Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels: Nachhaltigkeit bei der Zurich
Monika Schulze leitet den Bereich Customer and Innovation Management bei der Zurich Gruppe Deutschland. Im Interview spricht sie über die konkreten Pläne, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, wie die Zurich ein nachhaltiges Arbeitsumfeld schaffen will und was wir vom schwedischen Weg lernen können.
Frau Schulze, die Zurich hat sich mit ihrer Nachhaltigkeitsstrategie ambitionierte Ziele gesetzt. Sehen Sie sich als Vorreiter in der Branche?
Wir haben letztes Jahr unsere Nachhaltigkeitsstrategie mit konkreten Zielen und Initiativen vorgestellt und uns zum Ziel gesetzt, eines der nachhaltigsten und verantwortungsvollsten Unternehmen der Welt zu werden. Diesbezüglich haben wir unsere Ambitionen konkretisiert und drei zentrale Handlungsfelder vorgestellt: das Vertrauen in eine digitale Gesellschaft zu fördern, eine nachhaltige Arbeitswelt zu schaffen und einen überproportionalen Beitrag zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels zu leisten.
Unser Fokus wird insbesondere auf der Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels liegen. Hier werden wir als Versicherer die größten Hebelwirkungen entfachen können. Des Weiteren unterzeichnete Zurich bereits 2019 als erster Versicherer den UN „Business Ambition for 1,5 °C Pledge“, der darauf abzielt, die durchschnittliche globale Erwärmung bis 2050 auf 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Wir müssen das Rennen um den Klimawandel gemeinsam und nachhaltig gewinnen. Alle Versicherer und Unternehmen werden einen Beitrag leisten müssen. Unsere Vorreiterrolle besteht meiner Meinung nach darin, dass wir sehr konkret und detailliert unsere Ziele veröffentlicht haben.
Ihr Fokus liegt auf der Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels. Wie können Sie als Versicherer konkret dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen?
Die Zurich Gruppe Deutschland wird auf dem Weg zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels einen überproportionalen Beitrag leisten. Dazu haben wir eine konkrete Rückwärtsplanung verabschiedet. Wir sehen eine maximale Hebelwirkung in unseren vier Rollen:
Als Unternehmen und Arbeitgeber für rund 4.400 Beschäftigte plant Zurich bis 2030 eine CO2-Reduzierung von mehr als 70 Prozent in betrieblichen Abläufen. Dazu werden wir unter anderem unseren Energieverbrauch auf erneuerbare Energien umstellen, die Regularien für Dienstreisen anpassen und gleichzeitig wird in neue Mobilitätskonzepte investiert.
In der Rolle als Investor und Berater will Zurich bis 2050 das Net-Zero-Emissionsziel im Bilanzvermögen erreichen. Bereits bis 2025 soll die CO2-Intensität der Bilanz-Anlagen um 25 Prozent, bis 2030 um 50 Prozent reduziert werden. Mit einem Anlagevermögen von 36 Milliarden Euro verfolgt die Zurich Gruppe Deutschland eine verantwortungsbewusste Anlagestrategie. Darüber hinaus leisten wir einen erheblichen Anteil, als Zurich Gruppe in Deutschland, an den weltweiten wirkungsvollen Impact Investments – rund 1,6 Milliarden US-Dollar von insgesamt 7,2 Milliarden US-Dollar (Stand: 31.12.2021) – und tragen somit dazu bei, die Lebenssituation von Menschen zu verbessern.
Als Versicherer und Risikomanager planen wir, die CO2-Intensität im Commercial Underwriting-Portfolio sukzessive zu reduzieren und unterstützen mit unseren P&C-Produkten und Services die Menschen bei einer nachhaltigen Lebensweise (E-Mobilitätsschutz, Solar, Rebuild better). Auch soll das Angebot für Versicherungen und Services für den Renewable & Clean Energy Sektor ausgedehnt werden. Als Mitgründer der Net Zero Insurance Alliance ist Zurich an der Erarbeitung branchenweit einheitlicher Messkriterien für die CO2-Intensität im Commercial Underwriting Portfolio beteiligt und richtet sein Produkt- und Leistungsspektrum für seine zehn Millionen Retail-Kunden an Nachhaltigkeitskriterien aus.
