Messekongress Kundenmanagement in Versicherungen 2024: Ein umfassender Rückblick

In dem Beitrag geben wir einen Einblick in die Impulse des Messekongresses.

Typ:
Blogartikel
Rubrik:
Vertrieb & Kunde
Themen:
Kundenmanagement Versicherungsvertrieb
Messekongress Kundenmanagement in Versicherungen 2024: Ein umfassender Rückblick

Der Messekongress Kundenmanagement in Versicherungen 2024 in Leipzig war ein voller Erfolg. 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie 31 Aussteller und ca. 70 Referentinnen und Referenten trugen zu einem vielfältigen Programm bei. Im Fokus standen die neuesten Entwicklungen und Innovationen im Kundenmanagement der Versicherungsbranche. Im Beitrag geben wir einen Überblick zu den aktuellen Trends und Herausforderungen im Kundenmanagement und Vertrieb. Dabei handelt es sich um einen Auszug aus einer Vielzahl an spannenden Impulsvorträgen. Wenn Sie sich für die einzelnen Impulse der Referentinnen und Referenten interessieren, dann besuchen sie die LinkedIn-Seite Kundenmanagement & Vertrieb in Versicherungen. Hier haben wir die einzelnen Fachforen inhaltlich ausführlich begleitet.

Voice of Customer: So fließt das Kundenfeedback in die Prozesse der Versicherer ein

Moments of Voice: Kundenfeedback effizient nutzen

Prof. Dr. Andreas Schöler führte durch das Thema Moments of Voice – damit sind richtungsweisende Beziehungsmomente gemeint, die via Push- und Pull-Prinzip die Organisation erreichen. Ein Push Moment of Voice ist die klassische Beschwerde, also Kommunikation, die vom Kunden ausgeht. Pull ist Feedback, das das Unternehmen aktiv initiiert. Um einen Überblick zu den Moments of Voice zu erhalten, empfiehlt der Experte das Erstellen einer Voice-Map, die alle Kundenkontaktpunkte abbildet. Nicht zu vernachlässigen ist zudem die Feedback-Experience, die von Umständen vor (Wie kann ich Feedback abgeben?), während (Empathie und aktives Zuhören) und nach (wertschätzende Rückmeldung durch Versicherer zu Feedback) des Feedbacks bestimmt wird.

„Was sind die Erwartungen unserer Kundinnen und Kunden und wie nehmen sie den Feedbackprozess wahr?“ – diese Frage gilt es zu beantworten.
 

Tanja Lux, Gruppenleiterin Abteilung Vertragsservice bei der Süddeutsche Krankenversicherung a.G., und Kathrin Lindner, Manager Operations bei der verbaneum GmbH, zeigten anhand einer Kunden-Nachkontaktbefragung, wie wichtig das Pull-Prinzip für die Kundenzentrierung ist. In einer dreimonatigen Projektphase hat der Versicherer eine Zufriedenheitsbefragung aufgesetzt und in den Beratungsprozess implementiert. Die ersten Ergebnisse zeigen, dass die Teilnahmequote sehr hoch ist. Die Durchdringung bei den Beraterinnen und Beratern jedoch noch unzureichend ist. Eine interne Befragung hat gezeigt, dass diese aus zwei wesentlichen Gründen die Befragung nicht mit den Kundinnen und Kunden teilen: Zum einen haben diese Angst vor Zurückweisung, zum anderen führt ein hohes Anrufaufkommen und das Bedürfnis, die Wartezeit der folgenden Anrufer nicht unnötig zu verlängern, zur Auslassung der Zufriedenheitsbefragung.

Design Thinking und ChatGPT

Frank Pöhlmann von der Versicherungskammer Bayern präsentierte die Nutzung von Design Thinking und ChatGPT zur Verbesserung der Customer Journey. Er zeigte auf, wie „synthetische Kunden“ durch KI schneller und kostengünstiger Feedback geben können, betonte jedoch die Notwendigkeit einer kritischen Betrachtung der Ergebnisse.

Kundenmanagement: Von Behavior Economics zu Customer Experience Management

Die Chancen der Bancassurance

Evi Popp, Mitglied des Vorstands bei der neue Leben Lebensversicherung AG betonte in ihrer Keynote die Bedeutung eines ganzheitlichen Ansatzes, der digitale und persönliche Beratung vereint. Erfolgreiche Use Cases wie „Female Finance“ wurden hervorgehoben, und es wurde deutlich, dass datengetriebene, hyperpersonalisierte Ansprache und kundenzentriertes Denken der Schlüssel zum Erfolg sind.

