Mitarbeitergewinnung und -bindung in Versicherungen: Es gibt eine Menge zu tun

Beim Campus Arbeitswelten im Oktober 2023 kamen die New-Work-Expertinnen und -Experten aus Versicherungen, Banken und von Versorgern zusammen. Sie alle eint der traditionelle Hintergrund, die Herausforderungen bei Change-Projekten ähneln sich durchaus. Zwei Tage hat man sich den drängenden Themen gewidmet und ausgetauscht. Im Beitrag geben wir einen Einblick in die Impulse und Diskussionen.

Typ:
Blogartikel
Rubrik:
Betrieb & Organisation
Themen:
Arbeitswelten/NewWork Betriebsorganisation Changemanagement
Mitarbeitergewinnung und -bindung in Versicherungen: Es gibt eine Menge zu tun

Vielfältig sind die Herausforderungen, denen sich traditionell gewachsene Unternehmen wie Versicherungen in der neuen Arbeitswelt stellen müssen. Agil und flexibel sollen sie sein, technologisch auf dem neusten Stand und flache Hierarchien braucht es heutzutage sowieso. Bei Unternehmen, die teils bereits seit über 100 Jahren existieren und eine gewisse Kultur aufgebaut haben, ganz abzusehen von den bereits gewachsenen Strukturen und dem umfangreichen Personalstamm, braucht es einen langen Atem, um all das umzusetzen. Die Entscheidungswege sind lang, der Personalstamm alteingesessen – also wie kann es gelingen, den alten Tanker zum Schnellboot zu wandeln und dabei alle an Bord zu halten?  

Beim Campus Arbeitswelten im Oktober 2023 kamen die New-Work-Expertinnen und -Experten aus Versicherungen, Banken und von Versorgern zusammen. Sie alle eint der traditionelle Hintergrund, die Herausforderungen bei Change-Projekten ähneln sich durchaus. Zwei Tage hat man sich den drängenden Themen gewidmet und ausgetauscht. Im Beitrag geben wir einen Einblick in die Impulse und Diskussionen.   

„Ich bin nicht hier, weil ich muss, sondern weil ich will“: Die Gen Z ist so, wie wir sie geformt haben 

Die Generation Z, so Keynote Hartwin Maas, Mitgründer des Instituts für Generationenforschung, ist die kleinste Alterskohorte, die wir je hatten. Geboren ab 1995, stelle sie Unternehmen vor die Herausforderung, die besten Talente aus dieser Gruppe für sich zu gewinnen. 

Für die Generation Z stehen Familie und Work-Life-Balance im Mittelpunkt. Die Arbeit rückt dabei weniger in das Lebenszentrum. Interessanterweise ähnelt die Wertestruktur der Jugendlichen stark der ihrer Eltern, die ein sehr freundschaftliches Verhältnis zu ihren Kindern pflegen. Das Motto der Gen Z zum Arbeiten: „Ich bin nicht hier, weil ich muss, sondern weil ich will “. Dies verdeutlicht, wie wichtig es ist, sich als Arbeitgeber optimal zu positionieren, um so die besten Fachkräfte am Arbeitsmarkt von sich zu überzeugen. 

Einige Herausforderungen und Merkmale der Gen Z in der Arbeitswelt: 

  • hohe Fluktuation und Unzufriedenheit mit der Work-Life-Balance 
  • geringere Bindung an das Unternehmen 
  • Sie halten sich für weniger leistungsfähig als ältere Generationen, obwohl es keinen klaren Vergleich gibt. 
  • Unzureichende Technologie im Unternehmen kann ein Kündigungsgrund sein. 
  • Sie suchen sowohl Freiheit als auch Struktur. 

Unternehmen müssen sich anpassen und neue Wege finden, diese Generationen zu verstehen und an sich zu binden. Das bedeutet, ihre Belastbarkeit, Feedbackkultur, Konfliktfähigkeit und Führungskompetenz zu berücksichtigen.  

Neben der Gen Z rückt  die Generation Alpha zunehmend in den Fokus. Auch hier gab Maas Einblicke in Forschungsergebnisse. Bei der Gen Alpha besteht eine Diskrepanz zwischen Überbehütung und Vernachlässigung. Vieles wird den eigenen Kindern abgenommen, die Hürden werden niedrig gelegt. Gleichzeitig steigt  der Anteil an Kindern, die krank in Kita und Schule geschickt werden, da es den Eltern immer schwieriger gelingt, Familie und Beruf zu vereinen. Auch wenn die jüngste Generation in einer Welt der Übersättigung und Digitalisierung aufwächst, hat die Pandemie ihre Spuren hinterlassen. Hier kommt wieder der Faktor Vernachlässigung ins Spiel.  

