#Insights: Vertriebsmanagement in Versicherungen

Ende Juni fand der Messekongress Kundenmanagement in Versicherungen statt. 280 Teilnehmerinnen und Teilnehmer lauschten und diskutierten zwei Tage lang den Themen Kundenmanagement, Vertriebsmanagement, digitale Kommunikation & digitale Services sowie Feedbackmanagement. In vier Beiträgen fassen wir die Impulse und Erfahrungsberichte der Fachforen zusammen. Im zweiten Beitrag widmen wir uns dem Vertriebsmanagement.

Typ:
Blogartikel
Rubrik:
Vertrieb & Kunde
Themen:
Versicherungsvertrieb Maklervertrieb Kundenmanagement
#Insights: Vertriebsmanagement in Versicherungen

Nachhaltigkeit im Vertrieb

Nachhaltigkeit ist das Trendthema in der Versicherungsbranche. Regulatorisch bedingt vor allem im Vertrieb. Dass Nachhaltigkeit mehr ist als ein regulatorisches Übel, zeigte der Vortrag von Tom Simon, Head of Innovation Management bei der Zurich Gruppe Deutschland. Ausgehend von der Nachhaltigkeitsstrategie der Zurich zeigte der Innovationsexperte in seiner Keynote auf, wie die Zurich durch die Verknüpfung der Themen Nachhaltigkeit und Innovation mit den Kundinnen und Kunden in Kontakt tritt und deren Bedürfnisse immer besser erfüllen kann. Denn während das Thema Nachhaltigkeit für die Kundinnen und Kunden immer wichtiger wird, suchen sie gleichzeitig nach validen Informationen und konkreten Unterstützungsmöglichkeiten, um ein nachhaltigeres Leben zu führen. Als Arbeitgeber, Investor, Risikomanager und Teil der Gesellschaft unterstützt Zurich zahlreiche innovative Projekte, Start-ups und (gemeinnützige) Initiativen, um einen aktiven Beitrag zum Schutz unserer Umwelt zu leisten, neue Technologien zu entdecken, aufzuklären und zum Handeln zu motivieren. Praktische Einblicke in Initiativen wie rrreefs, die sich für die Wiederherstellung von Korallenriffen einsetzen, zeigten, wie strategische Ziele mit Leben gefüllt und die Interaktion mit den Kundinnen und Kunden aufgebaut werden kann.

Auch der fachliche Leiter des Vertriebspfades Prof Dr. Matthias Beenken von der Fachhochschule Dortmund widmete sich dem Thema Nachhaltigkeit und gab Einblicke in eine aktuelle Studie.

Der Status quo zeigt, noch nicht überall ist die Nachhaltigkeitsproblematik angekommen. Das betrifft Vermittler wie Kunden beiderseits. Der Vermittler ist jedoch dazu verpflichtet, den Kunden zumindest auf nachhaltige Aspekte in den Versicherungsprodukten hinzuweisen und muss dessen Präferenzen abfragen.

Die Studie der Hochschule hat ergeben: Versicherungen und Nachhaltigkeit werden von den Kundinnen in der Regel nicht zusammengebracht. Zudem ist der Begriff ESG weitestgehend unbekannt. Spannend war, dass 70 Prozent angaben, dass ihnen Nachhaltigkeit wichtig ist, insbesondere in Bereichen wie Heizen, Mobilität und Lebensmittel.

Tom Simon, Head of Innovation Management bei der Zurich Gruppe Deutschland

Customer Centricity ist mehr als nur die technische Umsetzung

„Im Grunde wollen unsere Kunden wiedererkannt, ernst genommen und individuell betreut werden. Dieses Prinzip gilt es mit neuen Technologien neu zu übersetzen.“ 

Karsten Vogel vom mittelständischen Versicherer Uelzner.

In seinem Beitrag führte er aus, welchen Hürden der Versicherer sich dabei stellen muss und mit welchen Maßnahmen diesen begegnet wird. Ein Teil war die Implementierung der Suite von BSI – vorgestellt von Oliver Hechler – als zweites Kernsystem, das komplett vom Kunden her gedacht ist. Dabei wurde das Projekt nicht als technisches, sondern als grundlegende Weiterentwicklung der Kunden- und Vertriebsphilosophie betrachtet. Zusammenfassend sagte Karsten Vogel: „Vertrieb der Zukunft fängt da an, wo wir aufhören, vom Vertrieb als Silo zu sprechen.“ Es sei eine breit angelegte Gemeinschaftsaufgabe, in der der Kunde im Mittelpunkt steht und Technologie Mittel zum Zweck ist.

Christane Balu, Senior CX Sales Manager, und Peter Linnemann, Senior Business Developer CX, beide von der novomind AG, zeigten, wie Kundenanliegen mit Hilfe von Customer Service Software zentral gebündelt und analysiert werden können. Gemeinsam mit der HanseMerkur Allgemeine Versicherung wurde das von novomind entwickelte Tool iAgent eingesetzt, um den Workflow und die Effizienz bei der Bearbeitung von Kundenanliegen zu verbessern. Die Zusammenführung und Bearbeitung erfolgt kanalunabhängig über Business Messenger, E-Mail, Telefon oder andere Kanäle.