Als Teil der Gesellschaft engagieren wir uns in langfristigen Projekten. Mithilfe dieser Initiativen sollen Kunden, Partner und die Gesellschaft für das Thema Nachhaltigkeit und den persönlichen Einfluss auf das Klima sensibilisiert werden:
- Zurich und der Weltumsegler und Klima-Botschafter Boris Herrmann haben eine Partnerschaft vereinbart. Ziel ist es, gemeinsam an Nachhaltigkeitsthemen im Bereich Klima- und Ozeanforschung zu arbeiten und für die Negativfolgen des Klimawandels zu sensibilisieren.
- Wir haben mit Boris Herrmann den Planet Hero Award ins Leben gerufen. Mit dem Award zeichnen wir Engagements aus, die dazu beitragen, die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken, Biodiversität zu fördern oder die Ozeane zu schützen.
- Die neuentwickelte Planet Hero App unterstützt uns dabei, klimafreundlicher zu leben. Jeden Tag bieten wir hilfreiche Tipps für ein nachhaltigeres Leben. Die begleitenden Challenges inspirieren, im Alltag selbst aktiv zu werden und einen positiven Beitrag zu leisten.
- Mit dem internationalen Projekt „Zurich Forest“ sorgt Zurich für die Pflanzung von einer Million Setzlinge von bis zu 120 wissenschaftlich ausgewählten einheimischen Arten und unterstützt damit das Wachstum eines gesunden Waldes.
- Unsere Erfahrungen als Risikomanager u. a. aus der Begleitung von Elementarschäden fließt mit ein in den jährlichen Risk-Report, der anlässlich des World Economic Forum in Davos veröffentlicht wird.
Zu Ihren Handlungsfeldern gehört auch, eine nachhaltige Arbeitswelt zu schaffen. Können Sie uns erklären, was genau damit gemeint ist?
Im Rahmen unseres Ansatzes achten wir nicht nur auf eine vielfältige (diversity, equity, inclusion and belonging), sondern auch auf eine, den Bedürfnissen unserer Mitarbeitenden entgegenkommende Arbeitswelt. Mit FlexWork 2.0 (New ways of working post-corona) werden wir unser bewährtes Arbeitsmodell weiterführen und ausbauen. Für uns ist es wichtig, eigene Talente zu identifizieren und intern weiterzuentwickeln und wir haben eine neue Führungs- und Unternehmenskultur implementiert. Darüber hinaus bieten wir unseren Mitarbeitenden einen modernen Arbeitsplatz in nachhaltigen Bürogebäuden mit besonderen Ernährungs- und Sportangeboten sowie weiteren Vergünstigungen (Jobticket, E-Bike-Leasing usw.). Wir sind zudem sehr stolz darauf, im diesjährigen Focus-Ranking der Top-Arbeitgeber den sagenhaften ersten Platz erreicht zu haben.
Sie haben in verschiedenen Positionen und auch Ländern gearbeitet. Nützen Ihnen diese Erfahrungen nun auch bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie?
Jeder, der mich näher kennt, weiß, ich bin ein Schweden-Fan und das Land bildet in vielerlei Hinsicht ein gutes Beispiel. Schweden ist laut einigen Berichten, die Umwelt-, Sozial- und Governance-Komponenten zwischen Nationen vergleichen, das nachhaltigste Land der Welt. Schweden spielt eine bedeutende Rolle in der Arbeit der Europäischen Union für eine nachhaltige Gesellschaft in der Europäischen Union.