Kunden, Kanäle & Kommunikation – Wachsen Vertrieb und Service zusammen?

Moderiert von Justus Lücke, Geschäftsführer der Versicherungsforen Leipzig GmbH, diskutierten Experten über Customer Experience Management (CX) sowie dem Zusammenspiel von Service und Vertrieb. An der Diskussion nahmen Alina Köhler, Managing Consultant bei Wavestone, Prof. Dr. Heiko Auerbach, Professor für Marketing & Sales an der Hochschule Stralsund und Prof. Dr. Andreas Schöler, Professor für Dienstleistungsmanagement und Konsumentenpsychologie an der Hochschule für angewandtes Management GmbH, teil.

Zu CX erläuterte Köhler: „Damit gutes CX entstehen kann, dafür muss einiges im Unternehmen berücksichtigt werden: Mindset, Technologie, Silos aufbrechen, Prozesse und Organisation, Erwartungen übertreffen – der Weg zu einer optimalen CX ist lang.“

Prof. Auerbach ergänzte: „Das Ziel von CX-Management ist ja die Adressierung der emotionalen Ebene. Unseren Gästen auf Partys bieten wir eine Experience – wir wollen, dass diese sich wohlfühlen und Spaß haben. CX ist eine Frage des Mindsets und da müssen wir auch in den Unternehmen anfangen. Das müssen wir in den Köpfen der Mitarbeitenden verankern.“

Vertrieb und Service als getrennte Einheit – ist das eine zeitgemäße Strategie? Die Diskutanten waren sich hier einig. Die einzelnen Unternehmensbereiche müssen zusammenwachsen. Prof Schöler erläuterte hierzu: „Es braucht gut sichtbare Leuchtturmprojekte, wo sichtbar wird, dass Sales und Service als Einheit funktionieren. Wichtig ist, dass dies von der Mitte mitgetragen wird.“

Behavioral Economics anwenden, um Services zu optimieren

Anna Bouvier, COO bei der Friendsurance (Alecto GmbH) präsentierte die Bedeutung von Behavioral Economics für die Kundenbeziehung. Durch Nutzertests wurden verschiedene Designs mit unterschiedlichen Behavior Patterns erstellt und analysiert. Designs mit mehreren Behavioral-Economics-Elementen kamen der Expertin zu Folge bei den Nutzern besser an. Die Nutzertests wurden im Rahmen des Re-Designs des Friendsurance-Versicherungsmanagers durchgeführt.

Personalisierung und Kundenerlebnis

Mit dem Statement “Personalisierung führt zu einem besseren Kundenerlebnis” eröffneten Michel Hübscher und Philipp M. Ege von der Swiss Re Company Ltd. ihren Vortrag. Laut Ege sei es wichtig, die Kunden zu verstehen. Dies gelinge, indem man Kunden segmentiere und auf dieser Basis individuell anspreche. Außerdem müssen Unternehmen die Wahrscheinlichkeiten verstehen, welche Kunden zum Beispiel am ehesten etwas kaufen oder abwandern. Auch hier ist Behavioral Economics entscheidend, um Kampagneninhalte zu optimieren. Die Swiss Re hat bereits ihr Kundenportal und die Erinnerungsmails mit Behavioral Economics überarbeitet. Durch die minimierten Hürden wurden die Kunden zum Handeln motiviert und eine um 48 Prozent höhere Klickrate erzielt.

Der Vertrieb der Zukunft ist digital

Keynote von Michael Koch von der AXA: mobile, digitale Interaktionen

Michael Koch, Head of Digital Experience Tribe bei der AXA Konzern AG, beleuchtete die wachsende Bedeutung mobiler, digitaler Interaktionen. AXA erreicht 70 Prozent der digitalen Kundenkontakte über die Smartphones der Kundinnen und Kunden. Koch betonte, dass eine gelungene User Experience und eine native Entwicklung entscheidend für den Erfolg digitaler Plattformen sind.

„Wir wachsen digital massiv, wir wachsen vor allem über mobile Zugriffe”, so Koch. Mehr als 50 Prozent aller mobilen Kontakte kommen über die App, die der Versicherer im vergangenen Jahr erneuert hat. Ziel war es, die Anzahl der digitalen Interaktionen zu verdoppeln - mit Erfolg: Die durchschnittlichen jährlichen Logins konnten von 2,5 auf 4,7 gesteigert werden.

