Automatisierungsbausteine in der intelligenten Posteingangsverarbeitung

Künstliche Intelligenz (KI) wird oft als Allheilmittel für die erfolgreiche Digitalisierung von Geschäftsprozessen dargestellt. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass optimale Ergebnisse nur mit einer Kombination aus KI und einer gut integrierbaren Systemarchitektur erzielt werden können. Zudem ist die genaue Definition des Begriffs KI zu berücksichtigen: dazu gehören Business-Rule-Engines, maschinelles Lernen von Benutzerverhalten und neuronale Netze, die antrainiert werden müssen. Eine KI ist nur so gut wie die dafür genutzten Trainingsdaten und die dahinterliegenden Stammdaten. Quantitativ ausreichende und qualitativ hochwertige Trainingsdaten sowie eine gute Stammdatenqualität gehören ebenso zu den Erfolgsfaktoren einer erfolgreichen KI wie die darunter liegende Plattform. Gerade im Jahr 2020 war erneut ein Digitalisierungsschub im Zuge der Covid-19-Pandemie zu spüren. Versicherungsunternehmen gehen einer Sonderumfrage des ifo Konjunkturtest Versicherungswirtschaft davon aus, dass sich die Erfahrungen der Corona-Krise positiv auf die digitale Transformation ihres Unternehmens auswirken werden

Typ:
Blogartikel
Rubrik:
Analytik & IT
Themen:
Automatisierung KI / AI / künstliche Intelligenz Prozessmanagement
Automatisierungsbausteine in der intelligenten Posteingangsverarbeitung

Bild: Lukas Blazek on Unsplash

KI ist ein wichtiger Baustein in der Prozesskette

KI rückt im Zusammenhang mit Digitalisierung und der Automatisierung von Geschäftsprozessen oft als „Allheilmittel“ in den Mittelpunkt bei Investitionsentscheidungen für die richtige Digitalisierungslösung. KI kann grob definiert werden als Oberbegriff für die Automatisierung von Entscheidungsvorgängen, „die traditionell den Einsatz menschlicher Intelligenz erfordern“. Dazu gehören neben neuronalen Netzen Business-Rule-Engines oder anhand von Benutzerverhalten maschinell selbstlernende Systeme.

KI ist ein wichtiger und fester Digitalisierungsbaustein. Das hat auch die Versicherungsbranche längst erkannt, die zahlreiche Prozesse bereits erfolgreich automatisiert – so sind KI-Anwendungen im Schadenmanagement, der Risikobewertung oder beim Posteingangsmanagement bereits zu finden. Auf letzteres möchte ich nachfolgend näher eingehen.

Die intelligente Posteingangslösung

Soll der Posteingang eines Versicherungsunternehmens digital und möglichst automatisch verarbeitet werden, muss eine Kette von Einzelschritten erledigt werden:

Es müssen (1.) die unterschiedlichen Eingangskanäle Papier, E-Mail, Fax und Smartphone angebunden werden, (2.) die Dateiformate aus den verschiedenen Eingangskanälen müssen „normalisiert“ werden, damit (3.) die Dokumentstrukturen und Dokumenttypen erkannt werden können, und schließlich (4.) die Inhalte der kommunizierten „Dokumente“ verstanden und verarbeitet werden können.

KI kommt vor allem in den Schritten (3) und (4) zum Einsatz. Im Schritt (3) geht es um die Dokumententrennung bzw. den Dokumentenschnitt und die Bestimmung des Dokumententyps bzw. der Dokumentenklasse. Das ist das Haupteinsatzgebiet der Klassifikation, die meist die sehr schnellen Entscheidungsbaumverfahren und/oder flexiblere neuronale Netze verwendet. In der Praxis werden diese KI-Engines mit Regeln ergänzt, um den Trainingsaufwand für die Engines wirtschaftlich gering zu halten.

Im Schritt (4) geht es darum, bestimmte Informationen wie z. B. Versicherungsnummern, Adressen, Schadennummern sowie Inhalte von Schadensberichten und Gutachten aus dem Gesamtdokument herauszulesen und mit internen und ggf. externen Datenbanken abzugleichen. Anschließend werden die richtigen Entscheidungen und Handlungsschritte ausgelöst. Das ist das klassische Einsatzgebiet der meist regelbasierten Extraktions- und Validierungs-Bots, die automatisch/maschinell mitlernen und so sukzessive die Automatisierungsraten steigern.

