Aktuelle Trends in der Mobilität und was Versicherer dabei beachten müssen

Mobilität im Wandel: Entdecken Sie die wichtigsten Fakten zu E-Mobilität, Mikromobilität und autonomen Fahren und was diese Trends für die Versicherungswirtschaft bedeuten.

Typ:
Blogartikel
Rubrik:
Schaden & Leistung
Themen:
Mobilität Personenschadenmanagement Schaden-/Leistungsmanagement
Aktuelle Trends in der Mobilität und was Versicherer dabei beachten müssen

Geschätzte Lesezeit: ca. 4 Minuten

Zentrale Quellen: Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV), Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Statistisches Bundesamt, Kraftfahrt-Bundesamt (KBA)

Inhalte im Überblick:

  • Mobilitätsverhalten: Veränderte Nutzung von Pkw, Rad und ÖPNV nach der Pandemie.
  • Mikromobilität: Sicherheitsrisiken und Unfallstatistiken bei E-Scootern und Pedelecs.
  • Elektromobilität: Marktdynamik nach dem Förderstopp und neue Risiken für die Versicherung.
  • Autonomes Fahren: Rechtlicher Rahmen, Verschiebung der Haftung und neue Geschäftsfelder.


Die Mobilität in Deutschland befindet sich im Wandel – geprägt durch technologische Innovationen, neuen Nutzungsgewohnheiten und wachsende ökologische Anforderungen. Für die Versicherungswirtschaft ergeben sich daraus weitreichende Implikationen. Neue Risiken, veränderte Kundenbedürfnisse und regulatorische Anforderungen erfordern ein tiefes Verständnis der aktuellen Entwicklungen, um zukunftsfähige Versicherungsprodukte und -strategien zu gestalten. In unserem Themendossier 10/2025: Zahlen & Fakten Mobilität haben wir uns intensiv den aktuellen Entwicklungen gewidmet. Im Beitrag geben wir einen Einblick in spannende Zahlen und Fakten.  
 
Hinweis: Das Themendossier kann kostenfrei von unseren Forenpartnern abgerufen und abonniert werden.  

Mobilitätsverhalten der Deutschen im Wandel 

In den vergangenen Jahren hat sich das Mobilitätsverhalten in Deutschland spürbar verändert. Einflussfaktoren wie der demografische Wandel, der zu einer alternden und insgesamt weniger mobilen Bevölkerung führt, sowie der zunehmende Anteil von Remote- und Hybridarbeit haben das Verkehrsaufkommen nachhaltig beeinflusst. Die Corona-Pandemie wirkte zusätzlich als Beschleuniger dieser Entwicklung. Empfehlungen zu Kontaktreduktion und Homeoffice führten zu einem kurzfristigen, aber spürbaren Rückgang alltäglicher Mobilität. 

Das aktuelle deutsche Mobilitätspanel, herausgegeben im Auftrag des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV), bestätigt diese Veränderungen mit konkreten Zahlen. Die durchschnittliche Verkehrsbeteiligung, also der Anteil der Bevölkerung, der mindestens einen Weg pro Tag zurücklegt, lag 2022 bei 85,5 Prozent. Das entspricht einem Rückgang um 4,4 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorpandemiejahr 2019. Während werktags noch 88,7 Prozent der Bevölkerung mobil waren, sinkt dieser Wert am Wochenende auf 77,5 Prozent.  

Auch bei den genutzten Verkehrsmitteln zeigt sich ein Wandel. Der Anteil der mit dem Pkw zurückgelegten Wege sank im Vergleich zu 2019 um sechs Prozentpunkte auf 47 Prozent. Zugleich gewann der nicht-motorisierte Verkehr an Bedeutung – insbesondere Wege zu Fuß, deren Anteil um fünf Prozentpunkte auf 26 Prozent anstieg. Der Radverkehr machte 14 Prozent der Wege aus, während der ÖPNV mit zehn Prozent weiterhin nur eine untergeordnete Rolle spielt. 

