Embedded Insurance als Weckruf für die Versicherungsbranche

Im Beitrag fassen wir die Impulse des Fokustages "Embedded Insurance" zusammen.

Typ:
Blogartikel
Rubrik:
Produktmanagement
Themen:
Produktentwicklung Ausschließlichkeitsvertrieb Versicherungsvertrieb
Embedded Insurance als Weckruf für die Versicherungsbranche

Eins ist klar: Das Thema Embedded Insurance beschäftigt die Versicherungsbranche zurzeit wie kaum ein anderes. Neu ist das Thema nicht unbedingt. Durch die Digitalisierung zeigen sich jedoch neue Möglichkeiten. Welche Potentiale und Herausforderungen dieses Geschäftsmodell für die Versicherungsbranche mit sich bringt, wurde auf dem zweitägigen Fokustag „Embedded Insurance“ der Versicherungsforen Leipzig diskutiert. 

„Embedded Insurance ist unser aller Paradies – und unser aller Zukunft“

Da sind sich Sebastian Langrehr, CSO für Market Strategy und Sales bei Friendsurance, und Hanna Bachmann, COO und Co-Founder von hepster, einig. Embedded Insurance ist für beide nicht nur ein Vertriebsweg, sondern muss als Plattform gedacht werden. Eine Plattform, die ein Produkt aufbaut, es über eine digitale Wertschöpfungskette zur Verfügung stellt und dieses über verschiedene Brands direkt an den Endkunden bringt. Dieses Vorgehen bringe einige Vorteile mit sich: Der Endkunde selbst erwirbt ein Versicherungsprodukt direkt beim Kauf, ohne weitere Anstrengung. Für den Versicherer bedeutet es die mögliche Erschließung von neuen Marktpotentialen und Kundengruppen, wie die digital affinere jüngere Generation. Die Vertriebspartner wiederrum können sich durch Investition in Embedded Insurance von der Konkurrenz differenzieren und so Profite erzielen.

Mit Leichtigkeit versichert

Auch Dr. Manuel Audi, Geschäftsführer bei BELTIOS, betont das Potential von Embedded Insurance insbesondere im Sachversicherungsbereich. Im Lebensversicherungsbereich spielen auch Faktoren wie Emotionalität, Service und eine persönliche Verbindung zum Versicherer eine größere Rolle. Dinge,  die Embedded Insurance noch nicht abdecken kann. Gleichzeitig geht mit Embedded Insurance eine Leichtigkeit einher, die dem Endkunden den Zugang zum Versicherungsprodukt erleichtert, erklärt Carolin Gabor, CEO bei Movinx. Das Ziel dieses Geschäftsmodell sei es, ein vollständig integriertes, durchgängiges Kundenerlebnis zu kreieren, dass den Bedürfnissen eines modernen Kunden, der eine schier unendliche Masse an Dienstleistungen navigiert, gerecht wird.

„Unser Anspruch ist es, das Thema Versicherung leicht zu machen – indem wir es unsichtbar machen.“ – Carolin Gabor, Movinx

Alles neu oder doch schon da gewesen?

Ganz neu ist dieser Ansatz nicht. Schon in den 1990-er Jahren prophezeite man ihm einen wachsenden Stellenwert im Vertriebswegemix. Der Erfolg blieb jedoch aufgrund einer fehlenden Integration, mangelhafter User Experience und geringer Prozessautomation hinter den Erwartungen zurück. Was hat sich in der Zwischenzeit geändert? Anne Fischer, Rechtsanwältin bei Allen & Overy LLP macht deutlich: Vor allem die durch technische Fortschritte verbesserte Anhäufung von Daten bringt viele Vorteile für die Versicherungs- und Finanzbranche. So könne die bessere Vernetzung der Kooperationspartner und die damit eng verbundene Automatisierung der Prozesse hier große Hilfe leisten. Außerdem erlaubt die verbesserte Produktentwicklung künftig eine stärkere Flexibilisierung und Individualisierung der Produktlandschaft, auch in Bezug auf das Angebot über Kooperationspartner. Produkte können schneller generiert, individuell für den Partner zugeschnitten und an den Markt gebracht werden. Durch geeignete Schnittstellen und die automatisierte Abwicklung relevanter Folgeprozesse sind damit komplexere Produktvarianten für verschiedene Kooperationspartner möglich.

