Bancassurance – Perspektiven und Ausblick in andere Märkte
Wie wird sich der Versicherungsvertrieb über Banken und Sparkassen in den nächsten drei Jahren entwickeln? Wird er zum Kerngeschäft einer jeden Bank gehören? Warum tut sich die Bancassurance in Deutschland so schwer? Diese und weitere Frage haben wir Pierre-Olivier Brassart, CEO BNP Paribas Cardif Germany, und Daniel In der Wische, Chief Sales Officer bei BNP Paribas Cardif, im Beitrag gestellt.
Wird der Versicherungsvertrieb in den nächsten drei Jahren bereits zum Kerngeschäft einer jeden Bank gehören?
Pierre-Olivier Brassart: Bereits heute werden in benachbarten Bancassurance-Märkten bis zu 40 Prozent aller Versicherungen für Privatkunden über Banken vertrieben. Bis dahin ist es in Deutschland noch ein weiter Weg. Die Chancen sind bekannt, der Wille ist da, allein an der Umsetzung hapert es noch. Angesichts der rasanten Entwicklung und den Möglichkeiten, die sich unter anderem durch die Digitalisierung aber auch durch die veränderten Kundenbedürfnisse ergeben, werden wir in drei Jahren sehr viel weiter sein. Mein Eindruck ist aber, dass Banken hinsichtlich des Verkaufs von Versicherungen noch nicht sicher genug sind. Wichtig ist daher ein Schulterschluss zwischen Banken und Versicherungen, um voneinander zu lernen und Vertrauen aufzubauen. Ebenso wichtig ist der Blick in Richtung Plattformen und Online-Vergleichsportale.
Daniel In der Wische: Von Bancassurance profitieren alle Beteiligten. Sie eröffnet Banken und Versicherungen ein nachhaltiges, erfolgreiches Geschäftsfeld. Durch den kundenwertorientierten Ansatz der Bancassurance festigen wir die Loyalität der Kundinnen und Kunden. Dem Vertrieb kommt eine entscheidende Rolle zu, wenn es darum geht, Bancassurance zum Erfolg zu führen: Er erkennt, welcher Kunde wann welches Produkt benötigt, bietet es ihm an und verkauft es ihm.
Was unterscheidet den Bancassurance-Markt in Deutschland und Frankreich? Was können wir daraus lernen?
Pierre-Olivier Brassart: Frankreich gehört zu denjenigen europäischen Ländern, in denen Bancassurance ein etablierter und dominanter Vertriebskanal ist. Französische Banken hatten schon vor langer Zeit die Idee, ihre Vertriebskanäle für den Verkauf von Versicherungen an ihre Kunden einzusetzen. Angefangen mit Lebensversicherungen und Baufinanzierungsabsicherungen, hat sich diese Öffnung über die Jahre zu einem ausgeweiteten und integrierten Versicherungsangebot entwickelt. Inzwischen ist die Produktgestaltung aufseiten der Versicherer und der Vertrieb aufseiten der Banken eng miteinander verzahnt – sicherlich ein Erfolgsrezept.
In welchem Absicherungsbereich sehen Sie das größte Absicherungspotenzial und was behindert derzeit einen durchschlagenden Erfolg?
Pierre-Olivier Brassart: Das größte Potenzial und auch eine Notwendigkeit für die Schaffung von Absicherungsmöglichkeiten sehen wir im Bereich der Absicherung von Immobilienfinanzierungen. Bisher klafft hier in Deutschland eine regelrechte Absicherungs-Lücke. Mit möglichen fatalen Folgen: die Immobilienpreise steigen seit Jahren, ebenso die Kreditsummen und damit die Risiken. Verantwortungsvoll ist eine Baufinanzierung aus unserer Sicht dann, wenn die Kreditnehmer und ihre Familien bei der Entscheidung für eine solche langfristige und im Leben der meisten Menschen größten finanziellen Verpflichtung abgesichert sind. Übrigens zeigen diverse Studien, dass es diesen Wunsch nach Absicherung bei den Menschen gibt. Vielmehr noch hat sich dieser während den Monaten der Pandemie verstärkt.
Daniel In der Wische: Wir arbeiten international bereits sehr erfolgreich im Bereich der Baufinanzierungsabsicherung mit Banken zusammen. Entscheidende Erfolgsfaktoren sind zum einen auf die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden abgestimmte Produkte und zum anderen eine exzellente, ebenfalls auf die Kundenwünsche abgestimmte Vertriebsleistung.
Wie würden Sie das Bancassurance der Zukunft in einem Satz beschreiben?
Daniel In der Wische: Bancassurance ist Vertrieb aus Kundenperspektive gedacht und steht für echte Partnerschaft – zwischen Banken, Versicherern und den Kundinnen und Kunden.