Für Versicherer ist diese Verschiebung von hoher Relevanz. Sie verändert nicht nur die Risikostrukturen und Schadenbilder im Straßenverkehr, sondern stellt auch die bisherigen Geschäftsmodelle im Bereich der Mobilitätsversicherung auf den Prüfstand. Flexible, differenzierte und technologieoffene Versicherungsprodukte werden zunehmend zur Voraussetzung, um die sich wandelnden Mobilitätsbedürfnisse adäquat abzusichern. 

Mikromobilität weiterhin im Aufschwung – aber mit sicherheitstechnischen Herausforderungen 

E-Bikes und E-Scooter haben sich in den vergangenen Jahren als feste Bestandteile urbaner Mobilität etabliert. Insbesondere im Bereich der E-Scooter zeigen sich jedoch sicherheitsrelevante Problemlagen. Laut Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) entfallen rund 40 Prozent aller E-Scooter-Schäden auf Leihfahrzeuge, obwohl diese nur 20 Prozent des Bestandes ausmachen. Während auf 100 Leih-Scooter 0,9 Unfälle entfallen, sind es bei privat genutzten Scootern lediglich 0,4. Auch die Zahl der Unfälle mit Pedelecs (E-Bikes) hat sich laut dem Statistischen Bundesamt seit 2014 mehr als verzehnfacht. Besonders auffällig ist der steigende Anteil junger Fahrender unter den Verunglückten. 2023 war fast jede dritte verunfallte Person unter 45 Jahre alt. 2014 lag dieser Anteil noch bei lediglich elf Prozent.  

Die Versicherer fordern daher klarere Regeln und bessere Radwege, um Fußgänger zu schützen. Darüber hinaus sollten Ordnungsämter und Polizei die bestehenden Regeln konsequenter kontrollieren, insbesondere das Verbot der Gehwegbenutzung. Auch technische Verbesserungen können zur Sicherheit beitragen. Darunter fallen größere Räder, Blinker oder automatische Reaktionstests in den Verleih-Apps, um z. B. alkoholisierte Fahrversuche frühzeitig zu erkennen. 

Elektromobilität: Marktdynamik trotz politischer Rückschläge 

Trotz auslaufender Förderung durch die Bundesregierung beim Kauf von E-Autos verzeichnet der Markt für Elektromobilität weiterhin Wachstum. Im Jahr 2024 zeigte sich unter anderem infolge des Förderungsstopps ein Rückgang von rund 27 Prozent. Im Jahr 2025 erholte sich der Absatz. So wurden im April 2025 etwa 54 Prozent mehr rein elektrische Pkw neu zugelassen als im April des Vorjahres. Laut Kraftfahrt-Bundesamt zählt der Bestand in Deutschland mittlerweile über 1,65 Millionen vollelektrische Fahrzeuge. 

Der GDV betont, dass E-Fahrzeuge spezifische Risiken mit sich bringen, etwa durch die komplexe Batterietechnik, die Brandgefahr beim Laden oder den steigenden Reparaturaufwand. Viele Versicherer haben darauf reagiert und spezielle E-Auto-Tarife entwickelt, die neben der klassischen Kfz-Haftpflicht auch Komponenten wie Wallboxen, Ladekabel oder Batterien absichern. 

Parallel dazu zeigen sich marktspezifische Verschiebungen: Der US-Hersteller Tesla, einst Marktführer der E-Mobilität, kämpft in Deutschland und Europa mit einem deutlichen Absatzrückgang. Im Juni 2025 sanken die Neuzulassungen in Deutschland um fast 60 Prozent. Gründe dafür liegen unter anderem in Produktionsumstellungen, einer schwächelnden Modellvielfalt und politischen Kontroversen um Elon Musk, die auch bei gewerblichen Kunden zu Zurückhaltung führen. Laut Medienberichten prüfen mittlerweile rund ein Drittel der Flottenmanager, ob sie Tesla-Fahrzeuge künftig ganz aus ihrem Portfolio streichen. 

Aktuelle Trends Mobilität

Autonomes Fahren: Zwischen technischer Machbarkeit und rechtlichem Rahmen  

Auch die Entwicklung automatisierter und autonomer Fahrzeuge schreitet stetig voran. Deutschland nimmt dabei eine Vorreiterrolle ein. Bereits 2021 wurde gesetzlich ermöglicht, Fahrzeuge mit Automatisierungsstufe 4 (hochautomatisiert) im öffentlichen Raum einzusetzen – vorausgesetzt, sie bewegen sich in genehmigten Betriebsbereichen. 

