Seesen die simplyLOCAL GmbH gegründet. In erster Linie bietet das junge Unternehmen ein Bonusprogramm an. Ziel ist es, den regionalen Konsum durch ein Cashback und Punkte-System sowie Informationen zu regionalen Rabattaktionen zu stärken. Inzwischen sind über 130 Händler, Restaurants und andere Unternehmen angemeldet. Sie erhalten durch simplyLOCAL die Möglichkeit, mit ihren Kunden und Interessenten digital zu kommunizieren, sie auf Aktionen aufmerksam zu machen und an ihr Unternehmen zu binden. Besonders für viele kleine Gewerbe bietet sich so die erste Möglichkeit, auf dem Smartphone ihrer Kunden eine Rolle zu spielen. Dafür zahlen die Händler und Unternehmer fünf Prozent des Umsatzes an die Plattform. Davon werden i.d.R. 2,5 Prozent direkt an den Kunden als Vorteil zur Verfügung gestellt.
Valentin Leißner, Versicherungsforen Leipzig, hat mit Jan Hausmann, Geschäftsführer bei simplyLocal und Leiter der Vertriebskoordination bei der Volksbank eG, gesprochen. Im Gespräch der beiden erfahren wir, wie es dem jungen Unternehmen heute geht, was bei der Gründung gut, weniger gut oder vielleicht auch anders hätte laufen können und wie sich das regionale Ökosystem noch weiterentwickelt.
Hinweis: Jan Hausmann wird am 28. September in der Storytelling Lounge unseres Partnerfestivals we.Xplore einen Praxiseinblick zu simplyLocal geben.
Herr Hausmann, wenn Sie simplyLOCAL in drei Worten beschreiben müssten, welche wären das?
Ja, einzigartig, regional, digital. Jetzt sind wir schon bei mehr als drei Worten, aber nachhaltig würde ich auch noch mit reinschummeln wollen.
Die nächste Frage bezieht sich auf die Anfangsphase von simplyLOCAL. Sie sind ja zu Zeiten von Corona gestartet. Wie geht es diesem regionalen Ökosystem denn heute?
Wir sind tatsächlich in der Coronazeit gestartet. Ich kann mich erinnern, dass unser kleines Eröffnungsevent, wo wir Bürgermeister, Vertreter des Stadtmarketings und natürlich auch weitere Teilnehmer eingeladen haben, in einem wirklich kleinen Kreis stattgefunden hat. Eine Großveranstaltung konnten wir natürlich nicht machen. Und sowas wie ein Ladenbesuch war damals auch noch nicht selbstverständlich – oder auch ein Gastronomiebesuch. Wir freuen uns sehr, dass jetzt immer mehr Menschen simplyLOCAL nutzen und wir sehen dort ein Wachstum, auch was die Zahlen angeht. Wir wachsen und gedeihen und freuen uns.
Hinter simplyLOCAL steht mit der Volksbank eine traditionelle Bank. Das hat doch sicher Auswirkungen? Inwieweit spürt man Veränderungen bei der Volksbank?
Die Frage möchte ich gerne mit zwei Perspektiven beantworten: Also einmal ja, das ist richtig, unsere Volksbank eG ist neben simplyX auch noch Partner von simplyLOCAL und damit klar Initiator dieser neuen Company. Wir sind aber nicht im Vordergrund, sondern halten uns dezent im Hintergrund. Was wir als Volksbank gut können, ist das Vernetzen. Was wir aber nicht gut können, ist sowas wie Digitalisierung und mal eben eine App programmieren. Das können wir nicht gut. Da haben wir keine Expertise. Aus diesem Grund haben wir uns dementsprechend auch den Partner ins Boot geholt. Es ist also kein ausschließliches Projekt unserer Volksbank eG, sondern klar ein Mannschaftsprojekt. Trotzdem spüren wir natürlich auch einen kulturellen Wandel bei uns im Haus. Sie müssen sich das so vorstellen: Wir haben simplyLOCAL auch bei unseren Mitarbeitern bekannt machen müssen und haben diese animiert, die App auszuprobieren und uns ein Feedback zu geben. An dieser Stelle haben sich unter anderem folgende Fragen ergeben: „Wie lade ich mir jetzt die App runter? Im App Store?“. Das klingt alles banal, aber fragen sie mal einen älteren Mitmenschen, für den ist das nicht so banal. Wie registriere ich mich? Jetzt krieg ich einen Bestätigungslink. Jetzt kann ich auch noch eine digitale Karte hinterlegen. Die habe ich dann in meinem Wallet. Jetzt lege ich mein Handy einfach auf ein Lesegerät bei meinem Lieblingsgastronomen. Dann kriege ich Punkte gutgeschrieben. Und der zweite Schritt ist das Weiterdenken des Projektes durch die Mitarbeiter. So nach dem Motto: Das wäre doch eigentlich auch was für unsere regionale Feuerwehr, für unsere Ortsfeuerwehr vor Ort oder für unseren Sportverein. Mensch, macht doch mal Punkte übertragen, weil ich möchte gerne die Punkte von meinem Mann übernehmen oder umgekehrt. Baut doch bitte noch die oder die Zusatzfunktion ein. Solche Anforderungen wurden dann im zweiten Schritt an uns gestellt. Also ja, es bringt auch kulturell was, um die Frage abzurunden.
