Circular Economy – (k)ein Thema für Versicherer?

Im Beitrag geht es um die Bedeutung der Kreislaufwirtschaft für Versicherungen.

Typ:
Blogartikel
Rubrik:
Strategie & Innovation
Themen:
Nachhaltigkeit
Circular Economy – (k)ein Thema für Versicherer?

Um die Folgen des Klimawandels zu begrenzen, ist eine Transformation des Wirtschaftssystems hin zu mehr Nachhaltigkeit erforderlich. Ein zentraler Baustein ist dabei der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, die insbesondere durch Recycling und Abfallvermeidung eine möglichst effiziente Nutzung begrenzter Ressourcen anstrebt. Während der Fokus dabei oftmals auf dem produzierenden Gewerbe liegt, eröffnen sich bei näherer Betrachtung zahlreiche Möglichkeiten, wie Versicherungsunternehmen zur Förderung der „Circular Economy“ beitragen können. 

Die Kreislaufwirtschaft zielt darauf ab, durch Wiederverwendung und Recycling von Rohstoffen und Produkten den Ressourceneinsatz zu reduzieren und Abfälle zu vermeiden. Im Gegensatz zur linearen Wirtschaft, bei der Rohstoffe gewonnen, zu einem bestimmten Zweck verwendet und anschließend größtenteils entsorgt werden, wird bei der Kreislaufwirtschaft der gesamte Lebenszyklus der verwendeten Materialien betrachtet. Dies beginnt bei der Gewinnung von Rohstoffen und umfasst neben Herstellung und Nutzung von Produkten auch deren Verwertung nach Ablauf der Nutzungsdauer.

Von besonderer Bedeutung ist dabei das Produktdesign, das auf die effiziente Nutzung von Ressourcen und die Verwendung möglichst nachhaltiger Rohstoffe abzielt. Auch die Sharing-Economy, also die gemeinsame Nutzung von Gegenständen anstelle von eigenem Besitz, kann der Kreislaufwirtschaft zugeordnet werden.

Sind Circular Economy und Kreislaufwirtschaft dasselbe?

Jein. Der Begriff „Kreislaufwirtschaft“ wurde in Deutschland bislang eher im Kontext der Abfall- und Recyclingwirtschaft verwendet. Er beschreibt in erster Linie eine funktionierende Abfall- und Sekundärrohstoffwirtschaft, bei der es darum geht, Abfälle zu vermeiden, zu verwerten und ordnungsgemäß zu beseitigen. Nachdem die Europäische Kommission im Jahr 2015 einen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft veröffentlichte, der darauf abzielt, das Wirtschaftssystem von einer linearen hin zu einer „Circular Economy“ zu transformieren, wird der Begriff der Kreislaufwirtschaft oftmals auch als deutsche Übersetzung dieser deutlich umfassenderen Definition verstanden.

Das lineare Wirtschaftssystem ist mit einem hohen Ressourcenverbrauch verbunden, der Treibhausgasemissionen verursacht und so zur globalen Erwärmung beiträgt. Der Übergang zum System der Kreislaufwirtschaft, in dem Wirtschaftswachstum nicht mehr zwingend mit steigendem Rohstoffverbrauch einhergeht, kann in mehrfacher Hinsicht zum Umweltschutz beitragen. Durch die konsequente Wiederverwertung von Rohstoffen und die Maximierung der Nutzungsdauer im Sinne der Kreislaufwirtschaft können signifikante Einsparungen von Treibhausgasen erreicht und das Abfallaufkommen reduziert werden. Der Abbau und die Verarbeitung natürlicher Ressourcen verursachen aber nicht nur Treibhausgasemissionen, sondern tragen auch zur Wasserknappheit, Schädigung der Böden und Reduzierung der Biodiversität bei. Weiterführende Auswirkungen sind unter anderem gesellschaftliche Konflikte, steigende Gesundheitsrisiken sowie hohe wirtschaftliche und soziale Kosten.  Sowohl auf internationaler als auch nationaler Ebene gibt es Bestrebungen, diesen negativen Folgen entgegenzuwirken. Im europäischen Kontext definiert die EU-Taxonomie Kreislaufwirtschaft als eines der sechs Umweltziele. Auch mit diesem Beitrag soll das Ziel des europäischen „Green Deal“ verfolgt und Europa bis 2050 zu einem klimaneutralen Kontinent werden.