Digitale Customer Journey

Marvin Endl (STARTRAIFF GmbH) und Jan-Felix Sommer (Wavestone) beleuchteten in ihrem Beitrag die Diskrepanz zwischen Kundenwunsch und Realität in der Versicherungsbranche: Kunden bevorzugen eine schnelle und digitale Kommunikation, während die Branche oft noch analog und langsam ist. Als Antwort auf die Diskrepanz stellten die beiden die White-Label-Lösung "Eazi" vor, die eine effiziente und digitale Kommunikation ermöglichen soll. "Eazi" wurde im vergangenen Jahr bereits in 20 Anwendungsfällen von 30 Unternehmen genutzt und erreichte zwei Millionen Kundenkontakte mit einer Conversion Rate von 68 Prozent. Konkrete Anwendungsfälle der Lösung könnten sein: die Erfassung von Kundenkontaktdaten und Werbeeinwilligungen, Zuzahlungsaktionen und Beitragszahlungen sowie die Erfassung von Bankverbindungen.

Die Gen Z als wichtige Zielgruppe

Milan Jarosch, Leiter Vertrieb bei der DMB Rechtsschutz-Versicherung AG betonte zur GenZ „Die Experience ist für diese Zielgruppe mindestens genauso wichtig, wenn nicht sogar noch wichtiger, als das eigentliche Produkt.“. Für Jarosch ist die junge Generation die Zielgruppe der Zukunft. Um das zu verdeutlichen, stellte der Experte eine Projektarbeit vor, die die DBM mit Studierenden durchgeführt hat. Die Ergebnisse zeigten: Social Media wird von den drei bis sechs Stunden Screentime am Tag nicht nur zu Unterhaltungszwecken genutzt, sondern ist auch erste Informationsquelle für Fragen zu Versicherungen. Versicherer sollten diese Kanäle nutzen, Produkte aufklärend vorstellen und homogen über verschiedene Kanäle auftreten.

Auch Barrierefreiheit kann als Mittel verstanden werden, um die GenZ zu erreichen. „Wer das Thema Barrierefreiheit jetzt richtig angeht, erreicht auch die Generation Z.“ betonten Christian Witt, Director Insurance Digital Strategy bei IBM iX, und Sascha André Mazatis, Associate Director Technical Quality Assurance bei IBM iX, und zeigten damit die unscheinbare Symbiose zwischen den Bereichen Barrierefreiheit und Gen Z auf.  

Vertrieb und Service Hand in Hand und digital gestützt

“Wir sind das Internet der Gothaer” beschreiben Fynn Monshausen, Bereichsleiter Digitalvertrieb I Geschäftsführer Gothaer Digital GmbH, Gothaer Versicherung, und Carolin Jacobi, Leiterin Digital Endkundenvertrieb, Gothaer Versicherungsbank VVaG, ihre Funktion. Die Vision ist die Verzahnung von Service und Vertrieb. Insbesondere digitale Kontakte bieten viele Möglichkeiten, Vertriebs- und Serviceanliegen nicht nur zu lösen, sondern zu parallelisieren und den Kundinnen und Kunden logische Verknüpfungen der Interaktion zu bieten. Im linearen Service, wie er aktuell zu beobachten ist, sehen die beiden die Chance zur Hyperindividualisierung. Voraussetzung ist das genaue Wissen darüber, welche Kundinnen und Kunden sich gerade in den digitalen Kanälen der Gothaer mit welchem Ziel bewegen. Hierfür setzt das Unternehmen auf ein spezialisiertes Webanalyse-Team. Die gesammelten Informationen werden u. a. für Targeting und Retargeting-Kampagnen und audiencebasierte Sichtbarkeitssteuerung genutzt, um beispielsweise eine geschlechterspezifische Produktansprache zu ermöglichen.

Digitalisierung in der Kommunikation und Services

Symbiose von digitalem und persönlichem Service

Manfred Schulte, Fachreferent Kundenbeziehungsmanagement bei der LVM Versicherung Münster a. G., sprach über die veränderte Kundenbeziehung durch die Digitalisierung und betonte die Bedeutung von Vertrauen und Verantwortung. Schulungen und digitale Tools wie Videoberatung und Apps tragen zur besseren Sichtbarkeit und Kundenbindung bei. Versicherer müssten ihre Kunden besser kennenlernen und neue Kommunikationsmöglichkeiten nutzen. Wichtig ist die Sichtbarkeit der Versicherer, sowohl durch ein analoges Erscheinungsbild als auch durch eine digitale Präsenz. Die LVM Versicherung hat dazu Schulungen entwickelt, um Agenturen bei der Erstellung digitaler Inhalte zu unterstützen. Zum Beispiel die Umstellung von Kundengesprächen auf Videoberatung für ein besseres persönliches Gespräch.