Holger Brandau, Leiter Vertriebsservice der BGV Badische Versicherungen, und Torben Tietz, Managing Partner der MSR Consulting Group GmbH, gaben einen Einblick in den Projektablauf einer gemeinsam durchgeführten Kundenbefragung. Mit Hilfe eines von MSR entwickelten Self-Service-Tools für den Kundenservice, kann die Kundenzufriedenheit bis auf die Einzelfallebene abgebildet werden. Die Ergebnisse dienen zur Ableitung konkreter Handlungsansätze für die Kundenorientierung.

„Customer-centric insurance advice – supporting Generali's Lifetime Partner Strategy in the CEE region“ – darum ging es im Vortrag von Lorenzo Bacca von der Generali CEE Holding B.V. und Ralf Widtmann von der riskine GmbH. Sie knüpften damit an die Keynote von Kathrin Schwidder, Head of Strategy and Lifetime Partner Transformation bei der Generali Deutschland AG, an. Bacca zeigte, dass 65 Prozent der Generali-Kunden nur ein Versicherungsprodukt bei dem Versicherer abgeschlossen haben. Es gilt, Wissen über die Kundinnen und Kunden zu bündeln und diesen passende Produkte und Services zur Verfügung zu stellen. Die Generali hat gemeinsam mit riskine eine Lösung entwickelt, die den Kundinnen und Kunden auf einen Blick das individuelle Risiko aufzeigt, den eigenen Versicherungsschutz transparent darstellt und Produktempfehlungen gibt. Die Herausforderung bestand vor allem darin, diese Lösung international auf die CEE-Region auszurollen, da die einzelnen Länder unterschiedliche Produkte oder Regularien aufweisen.

Die Zukunft gehört dem Omnichannel-Vertrieb

„Egal, wo ich abschließe, die Suche beginnt online“,

betonte Carolin Jacobi und nahm die Teilnehmenden mit auf den Weg der Gothaer zum relevanten Digitalversicherer. Anhand der Customer Journey – von der Google-Suche, zum Vergleicher, zur Versicherer-Webseite bis zum Abschluss – zeigte sie auf, welche Maßnahmen die Gothaer hier umsetzt.

Ein wichtiger Aspekt: Der Versicherer weist alle Onlinekunden einer Agentur zu, was weitere Möglichkeiten zur persönlichen Bindung und zum Up- und Cross-Selling erschließt. Auch das Kundenportal als zentraler digitaler Kontaktpunkt und Service-Plattform spielt eine wichtige Rolle. Zum Abschluss beschrieb Carolin Jacobi die drei Leitplanken ihrer Arbeit: „Wir treffen datenbasierte Entscheidungen, haben skalierbare Software-Architektur und nutzen verhaltensökonomische Erkenntnisse.“

Felix Wrobel, Account Manager bei nexsurance GmbH/Ergo Digital Ventures AG, widmete sich in seinem Vortrag den Phonebots, die bei einem Omnichanel-Ansatz nicht fehlen sollten. Bei der ERGO Group AG kommen Phonebots schon länger zum Einsatz. Inzwischen wurden über 30 unterschiedliche Bots programmiert, die eine Erkennungsquote von 97 Prozent haben. Der Bot ist die erste Anlaufstelle des Kunden und leitet die Anrufe in die jeweiligen Abteilungen weiter. Im nächsten Step soll der Kunde noch identifiziert werden mit Angaben wie Versicherungsnummer oder Namen. Aktuell übernehmen die Bots über 6.000 Gespräche am Tag. Auch die Vermittler haben Interesse bekundet. Aus diesem Grund läuft aktuell ein Pilot zum „Rund-um-die-Uhr-Bot“: Die Idee ist, dass die Vertriebspartner sich über eine Self-Service-Plattform ihren eigenen Bot selber personalisieren und konfigurieren.

Der Versicherungsmakler im neuen Fokus

Warum das klassische Kundenmanagement die Maklerkunden oft nicht erreicht, darüber sprachen Sascha Beck von der Concordia und Sarah Hesse von der Brockhaus AG. Bei vielen Maßnahmen werde nur an die direkte Interaktion zwischen Kunde und Versicherer gedacht

 „Der Makler ist in seinem Selbstverständnis der Sachverwalter des Kunden und seine Vertretung gegenüber dem Versicherer.“

Sascha Beck, Concordia

Der Versicherer fungiert hier als Risikoträger im Hintergrund. So müsse bei den Versicherungen ein Verständnis des Maklers als „Endkunde“ einsetzen. „Die erste Priorität von Versicherern muss sein: Versorgt den Makler mit Informationen, so dass er in Prozesse eingebunden ist.“ Bei der Umsetzung von BiPRO-Normen komme es darauf an, das zu machen, was der Makler möchte.

Sascha Beck und Sarah Hesse