Generationenforscher Hartwin Maas

Employer-Branding: Die Wahrnehmung zum eigenen Unternehmen erhöhen 

Der Fachkräftemangel macht sich in allen Branchen bemerkbar. Die Unternehmen stehen vor der Herausforderung, überhaupt in der Wahrnehmung der potenziellen Bewerber zu rücken. Im nächsten Schritt folgt die Bindung, die sich ebenfalls zunehmend als schwieriger erweist. Und auch das Offboarding sollte gut durchdacht sein, so Expertin Daniela Reinert, Strategisches Recruiting/Employer Branding bei der KVM+GA powered by Allianz. Reinert stellte in ihrem Vortrag die Employer-Branding-Maßnahmen der KVM+GA vor, die vom Onboarding bis zum Offboarding reichen. Im Jahr 2021 startete das Unternehmen mit 13 Bewerbungen pro Woche, drei Einstellungen und einer kununu-Weiterempfehlungsrate von 55 Prozent. Heute freut sich Reinert über durchschnittlich 66 Bewerbungen pro Woche, deutlich mehr Einstellungen und eine Weiterempfehlungsrate von 67 Prozent. Um dorthin zu gelangen, setzte die KVM+GA auf klassische und nachweislich effektive Werbemaßnahmen wie Buswerbung. Aber auch Guerilla-Marketing-Maßnahmen wie Graffiti auf der Straße kommen zum Einsatz. Darüber hinaus wurde im Rahmen der Employer-Branding-Strategie eine neue Bildsprache etabliert. Wie der Vortrag von Hartwin Maas zeigte, sinkt die Loyalität mit abnehmendem Alter. Fluktuation wird zur Normalität und diese sollte gut moderiert sein. Aus diesem Grund hat die KVM+GA einen Offboarding-Prozess etabliert, denn der eigene Karriereweg muss keine Einbahnstraße sein. Im Guten möchte man sich trennen und so das eigene Image und die Weiterempfehlungsquote steigern. Zudem besteht die Möglichkeit, dass Mitarbeitende den Weg ins Unternehmen zurückfinden. So werden die Mitarbeitenden mit einem Abschiedsgruß und Schokolade verabschiedet.  

Daniela Reinert

Neue Arbeitswelten brauchen neue Räume, die den Ansprüchen der Mitarbeitenden entsprechen 

Im Fachforum „Raum für Neues – Die Büros der Zukunft“ gab Dirk Thiele, Bereichsleiter Strategie und Markenmanagement bei der Sparda-Bank Berlin e.G., einen Einblick in das Suchen und Finden einer neuen Sparda-Bank-Zentrale. Die Suche erfolgte zur Zeit der Corona-Pandemie, was die Anforderungen an den Arbeitsplatz komplett neu definiert. Die Bank hat das Motto „Freiheit und Ergebnisverantwortung“ definiert. Das Raumkonzept sieht heute drei Orte der Arbeit vor: HomeBase, CoBase und MyBase. Die HomeBase, also das Büro, ist ein Magnet, wo die Leute gern hinkommen. Sie steht für Meetings, Treffen, Zusammenkommen und Teamarbeit zur Verfügung. MyBase ist das eigene Zuhause. Und die CoBases liegen irgendwo dazwischen. Hier können sich die Mitarbeitenden einmieten oder Treffen mit Kunden abhalten. Auf diese Weise möchte die Bank räumlich maximal flexibel bleiben und dort sein, wo Mitarbeitende und Kunden sind. Die CoBases können zeitlich befristet eröffnet und wieder geschlossen werden. Zudem wurden Zentrale und Filiale zusammengelegt. Somit begegnen sich Kunden und Mitarbeitende täglich im Gebäude, da es keine räumliche Trennung mehr gibt. 

Einen weiteren Praxiseinblick zu den Büros der Zukunft gab es durch Daniela Tröster, Leiterin HR Grundsätze und Personalmarketing bei N-ERGIE. 2015 begann bei der N-ENERGIE die New-Work-Reise mit einem Pilotprojekt zur Erkundung neuer Arbeitswelten. In diesem Piloten hat sich das Unternehmen intensiv mit verschiedenen Arbeitsbereichen auseinandergesetzt und analysiert, welche spezifischen Anforderungen die Mitarbeitenden an den eigenen Arbeitsplatz stellen. 

Die Raumgestaltung erfolgte unter Einbeziehung der Mitarbeitenden. So definierten die Teams, wie die eigenen Arbeitsbereiche gestaltet werden. Zudem wurde die technische Ausstattung standardisiert. Seit 2023 ist zudem das hybride Arbeiten fest in der Unternehmenskultur verankert. Im Zuge dessen erfolgt die Implementierung von M365 zur Unterstützung des hybriden Arbeitens.  

Eine Frage, die im Rahmen der Vorträge immer wieder aufkam, wurde auch im Vortrag von Daniela Tröster diskutiert: „Wie haben die Kollegen darauf reagiert, als sie die Einzelbüros aufgeben mussten?“. Die Antwort von Tröster: „Große Dinge brauchen immer Menschen, die vorneweg gehen.“ In diesem Sinne hat die Personalleitung den Ton angegeben und ist direkt in den Co-Workingspace gezogen. Eines zeigten die Vorträge der zwei Tage auch: Wandel braucht Vorbilder, aber nicht jeder wird den Wandel mittragen.  

Der Beitrag ist nur ein kleiner Ausschnitt aus den Diskussionen der zweitägigen Veranstaltung. Wenn Sie die Diskussion mit Gleichgesinnten aus dem New-Work-Bereich, der Personalentwicklung oder der Organisationentwicklung suchen, dann seien Sie beim Campus Arbeitswelten am 8./9 Oktober 2024 dabei.