Die Bundesregierung strebt an, bis 2026 autonome Fahrzeuge in den Regelbetrieb zu überführen. Derzeit sind insbesondere zwei Modelle in der Entwicklung: autonome Taxis für Einzelfahrten und autonome Shuttles für den Einsatz im ÖPNV oder als Sammeltaxi. Pilotprojekte in Städten wie Berlin, Hamburg oder Darmstadt sowie international erfolgreiche Modelle wie das KIRA-Taxi der DB Regio oder die Waymo-Flotte in San Francisco zeigen die realwirtschaftliche Relevanz dieser Technologien. Auch große Anbieter wie Sixt bereiten sich auf den Einsatz automatisierter Mietfahrzeuge vor. 

Dennoch bestehen weiterhin Hindernisse: Die durchschnittliche Lebensdauer von Fahrzeugen liegt bei rund 14 Jahren. Der Austausch in der Flotte erfolgt also nur langsam. Hinzu kommen ungelöste Fragen der IT- und Verkehrssicherheit.  

Für Versicherer bringt autonomes Fahren eine grundlegende Verschiebung der Risikoverteilung mit sich. Haftungspotenziale verlagern sich vom Fahrenden hin zum Hersteller oder Softwareanbieter. Es bedarf neuer Versicherungsmodelle, die Hardware- und Softwarefehler ebenso berücksichtigen wie Systemausfälle oder Cyberrisiken. Studien wie die von Goldman Sachs gehen davon aus, dass sich die durchschnittlichen Versicherungskosten in diesem Segment in den kommenden 15 Jahren um über 50 Prozent reduzieren könnten, da automatisiertes Fahren potenziell zu weniger Unfällen führt. Zugleich ergeben sich neue Geschäftsfelder im Bereich Flottenversicherung, On-Demand-Versicherungen und Cyber-Absicherung, insbesondere für Anbieter automatisierter Transportlösungen im gewerblichen Kontext.

Der Mobilitätswandel als strategische Chance für die Versicherer 

Die fortschreitende Transformation der Mobilität stellt die Versicherungswirtschaft vor komplexe Aufgaben, bietet aber zugleich erhebliche Chancen für Innovation, Differenzierung und Nachhaltigkeit. Der Blick auf die aktuellen Entwicklungen zeigt: Die Zukunft der Mobilität wird vielfältiger, digitaler und elektrischer. Versicherungsunternehmen, die frühzeitig auf veränderte Mobilitätsmuster reagieren, neue Risiken antizipieren und technologische Entwicklungen strategisch begleiten, können sich als relevante Akteure in einem sich wandelnden Ökosystem positionieren. 

 

Quellen: 

https://www.bmv.de/SharedDocs/DE/Anlage/G/verkehr-in-zahlen24-25-pdf.pdf?__blob=publicationFile 

https://mobilitaetspanel.ifv.kit.edu/downloads/Bericht_MOP_22_23.pdf 

https://www.kba.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Fahrzeugbestand/2025/pm10_fz_bestand_pm_komplett.html#

https://www.electrive.net/2025/05/06/elektro-neuzulassungen-in-deutschland-weiter-im-aufwaertstrend/ 

https://versicherungswirtschaft-heute.de/maerkte-und-vertrieb/2025-06-11/goldman-sachs-ueber-autonomes-fahren-versicherungskosten-gehen-in-den-naechsten-15-jahren-um-mehr-als-50-prozent-zurueck/ 

https://www.insurancejournal.com/news/national/2025/06/11/827020.htm

https://www.gdv.de/gdv/themen/mobilitaet/autonomes-fahren 

https://www.gdv.de/gdv/medien/medieninformationen/e-scooter-setzen-sich-auf-deutschlands-strassen-durch-185626 

https://www.gdv.de/gdv/medien/medieninformationen/e-scooter-viele-unfaelle-durch-leih-flotten-149344 

https://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2025-03/tesla-verkaufszahlen-gesunken-europa