Digitalisierung im Schadenmanagement: Fortschritte und Perspektiven
Auf der Fachkonferenz „Digitalisierung im Schadenmanagement“ im September 2024 wurden zahlreiche Digitalisierungsinitiativen von Versicherungsunternehmen vorgestellt. Im Beitrag geben wir eine Zusammenfassung ausgewählter Impulse.
Die Digitalisierung verändert viele Bereiche der Versicherungsbranche – besonders im Schadenmanagement gibt es zahlreiche spannende Ansätze. Dabei geht es um mehr als nur die Einführung neuer Technologien. Vielmehr steht die Optimierung von Prozessen und die Anpassung an veränderte Kundenanforderungen im Fokus. Auf der Fachkonferenz „Digitalisierung im Schadenmanagement“ im September 2024 wurden zahlreiche Digitalisierungsinitiativen von Versicherungsunternehmen vorgestellt. Im Beitrag geben wir eine Zusammenfassung ausgewählter Impulse. Die Veranstaltung wurde auf der LinkedIn-Seite „Schadenmanagement in Versicherungen begleitet.
End-to-End-Digitalisierung beim Assekuradeur DR-Walter
DR-Walter hat in Zusammenarbeit mit dem Start-up Flixcheck einen vollständig digitalen Schadenprozess umgesetzt. Nach einer Implementierungszeit von zwei Monaten konnten standardisierte Prozesse etabliert werden, die zu einer „deutlichen Steigerung der Kundenzufriedenheit und Effizienz durch die End-2-End-Digitalisierung“ führten, so Timo Dreger, Geschäftsführer & COO der DR-WALTER Insurance GmbH. Diese Digitalisierung ermöglichte eine schnellere und effizientere Bearbeitung von Schadenfällen und zeigt, wie durchgängige Automatisierungslösungen den Arbeitsalltag in der Schadenbearbeitung verändern können.
Mitarbeiterintegration als Erfolgsfaktor
Auch die Einbindung von Mitarbeitenden in den Digitalisierungsprozess wird zunehmend betont. Dr. Sami Charaf Eddine, Geschäftsführer der claimflow Technology GmbH, betonte: „Am Ende geht es immer um die Schädlinge und wie sie arbeiten.“ Gemeinsam mit Stefan Winiarski von MDT travel underwriting GmbH wurde ein Projekt vorgestellt, bei dem Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter aktiv in die Entwicklung digitaler Prozesse einbezogen wurden. Dieser Ansatz ermöglicht es den Mitarbeitenden, die Arbeitsweisen nach ihren Bedürfnissen mitzugestalten und sorgt für eine praxisnahe Umsetzung der neuen digitalen Arbeitsabläufe.
Felix Gallersdörfer, Data Scientist bei der Allianz Versicherungs AG, hat aus der Perspektive eines Data Scientist gesprochen, für den der Fachbereich eine Black Box ist. Er empfiehlt, den Fachbereichen die Kompetenz zu geben, selbst Anpassungen vorzunehmen, um ein optimales und bedarfsgerechtes Ergebnis zu erzielen.
Technologiegesteuerte Lösungen bei der R+V Versicherung
Die zunehmende Komplexität von Schadenfällen erfordert neue technische Lösungen. Die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter benötigen mehr Zeit für die komplexeren Fälle. Gleichzeitig wird es immer schwieriger, die geeigneten Fachkräfte für diese Tätigkeiten zu finden. Arbeitswelt und Schadenwelt passen nicht mehr zusammen. Die R+V Versicherung hat in Kooperation mit IP Dynamics ein Case-Owner-Prinzip eingeführt, das durch Technologie unterstützt wird. Zu den eingesetzten Tools gehören Echtzeitverteilung, ein standortübergreifender Lastausgleich und ein Monitoring- und Reporting-System. Oliver Jaksch, Bereichsleiter Kunden- und Prozessmanagement Komposit bei der R+V Versicherung, führte aus, dass die R+V innerhalb von zwei Monaten die Arbeitslast trotz Urlaubszeit um 75 Prozent reduzieren konnt. Auch die Durchlaufzeit hat sich nachhaltig verbessert. Der Durchsatz konnte deutlich gesteigert werden.
Datengetriebene Prozesse und Tele-Expertise bei der WGV Versicherung
Stephan Schulze, Teamleiter Business Analytics Kfz-Schaden bei der WGV Versicherung, gab einen Einblick in die Digitalisierungsmaßnahmen seines Unternehmens. Während bestimmte Prozesse, wie die Beauftragung von Sachverständigen, noch manuell ablaufen, werden andere Aufgaben, wie die Übermittlung und Verarbeitung strukturierter Daten, bereits digital durchgeführt. Ein aktuelles Projekt zur Tele-Expertise ermöglicht es, die Schadenhöhe aus der Ferne zu prognostizieren. Einen besonderen Mehrwert sieht Schulze zudem in der datengetriebenen Analyse strukturierter Daten, die im Zuge der Prozessautomatisierung eh erfasst werden.
Vladislav Bezovsky (AXA) und Ricardo Ullbrich (SS&C Blue Prism) erläuterten, wie Robotic Process Automation (RPA) die Effizienz in der Schadenbearbeitung maßgeblich steigert. Bei der AXA ist RPA seit sieben Jahren erfolgreich im Einsatz und unterstützt in 30 aktiven Prozessen und über drei Millionen Vorgänge jährlich. RPA übernimmt monotone Aufgaben und entlastet Mitarbeitende, damit diese sich auf kundenrelevante Tätigkeiten konzentrieren können. “Es kommt wirklich sehr positiv an” kann Vladislav Bezovsky aus seinem Haus berichten. Besonders in Stoßzeiten zeigt sich der Mehrwert durch eine schnellere Bearbeitung und reduzierte Arbeitslast. Durch die Einbindung von Mitarbeitenden und den Betriebsrat konnte eine hohe Akzeptanz geschaffen werden. “Wir müssen auch nicht mehr nach Prozessen suchen” berichtet Vladislav Bezovsky, denn es gibt ein Ticketsystem und der Input kommt mittlerweile von den Mitarbeitenden selbst. Der Fokus liegt bei der Axa auf einer nahtlosen Verknüpfung von Systemen, was es ermöglicht, komplexe Prozesse effizient zu automatisieren und den Service für Kunden zu verbessern.
Fazit
Die Digitalisierung im Schadenmanagement schreitet weiter voran. Die vorgestellten Projekte zeigen, dass Unternehmen von der Automatisierung und dem Einsatz moderner Technologien profitieren können, sei es durch schnellere Bearbeitungszeiten, höhere Effizienz oder die Einbindung der Mitarbeitenden. Es wird deutlich, dass sowohl End-to-End-Digitalisierungen als auch spezialisierte digitale Lösungen, wie KI und Tele-Expertise, die zukünftigen Standards im Schadenmanagement prägen werden. Die Fachkonferenz bietet dabei eine Plattform, um sich über aktuelle Entwicklungen auszutauschen und voneinander zu lernen.
Am 25. und 26. September 2025 geht die Fachkonferenz „Digitalisierung im Schadenmanagement“ in die sechste Runde.