Ethik und Digitalisierung

Prof. Dr. Claudia Lehmann, Chairperson des Messekongresses und Chair for Digital Innovation in Service Industries (HHL Leipzig Graduate School of Management), betonte die Bedeutung von Ethik-Prinzipien – wie Verantwortung, Gerechtigkeit/Fairness, Transparenz, Unschädlichkeit und Privatsphäre – in Digitalisierungsprojekten und die Notwendigkeit klarer Kommunikationsstrategien. Sie hob hervor, dass ein ethischer Einsatz von KI für den Erfolg digitaler Transformationen entscheidend ist.

Open Insurance als Mittel der Kundenbindung und Serviceoptimierung

„Vertriebskosten reduzieren – erfolgreiche Kundenrückgewinnung durch Automatisierung und Open Insurance“ mit diesem Vortrag starteten Slobodan Pantelic, Area Lead „Partner & Kunde“ bei der HDI AG und Oliver Urlauber, Director DACH bei CCS connects Deutschland GmbH, in das Fachforum „Digitale Kommunikation und digitale Services“. Pantelic betonte, dass es für Versicherer sieben- bis neunmal teurer ist, einen Kunden zu gewinnen, als ihn zu halten. Um die Kundenabwanderungsrate zu reduzieren, kann Open Insurance ein wichtiger Ansatz sein. Der Mehrwert liegt hier vor allem in dem umfangreichen Kundenwissen, dass auf diese Weise generiert werden kann.

Grundlage für Open Insurance ist FIDA – ein EU-Gesetz, bei dem es um die Öffnung von Kundendaten geht. Pantelic geht davon aus, das FIDA in etwa 2,5 Jahren greifen wird. Versicherer seien gut beraten, bereits jetzt Anwendungsfälle zu skizzieren und die Organisation dahingehend fit zu machen. Seiner Meinung nach kann FIDA als Wettbewerbsvorteil betrachtet werden, sofern rechtzeitig gehandelt wird.

And the winner is!!! OMGV Award 2024

Die Gewinner des OMGV Agentur Award 2024 stehen fest!

  • In der Kategorie „Kundenbewertungen“ kann Jürgen Päsler von der LVM Versicherung den Preis mit nachhause nehmen. Er überzeugte mit seinem Team, die das Bewertungsmanagement nicht nur in den Beratungsprozess integriert haben, sondern sich auch die Zeit nehmen, auf jede Bewertung individuell zu antworten. Dadurch haben sie mittlerweile über 300 Google-Bewertungen gesammelt.
  • Die Kategorie „Neue Wege. Neue Medien.“ gewinnt Stefan Ewald von der ERGO Group AG. Mit seinem Ansatz, Schwerhörigen oder Gehörlosen den gleichen Service wie hörenden Kunden zu bieten, konnte er alle überzeugen. Er bietet deutschlandweit Videoberatung in Gebärdensprache an und kommuniziert es auch auf seinem Instagram– und TikTok-Kanal.
  • In der Kategorie „Social Media / Content Marketing“ hatte Frank Schnelle von der RheinLand Versicherung AG die Nase vorn. Mit seinem TikTok-Account, auf dem er als Versicherungsvater Versicherungsthemen unterhaltsam erklärt und mittlerweile über 50.000 Follower und über eine Million Views erreicht hat, konnte er die Jury schließlich für sich gewinnen.
  • Die Kategorie „Zielgruppenstrategie“ konnten Andreas & Nikolas Stemmermann von Provinzial Konzern für sich entscheiden. Sie sind besser bekannt unter dem Namen „RevierEngel“ und haben sich unter anderem auf finanzielle Bildung spezialisiert. Deshalb verbinden sie die Kommunikation auf ihren Online-Kanälen perfekt mit dem Veranstaltungsformat „RealLife-Workshop“, bei dem sie in entspannter Atmosphäre vor Ort vermitteln, was Schulen und Universitäten nicht lehren.

Fazit

Der Messekongress Kundenmanagement in Versicherungen 2024 bot vielfältige Einblicke und praxisnahe Ansätze zur Optimierung des Kundenmanagements und des Vertriebes in der Versicherungsbranche. Die Mischung aus Keynotes, Diskussionen, Fachforen und interaktiven Workshops ermöglichte einen umfassenden Austausch und inspirierte zu neuen Ideen und Strategien. Der Fokus auf digitale Transformation, Ethik, Technologie und Kundenzentrierung zeigt die Richtung, in die sich die Branche bewegt.