Digitalisierung im Schadenmanagement – 3 Top Trends im Fokus

In diesem Artikel betrachten wir drei Trends im Schadenmanagement, auf die mit digitalen Lösungen reagiert wird.

Typ:
Blogartikel
Rubrik:
Schaden & Leistung
Themen:
Schaden-/Leistungsmanagement Digitalisierung
Digitalisierung im Schadenmanagement – 3 Top Trends im Fokus

Fachkräfte werden in Deutschland knapper, ein Trend der branchenweit und vor allem in der Versicherungsbranche spürbar ist. Eine Analyse der Unternehmensberatung Zeb zeigt, dass bis 2030 über 30 Prozent der Mitarbeitenden durch Verrentung verloren gehen. Besonders betroffen seien Genossenschaftsbanken, Sparkassen und Versicherungen. Deren Altersdurchschnitt liegt den Studienmachern zufolge bei über 47 Jahren. Dieser Wandel fordert Versicherungsunternehmen heraus, ihre Prozesse zu modernisieren und neue Technologien zu implementieren, um den wachsenden Herausforderungen zu begegnen, die nicht nur im drohenden Fachkräftemangel begründet liegen, sondern auch im Digitalisierungstrend und den wachsenden Anforderungen auf Kundenseite. In diesem Artikel betrachten wir drei Trends im Schadenmanagement, auf die mit digitalen Lösungen reagiert wird.  

Steigende Kundenorientierung: Self Services im Schadenmanagement 

Die steigende Kundenorientierung zieht sich im Schadenmanagement durch alle Bereiche. Kundenzentrierung lautet das neue Mantra vieler Versicherer, die den Kunden stets im Blick haben. Schneller, einfacherer, effizienter – Kundenorientierung spiegelt sich heute mehr denn je in digitalen Lösungen wider, die genau auf diese drei Adjektive einzahlen.  

Auch wenn Self Service im ersten Moment nicht unbedingt als kundenfreundlich erscheint, ist es genau das, was sich Kundinnen und Kunden heute zunehmend wünschen. Warum unnötig lange in Warteschleifen hängen, wenn man das Problem schnell und unkompliziert mit einem Klick selbst in die Hand nehmen kann und gleichzeitig den Überblick zum Geschäftsvorfall durch Bearbeitungsstand-Tracking behält? Online-Portale mit Selbsteingabemöglichkeiten ermöglichen es Kundinnen und Kunden, Schäden selbstständig, jederzeit und bequem zu melden. Schnellere Bearbeitungszeiten und sinkende Kosten auf Seiten der Versicherer sind ein weiteres Pro, das für Self Services spricht – eine wahre Win-win-Situation. Zudem ermöglichen Self-Service-Portale die Möglichkeit zur Weiterentwicklung und Anbindung weiterer Services, die auf kostenrelevante Themen der Versicherer einzahlen. So kann die Wahl der Dienstleister, wie Werkstätten, durch die Integration einer Terminvereinbarungsfunktion aktiv gesteuert werden. 

Nach dem Motto „Einfach. Schnell. Transparent“ hat die Zurich Versicherung mit dem digitalen Schadenassistenten für den Bereich Motor genau das umgesetzt. Die Kundinnen und Kunden können über eine App-Lösung die Schadenmeldung im Bearbeitungsprozess tracken – von der Eingabe bis zum Schadenschluss. Zudem bietet die App eine Partnerwerkstattbuchung via Google-Maps-Suchfunktion. Zukünftig soll die Funktion auch auf Non-Motor-Segmente ausgeweitet werden. Der digitale Schadenassistent ermöglicht ein kundengesteuertes Schadenmanagement, in dem die Versicherungsnehmer aktiv in den Prozess eingebunden sind. Eine deutliche Verbesserung der Kundenzufriedenheit und eine effizientere Bearbeitung der Schadenfälle sind das Ergebnis.  

Prozessautomatisierung im Schadenmanagement mit KI, RPA und GenAI 

Künstliche Intelligenz (KI), Robotergesteuerte Prozessautomatisierung (RPA) und generative KI (GenAI) revolutionieren das Schadenmanagement zunehmend. Je länger und unverzweigter der Prozessstrang, umso besser lässt sich dieser automatisieren. Durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz und generativer KI sind auch verzweigte, also kompliziertere Prozesse automatisierbar und es entstehen zunehmend weitere Anwendungsfelder.  KI kann große Datenmengen schnell und fehlerfrei verarbeiten, komplexe Muster erkennen und rund um die Uhr personalisierte Dienste anbieten. Hohe Volumen, repetitiven Aufgaben, komplexe Entscheidungsprozesse oder die Kommunikation mit den Kundinnen und Kunden via Chatbot sind für den Einsatz künstlicher Intelligenz prädestiniert.  

