Wie InsurTechs der Lebensversicherung wieder Leben einhauchen

Typ:
Blogartikel
Rubrik:
Strategie & Innovation
Themen:
BAV Berufsunfähigkeitsversicherung Lebensversicherung Digitalisierung
Wie InsurTechs der Lebensversicherung wieder Leben einhauchen

Die Lebenssparte hat es schwer: Gebeutelt von Niedrigzinsen und zu komplexen, wenig flexiblen Produkten, wird es immer schwieriger, den Kunden zu erreichen. Erst Ende Juni verkündete die ARAG, dass die BaFin dem geplanten Verkauf der ARAG Lebensversicherung an die Frankfurter Leben-Gruppe zugestimmt hat. Auch die Generali liebäugelt Medienstimmen zufolge mit dem Verkauf der Lebensversicherungssparte.

Unbeeindruckt von diesen Entwicklungen gibt es junge Unternehmen, die der Sparte neues Leben einhauchen wollen und an attraktiven Lösungen für den Kunden feilen. Vor wenigen Wochen machte Getsurance mit der ersten digitalen Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) Schlagzeilen. Der Onlineabschluss kommt mit wenigen Gesundheitsfragen aus und setzt auf eine Reduzierung der sonst üblichen Komplexität. Der Kunde erhält sofort Versicherungsschutz und sieht sich nicht mit einer langwierigen und bürokratischen Gesundheitsprüfung konfrontiert.

Ein weiteres Stiefkind der Lebensparte ist die betriebliche Altersvorsorge (bAV). Mit digitalem Enthusiasmus hat das Hamburger Start-up Penseo das Thema bAV auf seine Agenda gehoben. Penseo will Unternehmen über die Chancen der bAV informieren und den Abschluss sowie die Verwaltung der Verträge erleichtern – das Ganze natürlich digital.

Wir haben beide Unternehmen interviewt und erfahren, was die Start-ups antreibt und wie sie ihre Kunden erreichen wollen.

 

Seit Mitte Juni bietet ihr Deutschlands erste digitale Berufsunfähigkeitsversicherung (BU)! Wie war die Resonanz bisher? Was treibt euch an?

Die Resonanz ist großartig! Die Süddeutsche und FAZ haben über uns berichtet, die Stiftung Warentest hat die Einfachheit unseres Online-Abschlusses gelobt. Auch von unseren ersten Kunden haben wir super Feedback bekommen. Vor allem Kunden, die zuvor bei anderen Anbietern eine BU beantragt haben, sind begeistert, denn die mehrwöchige Risikoprüfung der traditionellen Versicherer erfolgt bei uns in wenigen Sekunden. Uns treibt die Mission an, so viele Menschen wie möglich gegen biometrische Risiken zu versichern. Unsere neuartigen digitalen Produktkonzepte machen den Antrag und die Beratung so einfach und kundenfreundlich wie nie zuvor.

Warum habt ihr euch bei eurem ersten Produkt ausgerechnet für die Berufsunfähigkeitsversicherung entschieden?

Die BU ist die größte Baustelle der Versicherungsbranche. Jedes Jahr wird weniger Neugeschäft geschrieben, obwohl es mehr Erwerbstätige gibt. Das liegt daran, dass die Versicherer keine digitale Lösung für die Generation Y haben. Eine solche Lösung haben wir jetzt gebaut. Die Digitalisierung der Biometrie ist eine spannende Herausforderung für uns – viel interessanter als digitale Sachversicherungen, die es ohnehin schon gibt.

Ihr verzichtet bei eurer Berufsunfähigkeitsversicherung auf umfangreiche Gesundheitschecks und versichert eigentlich jeden schnell und unkompliziert. Macht ihr euch keine Sorgen, dass bei euch die Kunden landen, die bei anderen Versicherungen an zu hohen Prämien oder Ausschlüssen gescheitert sind?

Unsere Gesundheitsfragen sind stark vereinfacht, aber unsere Risikoprüfung ist dadurch nicht weniger streng. Dank unseres innovativen Konzepts aus drei Leistungspaketen können wir mehr Menschen versichern als jeder andere Anbieter. Wer bei unseren Mitbewerbern an zu hohen Prämien oder Ausschlüssen gescheitert ist, bekommt bei uns in der Regel nicht den vollen Schutz, sondern schließt ein kleineres Leistungspaket ab. Außerdem beobachten wir derzeit positive Selektionseffekte: Viele junge, gesunde Menschen schließen bei uns ab, weil sie sich nicht mit einem Makler treffen wollen.

