Die KI-Verordnung: Eine weitere regulatorische Leitplanke für die Versicherer
Im Interview gibt Prof. Dr. André Liebscher eine praxisnahe Einschätzung zur Risikoklassifizierung und zur regulatorischen Umsetzbarkeit der KI-VO. Zudem erläutert er, warum Versicherer in Sachen Compliance oft besser dastehen, als es auf den ersten Blick scheint.

Mit der EU-KI-Verordnung schafft Europa erstmals einen einheitlichen Rechtsrahmen für den Umgang mit künstlicher Intelligenz. Das Ziel besteht darin, Grundrechte zu schützen, Transparenz zu gewährleisten und die Sicherheit im digitalen Raum zu stärken. Insbesondere für regulierte Branchen wie die Versicherungswirtschaft stellt sich nun die Frage: Was bedeutet die Verordnung konkret für den Einsatz von KI-Systemen im Unternehmensalltag?
„Don’t panic“ betont Prof. Dr. André Liebscher, Professor für Biomedizinische Bildverarbeitung an der Hochschule Kaiserslautern. Im Interview gibt er eine praxisnahe Einschätzung zur Risikoklassifizierung und zur regulatorischen Umsetzbarkeit. Zudem erläutert er, warum Versicherer in Sachen Compliance oft besser dastehen, als es auf den ersten Blick scheint.
Können Sie uns einen kurzen Überblick geben: Was sind die wichtigsten Ziele der KI-Verordnung?
Die EU möchte mit der KI-VO europäische Werte in der KI-Entwicklung verankern. Insbesondere sollen die Grundrechte und die Sicherheit der Bürger durch klare Vorgaben für KI-Systeme sichergestellt werden. Ziel ist die Stärkung des Vertrauens in KI. Transparenz spielt dabei eine zentrale Rolle – Menschen sollen wissen, wenn sie mit KI interagieren. Gleichzeitig dient die Verordnung der Schaffung eines einheitlichen Rechtsrahmens und soll damit eine Fragmentierung des europäischen Binnenmarkts durch nationale Regelungen verhindern.
Ein weiteres Ziel ist die Förderung von Innovation und Wettbewerbsfähigkeit. Ob regulatorische Ansätze dafür das richtige Mittel der Wahl sind, kann jeder für sich selbst entscheiden.
Wie funktioniert die risikobasierte Kategorisierung von KI-Systemen genau und warum ist sie so zentral für die Verordnung?
Der risikobasierte Ansatz ist ein zentraler Bestandteil des Produkthaftungsframeworks der EU. Im Falle der KI-VO werden KI-Systeme in drei Risikoklassen (unannehmbares, hohes und begrenztes Risiko) eingeteilt, aus denen sich die regulatorischen Anforderungen an das KI-System ableiten. Wichtig ist dabei, dass sich das Risiko technologieneutral aus der konkreten Anwendung ergibt. Zusätzlich gibt es noch das Sonderrisiko „mangelnde Transparenz“, welches immer dann zum Tragen kommt, wenn ein KI-System mit Menschen interagiert. Die entsprechenden regulatorischen Anforderungen gelten dann ergänzend zu den Anforderungen aus den drei Basisrisikoklassen. KI-Modelle mit allgemeinem Verwendungszweck (GPAI) werden noch einmal gesondert betrachtet.