Die Automatisierungsquote der Versicherer kann als fortgeschritten bezeichnet werden. Datenanalysen, präzise Risikobewertung und effizientere Prozesse via RPA und KI sind spartenübergreifend in der Implementierung. Das Schadenmanagement zeigt sich dabei als besonders innovationsfreudig. Das zeigt zumindest jedes Jahr aufs Neue der Messekongress Schadenmanagement & Assistance. Bei der Veranstaltung im April 2024 berichtete u. a. Karin Brandl, Bereichsleiterin Schaden Komposit bei der ERGO Versicherung AG, über den Einsatz von KI in der Betrugserkennung, Prävention und Schadenbearbeitung. Durch den Einsatz von KI können der Expertin zufolge Bearbeitungszeiten verkürzt und Fachkräfte entlastet werden. Die NÜRNBERGER Versicherung setzt auf automatisierte Schadenanlagen mittels KI und spezielle Schadenmasken, um den administrativen Aufwand zu reduzieren. Außerdem wurden der Chatbot Leonard zur Unterstützung bei umfangreichen Vertragsunterlagen, die Entwicklung einer Bildforensik sowie die Weiterentwicklung der Self-Service-Möglichkeiten für Kunden und Vertriebspartner vorgestellt. Unternehmen wie die DEKRA und die HUK-COBURG nutzen Big Data und KI-Algorithmen, um Reparaturkosten präzise vorherzusagen. Zudem setzt auch die HUK-COBURG auf die digitale Schadenmeldungen per App und setzt KI und Telematik-Unfalldaten ein, um Kfz-Schäden auf Fotos zu erkennen.  

Kooperation und Plattformen im Schadenmanagement 

Kooperationen und Plattformen spielen eine entscheidende Rolle im modernen Schadenmanagement. Das Partnerfestival we.Xplore im September 2023 zeigte, wie durch Kooperationen neue Zielgruppen erschlossen werden und innovative Lösungen entstehen können. Beispiele für erfolgreiche Partnerschaft sind die zwischen Zurich und MediaMarkt Saturn oder die bestehenden Kooperationen von HDI. Slobodan Pantelic, Bereichsleiter bei der HDI AG, betonte die Bedeutung des kooperativen Ansatzes durch gleich zwei Beispiele aus dem Schadenbereich. So zahlt die Kooperation mit Porsche auf die Produktinnovation ein. Entstanden ist die kilometerbasierte Versicherung Porsche CarPolicy Flex, bei der der Kilometerstand direkt per API an HDI übermittelt wird. HDI verfolgt zudem das Konzept der Koopetition, bei der Kooperation und Wettbewerb gleichzeitig existieren. Wie eine solche Koopetition genau aussieht, zeigt sich im Joint Venture mit Neodigital, bei dem eine gemeinsame Schadenplattform entwickelt wurde. Diese Zusammenarbeit verbindet die digitale Expertise von Neodigital mit der umfassenden Erfahrung von HDI, so Pantelic. 

Ein weiteres spannendes Beispiel ist die Kooperation der Vereinigten Hagelversicherung und der Kachelmann GmbH. Der Versicherer nutzt präzise Wetterdaten zur Schadenprävention und Produktgestaltung, indem er Wetterprognosen und historische Daten analysiert. In Zusammenarbeit mit der Kachelmann GmbH und unter der Marke meteosol hat die Vereinigte Hagelversicherung ein dichtes Netz von Wetterstationen aufgebaut. Dies ermöglicht genaue Vorhersagen und gezielte Maßnahmen zur Risikominimierung für Landwirte.  

Die Beispiele zeigen, dass durch strategische Partnerschaften Versicherer neben Ressourcen auch Kompetenzen bündeln können, um vom Know-how anderer Akteure zu profitieren.   

Fazit 

Die Digitalisierung im Schadenmanagement ist ein unverzichtbarer Schritt für Versicherer, um den steigenden Anforderungen des Marktes gerecht zu werden. Self-Service-Tools verbessern die Kundenorientierung und Effizienz, während KI und Automatisierungstechnologien Prozesse beschleunigen und optimieren. Kooperationen und Plattformen ermöglichen es Versicherern, innovative Lösungen zu entwickeln und neue Zielgruppen zu erreichen. In einer Zeit, in der Flexibilität, Schnelligkeit und Kundenorientierung immer wichtiger werden, sind diese Trends entscheidend, um sich nachhaltig am Markt zu positionieren und erfolgreich in die Zukunft zu navigieren.  

Wenn Sie einen Einblick in aktuelle Digitalisierungsvorhaben im Schadenmanagement erhalten wollen oder den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Versicherungshäusern suchen, dann seien Sie im September bei der Fachkonferenz „Digitalisierung des Schadenmanagements“ dabei.