Um die Verarbeitungsschritte (1) bis (4) effizient in einem Prozess abzubilden, bedarf es einer Prozessplattform.  Moderne Prozessplattformen erlauben es dem Kunden, die Verarbeitungsschritte schnell und kostengünstig an neue Anforderungen anzupassen, z.B. wenn neue Dokumenttypen hinzukommen oder Geschäftsregeln geändert werden. Natürlich muss die Anbindung des Verarbeitungsprozesses an die Fachsysteme bzw. an das Archiv der Versicherung gewährleistet sein.

Quantität und Qualität der Trainingsdaten

Künstliche Intelligenz ist nichts anderes als gespeicherte natürliche Intelligenz, die präzise und zuverlässig wiedergeben wird. KI entsteht entweder durch vordefinierte Regeln oder durch antrainiertes Verhalten. Die Qualität einer Klassifikation hängt maßgeblich von der Qualität und der Menge der zur Verfügung gestellten Trainingsdaten ab. Erst auf Basis einer repräsentativen Trainingsmenge kann eine KI eine Klassifikationsentscheidung treffen. Im Idealfall kann man bereits auf trainierte KI-Engines zurückgreifen.

Kommen Dokumenttypen oder Sparten mit völlig neuen Klassen hinzu, wird wiederum Training benötigt. Es gilt laut dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik: „Durch ihre inhärente Fähigkeit zu generalisieren, können KI-Systeme auch Eingabedaten verarbeiten, die nicht in den Trainingsdaten vorkommen. Je stärker sich die Eingabedaten jedoch von den Trainingsdaten unterscheiden, desto wahrscheinlicher werden Fehlinterpretationen durch das KI-System.

In einer Welt mit immer neuen Informationen und Daten ist es nach dem erstmaligen Training der KI durch den Menschen demnach nicht getan, die Klassen müssen laufend nachtrainiert werden, sobald neue Daten oder Dokumenttypen hinzukommen. Andernfalls kann eine Fehlinterpretation der KI zu weitreichenden Folgen und hohen Aufwänden in der Nacharbeit führen.

Fachliche Geschäftsregeln, selbstlernende Technologien und gute Stammdaten

Nach erfolgreicher Klassifikation werden aus dem jeweiligen Dokumenttypen entsprechend bestimmte Informationen herausgelesen und in strukturierter Form an nachfolgende Prozesse weitergegeben. Die Extraktion von Fachdaten kann mithilfe neuronaler Netze antrainiert werden – dies erfordert ein extrem hohes Volumen an Trainingsdaten – oder es wird eine Business-Rule-Engine genutzt. Business-Rule-Engines erlauben die Datenextraktion und Verarbeitung anhand fachlicher Geschäftsregeln mit dem Vorteil, dass die Extraktion ohne vorheriges Training erfolgen kann. Das Training erfolgt im laufenden Betrieb mithilfe eines maschinell selbstlernenden Systems auf Basis von KI-Technologie.

Bevor die extrahierten Daten an weiterführende Fachsysteme der Assekuranz gehen, müssen diese verifiziert werden, um falsche Daten in führenden Systemen zu vermeiden.

Für den Abgleich der extrahierten Daten werden Stammdaten genutzt, um die fachlichen Informationen zu verifizieren. Bei schlechten Stammdaten ist der Aufwand für die manuelle Nacharbeit sehr hoch. Eine hohe Qualität der Stammdaten erhöht die Automatisierungsrate signifikant – ganz ohne KI.

KI ist kein Allheilmittel, sondern Teil der Lösung 

Die Kombination der verschiedenen KI-Technologien in der Klassifikation und Extraktion gepaart mit einer guten Stammdatenqualität und quantitativ hinreichenden und qualitativ hochwertigen Trainingsmengen führen zu einer hochwertigen Automatisierung von Geschäftsprozessen. In Zusammenarbeit führen menschliche und künstliche Intelligenz zu den gewünschten Ergebnissen der Effizienz- und Produktivitätssteigerung im Unternehmen. Die Kommunikation mit dem Kunden läuft schnell und zuverlässig, alle Informationen stehen ohne Zeitverlust zur Verfügung und Mitarbeiter können sich im Zuge des digitalen Wandels auf die Kernkompetenzen der Assekuranz konzentrieren.

 

Wir danken Sara Mazzorana von der TCG Process GmbH für den Gasteitrag!

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