Ich würde Schweden als Umweltpionier bezeichnen, da es als erstes Land der Welt im Jahr 1967 ein Umweltschutzgesetz verabschiedete. Schweden war 1972 auch Gastgeber der ersten UN-Konferenz zur globalen Umwelt. Seitdem hat Schweden es geschafft, seine Wirtschaft erheblich zu steigern und gleichzeitig die CO2-Emissionen zu reduzieren. Mehr als die Hälfte der nationalen Energieversorgung Schwedens stammt aus erneuerbaren Energien, und eine umfassende Gesetzgebung zielt darauf ab, die Treibhausgasemissionen weiter zu reduzieren.
Was kann man von Schweden lernen?
Woran aber liegt es – neben den nötigen finanziellen Mitteln –, dass die skandinavischen Länder eine derartige Vorbildfunktion einnehmen? Hier ein paar Dinge, die mir aufgefallen sind: Vielleicht ist es die Nähe zur Natur und auch Familie. Schweden ist auch bekannt für einen hohen Frauenanteil in Führungspositionen und Schweden hat einen hervorragenden Ruf für Innovation. Und nicht zu vergessen: Greta Thunberg ist eine schwedische Klimaaktivistin, die am 20. August 2018 „Fridays for Future“ ins Leben gerufen hat. Sie macht auf den Klimawandel, seine Ursachen und Folgen aufmerksam. Schweden ist auch weit vorne, wenn es um Ressourcenschonung und Recycling geht.
Als Anekdote: Årets julklapp, das Weihnachtsgeschenk des Jahres, wird jedes Jahr in Schweden ermittelt. Nachdem 2017 das E-Bike den Titel bekam, war der Gewinner des letzten Jahres „det återvunna plagget“ – das recycelte Kleidungsstück. Nachhaltige Mode findet so ihren Weg in die schwedischen Kleiderschränke.
Zum Schluss noch eine Frage zu Ihrer persönlichen „Nachhaltigkeitsstrategie“: Haben Sie vielleicht ein, zwei konkrete Nachhaltigkeitstipps, die Sie in Ihrem Alltag umsetzen?
Meine Grundüberlegung und Tipp: Gewohnheiten ändern ist erst mal nicht so einfach. Daher ist es wichtig, neue Gewohnheiten langfristig und mit Spaß zu etablieren. Ein Tool dafür ist unsere Zurich Planet Hero App mit Tipps und Tricks zu nachhaltigem Handeln und sogar einem Klima-Coach. Gerne mal im Apple oder Android Store nachschauen und herunterladen.
Also konkret findet man solche Informationen in der App: Die Art und Weise, wie wir unterwegs sind, hat einen besonders großen Einfluss auf den persönlichen CO2-Fußabdruck. Von den mehr als elf Tonnen Treibhausgas-Emissionen, die in Deutschland jeder Einwohner durchschnittlich pro Jahr verursacht, sind 19 Prozent auf unsere mobile Lebensweise zurückzuführen. Einsparungen in diesem Bereich zählen zu den Big Points im Kampf gegen den Klimawandel. Beispielsweise verbraucht man im Durchschnitt 320 Kilogramm weniger CO2, wenn man die Bahn anstelle eines Inlandfluges nimmt oder spart 100 Kilogramm CO2-Emission durch ein E-Auto anstelle eines Verbrennungsmotors. Ein entscheidender Faktor ist also ein Verzicht auf Flugreisen oder sogar das Auto und nur noch die Bahn zu nehmen oder das Fahrrad. Das alles sind Beispiele aus der Planet Hero App, die mich immer wieder zum Nachdenken und einer Verhaltensänderung anregen.
Ein kleines Beispiel aus meinem Alltag: Meine Brötchen am Sonntagmorgen darf ich schon lange nicht mehr mit dem Auto holen, sondern mit dem Fahrrad. Dafür haben auch meine Töchter gesorgt, die das Thema Umweltschutz schon länger im Blick haben und ihren Eltern nachhaltig den Finger heben.