Mobilität im Wandel – Chancen und Risiken für Versicherungen identifizieren
Die Mobilität wandelt sich. Zum einen durch neue Werthaltungen und Anforderungen der Kunden, zum anderen durch neue technologische Gegebenheiten. Als Versicherungsunternehmen gilt es, hier den Überblick zu bewahren, denn eines ist sicher: Die Kfz-Versicherung wandelt sich. Neue Produkt, ja sogar neue Geschäftsmodelle gilt es zu entwickeln, um den neuen Anforderungen begegnen zu können. Im Interview mit Rainer Grim, Produktentwickler bei der R+V Allgemeine Versicherung, erfahren wir, wie sich die R+V dieser Herausforderung stellt.
Wie hat sich der Anteil an versicherten E-Fahrzeugen bei der R+V entwickelt?
Bei reinen E-Fahrzeugen haben wir seit 2017 ein Wachstum an Verträgen von über 400 % zu verzeichnen.
Die Mobilität und die Kundenanforderungen sind im Wandel: Wie reagiert die R+V darauf?
Von Seiten der R+V beobachten wir aufmerksam die Veränderungen im Mobilitätsverhalten der Menschen. Teilweise substituieren Kunden ihr Zweitfahrzeug durch die Nutzung von Carsharing-Fahrzeugen. Hier erwachsen neue Risiken, wenn z.B. der Carsharing-Anbieter dem Kunden in der Fahrzeugversicherung nach einem Unfall die Selbstbeteiligung in Rechnung stellt.
Sofern der Kunde bei uns eine Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat, erhält er diese Selbstbeteiligung von uns erstattet, obwohl das Carsharing-Fahrzeug anderweitig versichert ist.
Möglicherweise verändert sich bei unseren gewerblichen Kunden im Rahmen der betrieblichen Mobilität das Reiseverhalten zu dienstlichen Anlässen, wenn für eine Dienstreise nicht nur Zug- oder Flugzeug genutzt werden, sondern am Bahnhof auch Carsharing-Fahrzeug oder E-Scooter. Für diesen Fall muss man sehen, dass für einen solch multimodalen Mobilitätsansatz ggf. Versicherungslösungen bereitstehen.
Wir schreiben uns auch das Thema Kundenbegeisterung auf die Fahne, sodass wir natürlich auch versuchen, regelmäßige unserer Prozesse zu optimieren. Derzeit sind meine Kollegen und ich an der Umsetzung einer Anwendung zur Versicherung von Elektrokleinstfahrzeugen dran. Zielbild ist, dass der Kunde, nachdem er am Point of Sale war, ein komplett digitales Erlebnis wahrnimmt.
Wie identifizieren Sie neue Risiken und Kundenbedürfnisse?
Wir versuchen, die Produkte anhand der Bedürfnisse unserer Kunden zu gestalten. Hierfür ist es wichtig, dass wir dazu im engen Dialog mit unseren Kunden sind.
In diesem Zusammenhang haben wir beispielsweise eine Facebook-Gruppe für Interessierte zum Thema Elektromobilität etabliert. Hier geht es weniger um die werbliche Platzierung von Versicherungsprodukten, sondern vielmehr darum, zu erfassen, welche Herausforderungen unsere Kunden beim Thema Elektromobilität begegnen.
Schlichtes Beispiel: Ein Hemmnis ist neben den Reichweitenängsten das Liegenbleiben mit „leerem“ Akku. Hierauf haben wir in der Form reagiert, dass wir in der Schutzbriefversicherung den Pannenbegriff erweitert haben und unsere Kunden zur nächsten „Stromtankstelle“ abschleppen lassen.
Auch zum Thema Mobilität und Reichenweitenängsten bei Urlaubsfahrten mit einem E-Fahrzeug arbeiten wir an einer Lösung für unsere Kunden.
Im gewerblichen Bereich haben uns viele Fuhrparkleiter über ihre Herausforderung bei der (Teil)- Umstellung von Fahrzeugflotten auf Elektrofahrzeuge berichtet. Freilich sind diese Fragestellungen außerhalb von versicherungsfachlichen Implikationen. Es braucht ein ganzes Ökosystem aus Ladeinfrastruktur, Zugangsmedien, technischen Dienstleitungen, Abrechnungslösungen und digitalen Services. Auch hier können wir für unsere Kunden Kontakt zu einem erfahrenen Partner herstellen.