Das waren jetzt alles eher positive Sachen. Was würden Sie sagen, waren denn Herausforderungen? Zum einen während der Gründung und auch jetzt?
Herausforderungen gibt es immer, das ist logisch. Einmal technische Herausforderungen. Also das, was ich gerade geschildert habe. Das gilt eben auch für Mitarbeiter der regionalen Unternehmen, denn auch die müssen sich auf einmal mit einer neuen Technik auseinandersetzen. Auch wenn es vielleicht ganz einfach erscheint, man muss trotzdem immer viel erklären. Zum Beispiel das Lesegerät, das wie ein Taschenrechner zu bedienen ist – da muss man sich erstmal dran gewöhnen. Ob ich jetzt Bäckereifachverkäuferin bin, Fleischereifachverkäuferin oder Kellnerin in einem Restaurant. Das Handling braucht Zeit. Zur Unterstützung haben wir Flyer und kurze, verständliche Anleitungen erstellt, viele Gespräche geführt und überzeugt. Das ist die Lösung und das euer Nutzen.
Nun geht es um einen Blick hinter die Kulissen. Können Sie sagen, welche Zahlungsströme fließen und ob das Projekt überhaupt schon Geld abwirft?
Wir haben mittlerweile schon über 11.000 User, was uns ungemein freut. Zudem haben wir über 20.600 getätigte Transaktionen, seitdem wir gestartet sind. Wir haben einen Umsatz von über 590.000 Euro über das System, das bedeutet Umsatz über das Bonusprogramm bei den Partnern, generiert. Weiterhin wurden auch schon für 12.000 Euro Punkte eingelöst. Es geht eben nicht nur darum, Punkte zu sammeln, sondern am Ende des Tages auch Punkte einzulösen. Und um die Frage zu beantworten: Ja, na klar, es passieren schon Umsätze, Transaktionen und ja, natürlich fließt da auch schon Geld. Dieser Geldfluss beinhaltet sowohl Kosten als auch Erlöse.
Das monetäre Ziel stand hier aber nicht so sehr im Fokus. Also die Frage ist nicht „Wie können wir jetzt am schnellsten möglichst viel Geld verdienen“, sondern die Frage, die uns eher antreibt, ist „Wie können wir nach Möglichkeit am schnellsten User und auch Teilnehmer für dieses Systems generieren?“. Das Geldverdienen kommt am Ende des Tages von ganz alleine und uns ist schon bewusst, dass wir so zwei bis drei Jahre brauchen werden, um überhaupt schwarze Zahlen zu schreiben. Die finanziellen Aspekte spielen natürlich eine Rolle. Es soll ein selbsttragendes System sein und nicht ein subventioniertes System, was immer wieder Geld von außen braucht. Aber wir wissen auch, das ist nicht das erste Ziel. Zuerst wollen wir User und Teilnehmer generieren, also die Bekanntheit steigern. Wir müssen die Frage beantworten „Wie können wir Menschen davon begeistern“. Dann kommt das Geldverdienen am Ende des Tages von ganz alleine.
Jetzt haben wir schon gehört, wie es gerade läuft, aber wenn Sie nochmal starten würden, was würden Sie anders machen?
Ja, das kann ich Ihnen ganz klar sagen. Ich würde versuchen, zum Anfang mehr Investitionskapital einzusammeln, um einfach noch eine größere Kriegskasse zu haben: So kann man noch mehr durchstarten, mit Werbung beispielsweise noch mehr Power draufgeben und gleich Weiterentwicklungskosten in der Hinterhand halten. Also nach Möglichkeit mehr Geld, weil Geld kann man gerade in Gründungs- und Startphasen nie genug haben. Das würde ich anders machen.
Dann jetzt aus der Vergangenheit zurück in die Zukunft. Welche Schritte wollen Sie und das Team als nächstes gehen?
Ja, na klar gehen wir die nächsten Schritte. Aktuell sind wir in intensiven Gesprächen mit Unternehmen aus der genossenschaftlichen Finanzgruppe. Der Bereich Immobilien ist für uns spannend. Mit unserer App sind wir am Point of Sale. Aber wie gesagt, wir sind da schon in intensiven Gesprächen und wir werden dann im genossenschaftlichen Finanzverbund mit strategischen Partnern Kooperationen angehen.
Vielen Dank für das Interview.