Versicherungen können auf vielfältige Weise zur Transformation beitragen

In ihrer Rolle als Versicherungsgeber können Versicherungsunternehmen sich für die Kreislaufwirtschaft einsetzen, indem sie beispielsweise bei der Schadenregulierung das Prinzip „Reparieren statt Ersetzen“ anwenden, sofern dies möglich ist. So fördert beispielsweise die Axa in der Schweiz die ressourcenschonende Reparatur von kleineren Kfz-Schäden. Die Allianz forderte auf ihrem Autotag im Oktober 2022 eine einheitliche Zertifizierung von Kfz-Werkstätten nach Nachhaltigkeitskriterien auf EU-Ebene und erklärte, dass eine europaweite Erhöhung der Reparaturquoten um zwei Prozentpunkte zu einer Einsparung von CO2-Emissionen in Höhe von knapp 30.000 Tonnen führen könne.

Innovative Geschäftsmodelle fördern die Kreislaufwirtschaft

Auch einige Start-ups haben die Kombination von Versicherung und Kreislaufwirtschaft für sich entdeckt und neue Geschäftsmodelle entwickelt. So bietet beispielsweise das schwedische Start-up Omocom eine Versicherungslösung für Mietgüter und Gebrauchtwaren. Ihr Produkt richtet sich an Anbieter von Sharing-Plattformen und versichert als Gruppenversicherung alle über die betreffende Plattform vermieteten Güter vor Beschädigung, Diebstahl und Verlust, sofern nicht bereits ein Versicherungsschutz, z. B. im Rahmen einer Hausratversicherung, besteht. Auf diese Weise wird das Verleihen oder Vermieten von Gegenständen, Autos oder Ferienwohnungen für die Kundinnen und Kunden attraktiver. Ein weiteres Start-up, das sich für die Förderung der Kreislaufwirtschaft einsetzt, ist das Berliner Unternehmen FixFirst. Es bietet eine Softwareplattform, die drei Gruppen von Akteuren miteinander vernetzt: Hersteller bzw. Händler, Serviceanbieter (z. B. für Reparatur, Wartung und Überholung) sowie Produktnutzer und -nutzerinnen (Privatpersonen oder Unternehmen). Durch die Bereitstellung verschiedener individualisierbarer Softwarelösungen soll die Reparatur von Gegenständen erleichtert werden.

Kreislaufwirtschaft bietet auch finanzielle Vorteile

Als Akteure auf dem Finanzmarkt können Versicherer das Ziel der Förderung einer Kreislaufwirtschaft  bei der Auswahl ihrer Kapitalanlage berücksichtigen. Im Bericht „Financing the circular economy – Capturing the opportunity“ der Ellen MacArthur Stiftung erläutern die Autoren, wie sehr das Interesse des Finanzsektors am Thema in den vergangenen Jahren gewachsen ist. Auch für die Zukunft sehen sie in diesem Bereich großes Potenzial, unter anderem aufgrund einer höheren Resilienz der Lieferketten in der Kreislaufwirtschaft. Auch eine unmittelbare Förderung von Circular-Economy-Initiativen ist möglich, wie die Wuppertaler Barmenia Versicherung zeigt. Sie unterstützt das Projekt „Circular Valley“, das sich in der Metropolregion Rhein-Ruhr für Kreislaufwirtschaft einsetzt und im Rahmen des Circular Economy Accelerator Programms innovative Start-ups fördert und vernetzt. Auch finanziell können sich Maßnahmen zur Förderung einer Kreislaufwirtschaft im eigenen Unternehmen lohnen – nicht nur für Versicherungsunternehmen, die aufgrund ihrer Größe womöglich beachtliche Einsparpotentiale aufdecken könnten. Naheliegend wäre beispielsweise die Beschaffung gebrauchter Hardware oder die Spende nicht mehr benötigter Technik an Initiativen, die die Altgeräte aufbereiten und spenden. Eine weitere Möglichkeit bietet die Nutzung der Abwärme von Serverschränken zur Beheizung von Firmengebäuden, wie es vom Dresdner Unternehmen Cloud & Heat angeboten wird. Die vorgestellten Beispiele zeigen, dass das Thema Kreislaufwirtschaft in der Versicherungsbranche angekommen ist und es für Versicherungsunternehmen zahlreiche Möglichkeiten gibt, sich zu engagieren.

 

Ein Beitrag aus unserem Center for Sustainable Insurance!

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