 

Penseo will die betriebliche Altersvorsorge digitalisieren und somit Vorteile für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber schaffen. Wie reduziert ihr die Komplexität und Intransparenz?

Unser Ansatz fokussiert sich direkt auf den Arbeitgeber und Arbeitnehmer als Kunden. Wir mussten uns also Gedanken machen, wie wir die Informationen, die der klassische Vermittler sonst auf der Tonspur bzw. in Person übermittelt, anderweitig und komplett digital bereitstellen können. Im Fokus steht der bAV-Vertrieb sowie die Betreuung als Self-Service – selbstredend komplett digital. Wir haben hier, insbesondere durch die Umstellung der Vergütungslogiken und dem klarem Fokus auf die Optimierung der Transaktionskosten, die Komplexität und Intransparenz reduzieren können. Wir werden dies aber anhand von Kundenfeedback weiter optimieren.

Ihr nehmt die Rolle des digitalen Finanzberaters ein. Mit welchen Partnern arbeitet ihr aktuell zusammen?

Wir arbeiten aktuell mit einer Handvoll ausgewählter deutscher Versicherer zusammen, die uns bAV-Direktversicherungen auf Nettobasis, mit sinnvoll unterstützten digitalen Prozessen für Dokumentation und Betreuung, bereitstellen. Leider ist hier marktseitig noch so einiges im Argen, daher arbeiten wir mit bestehenden und weiteren Partnern an der Konzeption eines komplett neuen bAV-Produkts mit optimierten Kostenstrukturen. Das betrifft insbesondere den Bereich der Kapitalanlagekosten.

Der bAV-Verband sieht schwere Zeiten auf Makler und Vermittler zukommen. Inwieweit wird sich das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG), welches 2018 in Kraft treten soll, auf euer Geschäftsmodell auswirken? 

Wir lieben das BRSG schon jetzt. Es war de facto einer der Treiber, der uns in Sachen Gründung von Penseo getrieben hat. Wir haben viele Ideen und Anregungen, die in der Phase der Gesetzesentstehung aufkamen, bereits bei uns prozessual vorgesehen und einhergehend gelöst, wie beispielsweise das Thema Double-Opt-out des Arbeitnehmers zum bAV-Angebot des Arbeitgebers. Warum? Weil es Sinn macht und digital unterstützt überhaupt kein Problem oder Mehraufwand darstellt. Zudem halten wir es für eine sinnvolle Maßnahme, dass der Arbeitgeber hier etwas nachhakt, weil er mit dem bAV-Angebot ja tatsächlich Gutes tun will. Auch das Thema Vergütungsanpassungen finden wir im Rahmen des BRSG sehr spannend: Konkret, dass es durch das BRSG neue Vertriebsansätze geben wird, die die Aufklärung und den Dialog hin zum Abschluss, aber auch die Verwaltung der bAV grundlegend optimieren und diese somit zeitgemäßer, kosteneffizienter und transparenter macht.

Apropos Gesetzesänderungen: Neben dem BRSG finden wir auch die Vorschläge und Initiativen rund um PEPP (Pan-European Pension Product) extrem spannend. In Teilen ist dieses eine hervorragende Blaupause, wie wir unser eigenes bAV-Produkt und einhergehende Prozesse gestalten, damit hier eventuell Möglichkeiten der privaten Vorsorge perspektivisch aufgenommen werden können.

Fazit: Wir sehen durch die Gesetzesänderungen im Bereich geförderter und privater Altersvorsorge statt schwerer Zeiten eher blühende Landschaften anstehen.

Was sind eure nächsten Schritte? Wann startet ihr? 

Wir starten Anfang August 2017 mit dem Onboarding von ersten Pilotkunden, damit wir hier durch die ersten Erfahrungen auch direkt unsere bestehenden Logiken und Prozesse sowie Produktangebote im laufenden Prozess ausbauen und optimieren können. Im Herbst steht die Konzeption unseres ersten eigenen bAV-Produkts an, welches wir in der Rolle eines digitalen Assekuradeurs in Zusammenarbeit mit Versicherern und Experten rund um das Thema Kapitalanlage auf die Beine stellen werden – mit den genannten Fokusthemen Prozess-, Kosten- und Transparenzoptimierung.

 

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