Veraltete Kernsysteme bremsen digitale Geschäftsprozesse

Typ:
Blogartikel
Rubrik:
Betrieb & Organisation
Themen:
Prozessmanagement Digitalisierung IT
Veraltete Kernsysteme bremsen digitale Geschäftsprozesse

Die Erwartungen der Kunden an Versicherungsunternehmen hinsichtlich individueller, flexibler und innovativer Angebote steigen stetig. Gleichzeitig wird vermehrt Kosteneffizienz bei sinkenden Margen im Kerngeschäft gefordert. Im Zuge dessen erhöhen sich auch die Anforderungen an die digitalen Geschäftsprozesse. Doch bei vielen Versicherungsunternehmen sind noch Jahrzehnte alte geschäftsrelevante Systeme im Einsatz. Viele basieren sogar noch auf Programmiersprachen aus den 50er Jahren. An innovativen Ideen zur Ablösung der alten Kernsysteme mangelt es nicht. Hohe Umsetzungsaufwände halten die Versicherungsunternehmen jedoch meist von einer uneingeschränkten Umsetzung ab.

Mit der digitalen Transformation stoßen diese alten Systeme jedoch immer mehr an ihre Grenzen und genügen den heutigen Ansprüchen nicht mehr, denn sie sind kosten- und ressourcenintensiv in der Wartung und bieten kaum Möglichkeiten zur Modularisierung und Vernetzung mit moderner Infrastruktur. Die sich stetig weiterentwickelnden Anforderungen des Marktes, das sich verändernde Verhalten der Versicherungskunden und deren Bedürfnis nach individuelleren Absicherungsmöglichkeiten sowie die permanent voranschreitenden regulatorischen Anforderungen, machen ein Handeln unabdingbar. Dementsprechend besteht sowohl bei den fachlichen Prozessen als auch auf Seiten der IT Handlungsbedarf.

Ganzheitliche Sicht auf Unternehmen und Kunden

In vielen Unternehmen wurden die Geschäfts- und IT-Prozesse und die damit verbundenen Applikationen über Jahrzehnte erweitert und verändert. Sie sind organisch gewachsen und von Versicherung zu Versicherung sehr unterschiedlich. Der ganzheitliche Blick ging durch diese Komplexität und Spezialisierung meist verloren. Aus diesem Grund ist eine einfache Ablösung der Altsysteme nicht ausreichend. Es muss eine Analyse der gesamten Prozesslandschaft erfolgen, um die Prozesse konsistent an der umfassenden Digitalisierungsstrategie des Versicherungsunternehmens auszurichten. Hierfür sind Analysemodelle nützlich, mit deren Hilfe sich die Verknüpfungen von Prozessen und Anwendungen nachvollziehen lassen. So kann eine holistische prozessuale Sicht auf Versicherungsunternehmen bis hin zur modellhaften Darstellung der Anwendungsarchitektur ermöglicht werden. Aus den Ergebnissen dieser Analyse lassen sich anschließend konkrete Handlungsempfehlungen ableiten.

Bei prozessualen Faktoren besteht der größte Handlungsbedarf

Prinzipiell wird bei der Ablösung eines Kernsystems zwischen einer Make-or-Buy-Entscheidung unterschieden. Versicherungsunternehmen können entweder eine adäquate Standardsoftware (Buy) nutzen oder eine eigene Individualsoftware (Make) entwickeln. Aber auch eine Kombination aus diesen beiden Optionen ist möglich: Wählen Versicherungen den Ansatz „Make and Buy“, so wird ein Standardprodukt durch sogenanntes „Customizing“ an die internen Prozesse angepasst.

Doch wie entscheiden Versicherungsunternehmen nun, was für sie der richtige Weg ist? Beim Make-Vorgehen sind die hohe Flexibilität und der hohe Autonomiegrad bei der Gestaltung von Vorteil. Jedoch besteht hier auch ein hoher (Weiter-)Entwicklungsaufwand sowie das beträchtliche Risiko, Altlasten in das neue System zu übernehmen. Auf der positiven Seite des Buy-Ansatzes lässt sich verbuchen, dass die Weiterentwicklungen auch out-of-the-box genutzt werden können. Andererseits schränkt die Standardisierung aber die Autonomie der Prozessgestaltung ein und der hohe Standardisierungsgrad bedingt einen Wandel für die Fachabteilungen.

Generell lässt sich sagen, dass der Buy- oder der Make-and-Buy-Ansatz in der Regel günstiger ist als eine komplette Neuentwicklung. Ein wesentlicher Faktor bei der Entscheidung sollte zunächst die Frage sein, inwieweit die eigenen Prozesse von einer Standardsoftware abgedeckt werden. Ist die Abdeckung hoch, ist eine Standardsoftware mit individuellem Customizing für die Restprozesse empfehlenswert.

Um durch die veralteten Systeme im Wettbewerb nicht ins Hintertreffen zu geraten, müssen Versicherungsdienstleister nun trotz des benötigten personellen und finanziellen Aufwands die Weichen für eine umfangreiche Modernisierung ihrer Systeme stellen. Im Markt zeigt sich jedoch, dass die Bereitschaft der Versicherer für einen umfassenden Wandel stetig steigt, angetrieben durch die kontinuierlich steigenden regulatorischen Anforderungen und die immer individuelleren Absicherungsbedürfnisse der Kunden.