Wo ist der Haken?

Trotzdem sind noch nicht alle Herausforderungen, die sich aus diesem Geschäftsmodell ergeben, für die Versicherungsbranche endgültig geklärt. Dr. Martin Rehker, Head of Insurance bei Capco Deutschland, sieht diese sowohl auf strategischer als auch auf Produkt- und Architekturseite. Versicherer bräuchten eine klare Strategie zur Einbindung von Embedded Insurance in ihr Unternehmen.

Im Rahmen der Veranstaltung wurde immer wieder klar: Eines der größten Probleme für die Versicherungsbranche im Zusammenhang mit Embedded Insurance bleibt die strenge Datenschutzregelung in Deutschland. Anonymisierte Daten können zwar genutzt werden, diese seien aber für die Herstellung personalisierter Produkte nicht ausreichend, erklärt beispielsweise Fischer. So ist zwar theoretisch eine schier unendliche Verfügbarkeit von Daten und dadurch eine verbesserte und personalisierte Produktentwicklung auf Seiten des Versicherers vorstellbar – dies wird jedoch durch das Gesetz erschwert.

„Das ist vielleicht auch nicht immer im Interesse des Verbrauchers. Man könnte großen Kundennutzen schaffen, wenn das Datenschutzrecht flexibler wäre.“ – Anne Fischer, Allen & Overy LLP


Für viele Versicherer besteht wohl außerdem eine weitere Hürde: In Kooperation mit Unternehmen, die das mit der Versicherungsleistung kombinierte Produkt vertreiben, tritt der Versicherer selbst als Marke klar in den Hintergrund. Das betonte auch Oliver Nauth, Leiter des Vertriebs bei Lifestyle Protection. Obwohl der Versicherer als Marke hier quasi unsichtbar bleibt, erweise sich das Geschäftsmodell für Nauth als klarer Erfolg. Schließlich stehen die Kundenbedürfnisse im Fokus und man erreicht neue Zielgruppen.

Die fünf Takeaways der Veranstaltung

Es folgten weitere Impulsvorträge von Stefan Schürmann, Head of Corporate Development bei Vaudoise, Dr. Giorgio Buzzi di Marco, T&I SSO bei der Toni Digital AG, und Dr. Sebastian Sieglerschmidt, Geschäftsführer von Alteos, zu IT und API. Außerdem gab es Impulse von Nikolas Sühr, CEO und Co-Founder von Kasko, und Dr. Volker Büttner, Head of Digital Bank Assurance bei Axa, zum Thema Strategie. Die fünf wichtigsten Erkenntnisse der Veranstaltung noch einmal zusammengefasst:

  1. Embedded Insurance ist neuer Wein in neuen Schläuchen. Es ist immer noch Wein, aber vor allem die neue Flut an verfügbaren Daten bringt viele Veränderungen und Vorteile mit sich.
  2. Die strengen Datenschutzregelungen – vor allem in Deutschland – stellen noch ein großes Problem für die Weiterentwicklung und ideale Nutzung des Geschäftsmodells dar.
  3. Die Vorteile sind deutlich: Für den Endkunden geht es um Convenience und Ease of Purchase. Für die Produktgeber und Versicherer ist wirtschaftliches Wachstum und die Erschließung von neuen Kundengruppen möglich.
  4. Der Versicherer selbst tritt als Marke in den Hintergrund.
  5. Die Digitalisierung der Prozesse in Versicherungsunternehmen ist eine klare Voraussetzung für eine erfolgreiche Einbindung von Embedded Insurance in das eigene Geschäft.

Wenn Sie aktiv den Austausch zum Thema Embedded Insurance suchen, dann kommen Sie am 14./15. März zum nächsten Fokustag „Embedded Insurance“ in Leipzig! Alle Infos gibt es unter: Fokustag Embedded Insurance 2023 (versicherungsforen.net).